Maisach:Das Getränk für arme Leute

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Wie im Museum: Maisachs Brauereichef Michael Schweinberger (Mitte) präsentiert den Besuchern die historische Dampfmaschine. (Foto: Günther Reger)

Bei einer Führung durch die Maisacher Brauerei erfahren die Besucher viel über die Kulturgeschichte des Bieres

Von Manfred Amann, Maisach

500 Jahre, so alt wie das bayerische Reinheitsgebot für Bier, das am 23. April 1516 die Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. in Ingolstadt erließen, ist die Brauerei Maisach noch nicht, aber sie hat immerhin schon 460 Jahre auf dem Buckel. Und sie ist als Privatbrauerei auch relativ klein geblieben. 11 000 Hektoliter werden jährlich gebraut. "Diese Menge wird in München je nach Jahreszeit an zwei bis dreieinhalb Tagen getrunken", erzählt Michael Schweinberger, der seit etwa einem halben Jahr Eigentümer von allem Inventar ist und den an der Hauptstraße dominierenden Brauerei-Gebäudekomplex gepachtet hat.

Acht Jahre habe er bei Paulaner gearbeitet, dann zehn Jahre in der Weinbranche in Franken, bis er die Maisacher Brauerei übernommen habe, er sei aber kein Braumeister, erklärte der gelernte Betriebswirt bei einer Brauereiführung für Mitglieder des Historischen Vereins. Gutes Bier wie bisher auf handwerkliche Art zu brauen, sei Aufgabe von zwei Braumeistern, ihm obliege alles andere, von der Verwaltung über die Vermarktung bis zur Ausrichtung der Brauerei für die Zukunft. Und diese lässt einiges erwarten. So wird es das beliebte Kellerbier bald auch in Flaschen geben, neue Etiketten sind schon gedruckt und neue Bierkästen bereits im Zulauf. Laut Schweinberger wird sich auch bei der Produktpalette etwas tun, denn die handwerkliche Herstellung von Bier ermögliche es, in kleineren Chargen in Richtung anderer Geschmacksnoten zu experimentieren. Die von Amerika übergeschwappte Craft-Bier-Welle sieht Schweinberger als Ergänzung und als Anregung, selbst auch neue Möglichkeiten zu testen.

Besonders erfreut zeigte sich die Vorsitzende des Historischen Vereins, Anna Ulrike Bergheim, darüber, dass sich Schweinberger für die Hausgeschichte interessiert und diese für Brauereiführungen aufbereiten will. Potenzial für die 1556 erstmals urkundlich erwähnte "Ehaft Taferne" gibt es offensichtlich genug. Wie Schweinberger erzählte, wird Hans Schauer als erster Besitzer erwähnt. Er erhielt der Chronik nach damals vom Ettaler Abt die Erlaubnis "dem armen Mann zugute" eine Bräuhaus zu errichten, denn der Wein, der an den Hängen bei Diepoldshofen angebaut wurde, war zu teuer geworden, so dass sich Bier als Tagesgetränk durchsetzte.

Wasser sei verseucht, verkeimt, verunreinigt und daher nicht trinkbar gewesen, sagte Schweinberger. Bier aber werde im Brauprozess quasi abgekocht. 1905 erwarb Joseph Sedlmayr, deren Nachfahren bis Ende vergangenen Jahres das Bier brauten und denen Gelände und Gebäude noch gehören, den Besitz für 335 000 Mark. Um den Kauf rankt sich eine Legende. Danach soll Sedlmayr im Zug nach Maisach ein Gespräch zwischen einem Advokaten und einem Kaufinteressen belauscht haben. Kurzerhand habe er die Notbremse gezogen, sei schnurstracks zur Brauerei gerannt und habe den Eigentümern die Kaufsumme bar auf den Tresen geknallt. So sei das Geschäft schon gelaufen gewesen, bevor der Interessent aufgetaucht sei.

Über knarrende Holzstiegen ging es bei der Führung hinauf in den dritten Stock, wo die alten Darrräume auf "Renovierung zum Herzeigen" warten und wo noch heute eine Schrotmühle aus dem Jahre 1925 das Malz zerkleinert. Hier erklärte der "Nichtbraumeister" fachmännisch über die Auswirkungen von Malz und Hefe auf den Biergeschmack und die Haltbarkeit auf, bevor es zu einem technischen Juwel ging: Eine Dampfturbine aus dem Jahre 1898, die mit zwei weiteren früher die Energiezentrale darstellte. "Eigentlich gehört das Teil ins Deutsche Museum, befand ein Besucher.

Stolz ist Schweinberger, noch über eine "historische Rarität" zu verfügen, auf die nur noch wenige Brauereien Wert legen, auf die Fass-Pichlerei. Zwei Mal im Jahr werden noch Holzfässer, überwiegend Partyfässer, von altem Pech befreit und mit neuem "ausgepichelt", so dass diese nicht nur dicht sind, sondern auch eine besondere Geschmacksnuance an das Bier abgeben können.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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