Maisach:Baumschutzverordnung kommt nicht gut an

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Maisachs Bürgermeister Hans Seidl wirbt bei seiner Informationsveranstaltung vergeblich um eine Baumschutzverordnung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einer Veranstaltung in Gernlinden erklärt Maisachs Bürgermeister Hans Seidl die Ziele seines Antrags. Die allermeisten Zuhörer kann er nicht überzeugen

Zwei Wochen vor der Abstimmung im Gemeinderat über eine Baumschutzverordnung im ganzen Maisacher Gemeindegebiet haben sich bei einer Informationsveranstaltung der Gemeinde in Gernlinden etwa 150 von 170 Bürgern gegen eine solche Verordnung ausgesprochen. Nachdem Bürgermeister Hans Seidl (CSU) die Versammlung über die Ziele des Gemeinderats eine Stunde lang informiert und die Bürger weitere anderthalb Stunden Zeit zur Diskussion hatten, wurde auf Antrag von zwei Zuhörern abgestimmt. Dieses Votum werde er mit in den Gemeinderat nehmen, versprach Seidl. Eine ähnliche Reaktion kennt Seidl schon aus Überacker, wo 495 der etwa 800 Wahlberechtigten sich schriftlich zu einer Baumschutzverordnung geäußert haben. Nur fünf von ihnen bekannten sich zu ihrer Überzeugung, dass eine Verordnung zum Schutz der Bäume nötig sei.

Bürgermeister und Verwaltung hatten nach den bisherigen Willensbekundungen für Mittwoch wohl mit mehr Besuchern im Bürgerzentrum gerechnet, weshalb mehr als 350 Stühle aufgestellt wurden. Knapp die Hälfte war schließlich besetzt, als Hans Seidl in seinem 65-minütigen Präsentation fakten- und detailreich die Situation beschrieb, in der sich der Hauptort Maisach seiner Meinung nach derzeit befindet. Bei Baulandpreisen, die höher sind als der Bodenrichtwert von 1000 Euro pro Quadratmeter - im Ortsteil Gernlinden sind es bereits 1100 Euro - nimmt laut Seidl der Druck zu, die Grundstücke so weit wie möglich zu nutzen. Grenzen setze diesem Bestreben nur ein qualifizierter Bebauungsplan, in dem unter anderem ein Grünordnungsplan die neue Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern vorschreibe. Doch genau das ist das Problem in Maisach: Es gibt nicht für das ganze Ortsgebiet Bebauungspläne. Viele Flächen im Hauptort können baurechtlich nach dem Paragrafen 34 des Baugesetzbuches behandelt werden. Wenn also dort ein altes Haus weggeschoben wird und ein Neubau entstehen soll, so muss er sich lediglich "in die Eigenart der näheren Umgebung" einfügen. Das aber hält Seidl für fatal, weil dann nur noch Mindestabstände gelten würden, "es wird aber kein Baum mehr gepflanzt". Um wenigstens ein Instrument in der Hand zu haben, mit dem die Zeit bis zur völligen Überplanung der Gemeinde das Schlimmste verhindert werden kann, möchten Seidl und eine Mehrheit im Gemeinderat eine Baumschutzverordnung.

Den Bürgermeister treibt die große Sorge um, dass der Baumbestand in Maisach weiter reduziert wird. Deshalb zeigte er beispielhaft an einem großen Laubbaum im Ort, wie viel Sauerstoff dieser produzieren, Kohlendioxid speichere, und dass bis zu 6000 Insektenarten davon profitierten. Käme dieser Baum weg, müssten 1500 Bäume mit einem Stammdurchmesser von 18 Zentimetern als Ersatz gepflanzt werden. Doch Seidl drang auch mit solchen detailreichen Schilderungen und seinen wiederholt geäußerten Mahnungen, doch an die nächsten Generationen zu denken, im Publikum nicht durch.

Zu tief scheint die Angst zu sitzen, immer mehr "durch den Staat reglementiert" zu werden, wie ein Zuhörer es ausdrückte. Und ein anderer sprach angesichts dessen, was im Gemeinderat vorbereitet werde, von de "Entmündigung des Bürgers", man werde "die Freiheit verlieren". Seidl erwiderte, die Gernlindener, die seit 18 Jahren eine Baumschutzverordnung hätten, fühlten sich "mehrheitlich nicht entmündigt". Sonst, so Seidl, wären sie sicher gekommen.

Zuhörer, die sich als "Baumbesitzer" bezeichneten, halten die Entscheidung im Gemeinderat, eine Baumschutzverordnung für den ganzen Ort prüfen zu lassen, für den "falschen Weg". Andere wiederum setzten auf Freiwilligkeit. Seidl aber, von dem das Publikum am Mittwoch manchmal den Eindruck haben konnte, er mache seine politische Zukunft vom Erhalt der Grünstruktur abhängig, hat den Gedanken, dass sich alle bei Neubauten und Nachverdichtung freiwillig daran hielten, Bäume auf ihren Grundstücken stehen zu lassen, offenbar aufgegeben: "Dann ist Schluss mit der Eigenverantwortung!", sagte er deutlich und meinte jene Eigentümer, die ihr Grundstück mit höchstem Gewinn an Bauträger verkauften.

Seidl kündigte an, dass der Gemeinderat am Donnerstag, 26. September, die Einwände der Bürger abwägen und über mehrere Anträge abstimmen werde. Darunter ist der der Freien Wähler, in ganz Maisach die Baumschutzverordnung abzuschaffen. Bislang gibt es sie nur im Ortsteil Gernlinden. Seidl sagte schon mal, was er davon hält: "Das wäre für mich die größte Katastrophe."

© SZ vom 13.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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