Maifest:"Die Fichte ist im Sägewerk gelandet"

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Christian Braumiller ist der Vorsitzende des Maibaumvereins Puch. Der 38-Jährige leitet einen Meisterbetrieb für Heizung und Solar in dem Fürstenfeldbrucker Ortsteil und will dort auch das Brauchtum erhalten. (Foto: Privat)

Der Chef des Maibaumvereins Puch übers Schicksal des für 2020 reservierten Maibaums

Interview von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

"Leider müssen wir das Maibaumaufstellen mit Maifest 2020 aufgrund der Corona-Pandemie absagen!", heißt es in den sozialen Medien. Und weiter: "Wir freuen uns auf Euch am 1. Mai 2021 wenn es wieder heißt: Der Baum ruft!" Für einen Maibaumverein wie jenen in Puch ist das so etwas wie der Gau, schließlich definiert er sich über das meist weiß-blau gestrichene und mit Zunfttafeln versehene "Brauchtumsstangerl". Ende 2005 wurde der Verein in dem Fürstenfeldbrucker Ortsteil ins Leben gerufen, seine Wurzeln reichen in die Dorfgemeinschaft, die Feuerwehr und die örtliche Landjugend. Ziel der mehr als hundert Mitglieder ist es, "die Gemeinschaft des Dorfes aufzubauen und somit den Brauch rund um den Maibaum zu erhalten." Deshalb ist es natürlich auch Ehrensache, dass der Maibaum in Puch nicht von einem Kran, sondern von Hand mit Hilfe der sogenannten Schweiberln aufgestellt wird. Nach der Arbeit kommt immer das Vergnügen - in Form eines Fests mit Livemusik. Was aber ist dieses Jahr? Der Vereinsvorsitzende Christian Braumiller gibt Antworten.

SZ: Herr Braumiller, jetzt, so kurz vor dem 1. Mai, müssten doch die Sorgen sehr groß sein, dass Ihnen Ihr Maibaum gestohlen wird.

Christian Braumiller: Ja, normalerweise wäre das vielleicht so, obwohl wir natürlich dafür bekannt sind, dass wir unseren Maibaum immer sehr gut und rund um die Uhr bewachen - tagsüber machen das die Rentner, abends dann eher die jungen Leute. Uns ist noch nie einer abhanden gekommen. Aber dieses Jahr haben wir naturgemäß gar keine Angst, weil wir ja gar keinen Maibaum haben.

Das Aufstellen von Hand und mit Schweiberln fällt also flach, Corona ist schuld. Den Maibaum hatten Sie aber bereits geschlagen.

Richtig. Eine 35 Meter lange Fichte, die wir im Wald zwischen Weihnachten und Neujahr geschnitten, die Rinde entfernt und dann dort erst einmal gerade gelagert haben. In die Maschinenhalle reingebracht hätten wir sie am 20. April, um dann noch genügend Zeit zu haben, sie herzurichten.

Was ist aus der Fichte geworden?

Die ist im Sägewerk gelandet, da ist wohl Bauholz draus gemacht worden.

Ein Jammer. Haben Sie sich mal überlegt, den Baum einfach so lange im Wald zu lagern bis zum Mai 2021?

Nein, das würde wenig Sinn machen. Wir werden wieder einen schönen Baum finden, der dann im nächsten Winter geschnitten wird.

Der 1. Mai fällt ja nun mal flach. Gab es schon mal etwas Vergleichbares?

Nein. Irgendwann gab es mal keine Maibaumschiene, ich glaube, das war so vor um die zehn Jahre.

Und trotz Corona den Maibaum aufstellen wäre ja auch kaum möglich gewesen. Der Mundschutz hätte nicht weitergeholfen. Wo sollen da 1,50 Meter Sicherheitsabstand herkommen?

Das geht gar nicht. Wir stellen ja von Hand auf, da sind an die 60 Leute am Werk, Kopf an Kopf.

Den alten Maibaum können Sie aber auch nicht länger stehen lassen.

Richtig, den gibt's ja nicht mehr. Den haben wir Anfang März umgelegt. Daraus werden Bänke hergestellt, die wir versteigern, und Brennholz. Anfang März hatten wir ja noch gehofft, dass es bis zum Mai schon klappen wird. Stehen lassen hätten wir den alten Baum aber wohl eh nicht. Denn dann wäre nach drei Jahren Standzeit eine TÜV-Untersuchung fällig gewesen, und so was ist nicht ganz billig.

Was ist eigentlich schlimmer, ein 1. Mai ohne Maibaum oder ohne Maifest?

Beides ist schlimm, das gehört bei uns ja fest zusammen. Da trifft man sich, und man trifft auch Leute wieder, die man vielleicht monatelang nicht mehr gesehen hat. Das fängt schon beim Bewachen an und endet mit dem Fest. Ein kleiner Trost ist immerhin, dass das Wetter nicht so gut werden soll.

Irgendwie wird Ihnen ja nun auch die Existenzgrundlage entzogen. Ein Maibaumverein ohne Maibaum...

So schaugt's aus.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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