Landwirtschaft:Protest gegen Hühnerstall

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Ein Kottgeiseringer Landwirt will eine Anlage für 5000 Tiere bauen. Der Gemeinderat hat die Pläne abgelehnt, befürchtet aber, vom Landratsamt überstimmt zu werden - wieder einmal. Nun macht eine Bürgerinitiative ihrem Unmut Luft

Von Manfred Amann, Kottgeisering

Auf Privatgrund, an Zäunen, am Ortseingang: Viele wütende Plakate in Kottgeisering zeigen, wie angespannt das Verhältnis zwischen dem Bauern Erich Klas und vielen Einwohnern ist - mal wieder. Der Bio-Landwirt will in der Nähe seines Aussiedlerhofes einen etwa 1500 Quadratmeter großen "Komfortstall" für etwa 5000 Legehühner mit etwa zwei Hektar Auslauffläche errichten. Der Gemeinderat hat das "Bio-Eier-Projekt" bereits einstimmig abgelehnt, muss nun aber fürchten, dass das Landratsamt diesen Beschluss ersetzt, weil Klas nach den Statuten der "landwirtschaftlichen Privilegierung" kaum gehindert werden kann, ein weiteres Standbein zur Weiterentwicklung seines Betriebes aufzubauen.

Kottgeisering hat darin Erfahrung, denn einige vom Gemeinderat abgelehnte Erweiterungswünsche des Bio-Bauern wurden vom Landratsamt letztendlich mit Verweis auf die Privilegierung doch erlaubt. Und weil manches Gebäude heute anders genutzt wird, als genehmigt, heißt es auf einem Transparent: "Stoppt den Privilegierungs-Missbrauch". Aber auch die Warnung vor einer "Chicken-City" ist zu lesen. Im Dorf hat sich eine Bürgerinitiative (BI) "Kein weiter so" formiert, die nach einstimmigem Beschluss des Gemeinderates nun sogar auf öffentlichen Flächen mit Plakaten auf die ihrer Ansicht nach nicht mehr tolerierbare Ausnutzung der Privilegierung aufmerksam machen darf.

Laut Bürgermeisterin Sandra Meißner sei dies ein Ausnahmefall. Der Gemeinderat verstehe die BI als Bestätigung dafür, richtig gehandelt zu haben, als er die sukzessive Erweiterung des Aussiedlerhofes unter dem Deckmantel der Privilegierung immer wieder ablehnte. Allerdings erregt die Plakatierung in der Bevölkerung auch Ärgernis. "Das ist wie im Mittelalter, wo man Menschen an den Pranger stellte", urteilt Simone Schmid aus Grafrath, die "so eine unfaire und unanständige öffentliche Bloßstellung" noch nicht erlebt habe.

Die Missstände auf dem Hof würden übersehen, so der Vorwurf der Bürgerinitiative. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bürgermeisterin Meißner nennt als Ablehnungsgründe für das Bio-Eier-Projekt unter anderem, die für den zusätzlichen Verkehr nicht hinreichend ausgebaute Dorfstraße, das Problem der Abwasserbeseitigung, dass man die ohnehin schon fortgeschrittene, das Landschaftsbild schädigende Entwicklung des Hofes zu einer Splittersiedlung nicht wolle, und dass man aufgrund der Erfahrungen befürchten müsse, dass Klas letztlich wieder etwas anderes macht, als das, was genehmigt sei.

Dem Landwirt sei zum Beispiel eine Hofvermarktung zugelassen worden, nun seien in den Räumen Büros untergebracht. Erich Klas erklärt dazu, dass sich der Laden nicht gelohnt und er darin Arbeitsplätze für drei Bürokräfte geschaffen habe, um die zunehmenden bürokratischen Auflagen für Bio-Bauern erfüllen zu können. "Auch die Büros dienen der Landwirtschaft und unterliegen somit der Privilegierung", so der Bio-Bauer, der mit Heupaketen für Kleintiere zum Beispiel für Brucker Land anfing und nun auch Strohpakete sowie Katzengras vermarktet. Überdies hat er vor einigen Jahren angefangen, Kaffee zu fairen Preisen einzuführen, rösten zu lassen und in Bio-Märkten zu verkaufen. Dieser Handel wird laut Klas aber nicht über den Hof abgewickelt, wie ihm fälschlicherweise von der BI unterstellt werde.

Missbrauch der Privilegierung sehen die Gegner auch darin, dass der Bio-Bauer in einem Gewächshaus landwirtschaftliche Maschinen abstellt. "Die Tomaten haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht", erläutert der Landwirt, also nutze er das Gewächshaus vorübergehend als Unterstand. "Es muss gemäß Privilegierung dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen und das tut es", betont er. Vor einigen Tagen hätten Vertreter des Landratsamtes bei einer Kontrolle "keine widerrechtliche Umnutzung" festgestellt.

Der Protest der Bürger richtet sich auch gegen die Behörden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Um das Abwasser-Problem in den Griff zu bekommen, baut Klas derzeit eine Sickergrube und auch einen Gülle-Sammelbehälter. "Ich versuche ohnehin alle Auflagen der Gemeinde zu erfüllen, soweit sie sinnvoll sind", merkt er an. Er wolle keinen Stress, sich aber auch nicht von seinen Ideen abbringen lassen. Die Nachfrage nach Bio-Eiern aus der Region sei groß und er habe auch schon Abnehmer. Schon einmal hätten "bestimmte Leute im Dorf" ihn mit ihren Aktionen dazu gebracht, ein Projekt, nämlich den Bau einer Flächen-Fotovoltaikanlage, aufzugeben, erinnert der Bio-Landwirt. Dass seine Betriebsentwicklung so manchem Kottgeiseringer nicht gefalle, müsse er immer wieder erleben.

Man habe ihn schon angezeigt, "Schwarzarbeiter" zu beschäftigen. Der Zoll habe aber nichts zu beanstanden gehabt. Ebenso habe sich die Anzeige, er habe in einer Halle eine gewerbliche Werkstatt eingerichtet, als falsch herausgestellt. "Wenn es nicht so extrem wäre, was da gegen mich läuft, wär's glatt zum Lachen", bedauert Erich Klas.

Ein Aktivist der BI, der nicht namentlich genannt werden will, geht davon aus, dass man mit der Plakatierungsaktion kaum etwas erreichen werde. Es gehe bei dem Protest vielmehr darum, darauf aufmerksam zu machen, dass Klas unter den Augen der Behörden "macht, was er will". "Wir sind keine Wutbürger, die nur einfach dagegen schreien, wir wollen einen tragbaren Einklang zwischen Natur und Landwirtschaft erreichen", erklärt BI-Sprecher Michael Pütz. Die BI habe sich auch an die zuständigen Behörden, an die zuständigen Staatsministerien, Politiker des Landtages und des Bundestages sowie an den Bund Naturschutz Bayern und an den Bürgerbeauftragten der Staatsregierung gewandt. Erste positive Reaktionen seien mittlerweile eingetroffen.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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