Landtagswahl:Großer Schatten

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FDP: Flüchtlingspolitik verdrängt wichtige Themen

Digitalisierung, Rente, Bildung - all das wären wichtige Themen für den Wahlkampf, findet der Allgäuer Stephan Thomae, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag. "Aber das Flüchtlingsthema überschattet alles." So war es auch kürzlich bei einer Wahlveranstaltung der Liberalen. Auf Einladung des Kreisvorsitzenden Hendrik Grallert hielt Thomae im Brauhaus Bruck vor 14 Gästen, darunter Eichenaus Bürgermeister Peter Münter und die stellvertretende Kreisvorsitzende Birgit Thomann, einen Vortrag über die Innen- und Sicherheitspolitik der FDP. Eigentlich war geplant, dass die zwei Themen seines Vortrags, Asylpolitik und Polizeiaufgabengesetz gleich viel Zeit in Anspruch nehmen. Tatsächlich bestätigte sich seine Einschätzung - das Thema Flüchtlingspolitik dominierte.

Thomae kritisiert die Einstellungen vieler anderer Parteien in der Flüchtlingsdebatte, ein Schwarz-Weiß Denken sei nicht die Lösung. "Es muss auch noch etwas zwischen 'Alle müssen raus!' und 'Bei uns können alle bleiben!' geben." Der Entwicklungshilfe als Bekämpfung der Fluchtursachen stehe er teilweise kritisch gegenüber. Aus humanitärer Sicht halte er Entwicklungshilfen für wichtig. Sie würden aber die Menschen nicht zum Bleiben bewegen, denn "die Ärmsten auf der Welt sind immobil. Die meisten Menschen fliehen nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern weil sie sich in ihrem Land nicht sicher fühlen." Deshalb sei in den Staaten ein Mindestmaß an Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit von Nöten. Wie dies in von Kriegen zerrütteten und von Korruption geprägten Staaten umsetzbar wäre, ließ Thomae offen.

Stephan Thomae war kürzlich bei der Landkreis-FDP zu Gast. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Einwanderungsgesetzbuch, einem Konzept, an dem Thomae mit anderen FDP-Mitgliedern gefeilt hatte, werden Fragen zur praktischen Umsetzung häufig offen gelassen. Thomae wünscht sich differenziertere Gesetze im Zusammenhang mit Menschen, die nach Deutschland kommen. "Flüchtlinge sind nicht gleich Asylanten, sind nicht gleich Migranten. Es würde viel Zeit sparen, wenn es für die unterschiedlichen Gruppen eigene Verfahren gäbe und nicht alle einen Asylantrag stellen, obwohl klar ist, dass sie einen Bescheid nicht bekommen werden."

Hendrik Grallert wendet in der Diskussionsrunde nach dem Vortrag ein, dass einige Bürger der Ansicht seien, nicht die Gesetze an sich seien das Problem, sondern deren Umsetzung in der Praxis. "Braucht es tatsächlich neue Gesetzte oder sollten die bereits vorhandenen nicht einfach besser angewendet werden?", fragt er. Thomae sagt, Mängel bei der Arbeit der Behörden müssten behoben werden. Er sei aber dennoch von den vorgeschlagenen Regeln im Einwanderungsgesetzbuch überzeugt. Auch die anwesenden Parteimitglieder scheinen dem Konzept zugeneigt, Diskussionsstoff birgt das Thema Flüchtlingspolitik aber immer. "Wie gehen wir mit Menschen um, deren Kultur sich nicht mit unserer vereinbaren lässt?", will ein Mann wissen. Kurz bricht missbilligendes Gemurmel in dem kleinen Raum aus.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Thomae und Grallert beschwichtigen die Anwesenden. Die FDP will laut Thomae keine Assimilation anderer Kulturen, aber ein Grundverständnis in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie müsse bei Menschen vorhanden sein, die in Deutschland bleiben wollten. "Das fehlt aber auch bei manchen Bürgern, die hier geboren worden sind", fügt er hinzu. Auch bei nachfolgenden Fragen schlägt Thomae keine konkreten und praxisnahe Lösungen. Das an diesem Abend vorgestellte Konzept sei erst mal nur ein grober Rahmen für das Einwanderungsgesetzbuch, sagt er.

Beim zweiten Thema, dem neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetz, sind sich alle Anwesenden einig: Es sollte wieder abgeschafft werden. Thomae erklärt anschaulich, wie die Gesetzeslage vorher aussah und worin die Problematik des neuen Begriffs der "drohenden Gefahr" besteht. Es fehle eine genaue Definition, denn "Gefahr droht irgendwie immer", sagt Thomae. Besonders besorgniserregend seien die neuen Befugnisse der Polizei in Bezug auf Überwachung von Computern und Smartphones. "Wer meinen Rechner lesen kann, weiß mehr über mich als ich selbst." Die Anwesenden nicken einstimmig, dann kommt von einem Parteimitglied schon die nächste Frage zur Asylpolitik.

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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