Landgericht:Bewaffneter Überfall

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44-Jähriger muss sich wegen schweren Raubes verantworten

Von Florian J. Haamann, Maisach

Es ist ein eiskalter Überfall, für den sich ein 44-Jähriger derzeit vor dem Münchner Landgericht verantworten muss. Tragisch ist aber vor allem das, wofür der Mann wohl nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, nämlich der Tod eines der beiden Opfer.

Im Januar 2016 soll der Angeklagte maskiert und bewaffnet an der Wohnung eines älteren Ehepaars geklingelt haben. Nachdem die 75-Jährige Bewohnerin ihm die Tür geöffnet hat, soll er sich mit den Worten "Überfall, gehen Sie weg" Zutritt zur Wohnung verschafft und aus der Küche 34 Fentanyl-Schmerzpflaster, Bargeld und Dokumente gestohlen haben. Der Wirkstoff der Pflaster wird von Süchtigen als Droge missbraucht, so auch vom Angeklagten. Wenige Tage nach dem Raub erlitt der 78-jährige Ehemann einen Nervenzusammenbruch, kurz darauf musste er ins Krankenhaus eingeliefert werden, wo er ins Koma fiel. Er war bereits vor der Tat gesundheitlich massiv angeschlagen und litt an einer schweren Lungenkrankheit. Nach 17 Tagen im Koma verstarb der Mann. Weil eine Kausalität zum Überfall aber nicht nachweisbar ist, muss sich der Angeklagte nicht wegen Totschlags oder gar Mordes verantworten. "Mein Mann war ja schon seit fünf Jahren schwer krank. Aber er hatte immer einen starken Überlebenswillen. Der Überfall war dann so ein Schock für ihn, das hat er nicht mehr verkraftet", erklärte die 75-jährige Ehefrau in ihrer Aussage. Sie selbst leidet bis heute unter der Tat, muss leichte Antidepressiva nehmen. Sie hoffe nun, dass sie nach dem Prozess irgendwann endlich mit den Geschehnissen abschließen könne.

Drei Tage vor der Tat hatte der Angeklagte seine Opfer bereits ausgespäht. Unter dem Vorwand, seine Frau habe nach einem Unfall Verbrennungen und benötige Schmerzpflaster, soll er bei dem Ehepaar geklingelt haben. Er gab an, die Adresse des Ehepaars von der Krankenkasse oder der Apotheke bekommen zu haben. Die Ehefrau, die diese Begegnung als sehr freundlich beschrieb, hat ihn darauf hin in die Wohnung gelassen und ihm die Pflaster ihres Mannes gezeigt. Als sie dem 44-Jährigen erklärt habe, dass sie ihm keines davon geben könne, sei er wieder gegangen. Bereits bei diesem Besuch hat der Angeklagte gesehen, in welchem gesundheitlichen Zustand der Ehemann ist und dass er an ein Sauerstoffgerät angeschlossen war.

Gleich zu Prozessbeginn hat der Angeklagte den Überfall und drei weitere Taten, die ihm vorgeworfen werden, gestanden: "Das stimmt alles im Großen und Ganzen." Im August 2015 ist er demnach auch in eine Brucker Arztpraxis eingebrochen, um Fentanyl-Pflaster zu stehlen, allerdings hat er nur eine Geldkassette mit zwei Euro Bargeld entwendet. Mitte Februar 2016 hat er zudem ein Autohaus überfallen und 4000 Euro erbeutet. Bei seiner Verhaftung wegen des Überfalls auf das Ehepaar, hat er zudem einen Bekannten zu unrecht der Tat beschuldigt.

Der Angeklagte hat eine lange Suchtgeschichte, seit seiner Jugend ist er drogenabhängig. Klassische Drogen wie Kokain, Heroin, Crystal Meth und Ecstasy hätten dabei immer wieder dazugehört, genau wie Tabletten, etwa Tavor und Lyrica. Dazu habe er jeden Abend, auch bei allen Taten, jeweils etwa eine halbe Flasche Whisky getrunken, erklärte er. Während der Verhandlung entschuldigte er sich bei der Ehefrau. "Ich habe selbst eine Frau. Es tut mir wirklich von Herzen leid, was da passiert ist. In der Untersuchungshaft hatte ich viel Zeit darüber nachzudenken." Der Prozess wird Ende April fortgesetzt.

© SZ vom 15.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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