Kurzkritik:Und der Saal singt mit

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Stimmungsvoller Operettenabend in Germerings Stadthalle

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

"Im weißen Rössl am Wolfgangsee, dort steht das Glück vor der Tür" - eine der weltbekannten Melodien aus der gleichnamigen Operette, die beschwingt ins Ohr geht. So ging es auch dem Publikum in der gut besuchten Germeringer Stadthalle. Rössl-erfahren, sangen einige Besucher von Beginn an mit. Als später "Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?" ertönte, präsentierte sich schon der halbe Saal sangeskundig. Bei "Es muss was Wunderbares sein, von dir geliebt zu werden" schmolzen spürbar viele weibliche Besucher dahin. Das Freie Landestheater Bayern (FLT), angereist mit großem Ensemble und dem Freien Landesorchester Bayern unter der Leitung von Rudolf Maier-Kleeblatt, drückte der berühmten Operette von Ralph Benatzky ihre Handschrift auf. Das FLT-Ensemble agierte mit Vehemenz und in den verschiedensten Dialekten. Viele Gäste urlauben im Rössl am Wolfgangsee. Wo aber viele Menschen sind, da kommt es zu vielen Begegnungen - zu unliebsamen wie zu liebestollen - besonders bei den Hauptakteuren.

Der Zahlkellner Leopold (Harald Wurmsdobler) ist verliebt in seine Chefin, die Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber (Elisabeth Neuhäusler). Doch seine Chancen stehen zunächst schlecht, denn Josepha ist dem Rechtsanwalt Otto Siedler zugeneigt, mit dem der berlinernde Trikotagenhersteller Wilhelm Giesecke streitet. Hübsche Töchter (Ottilie, Klärchen und Kathi) und der angeblich schöne Sigismund (Philipp Gaiser) komplettieren und verkomplizieren das Geschehen. Zwischen Geschäften und Gspusis nehmen die Verwicklungen ihren Lauf, bis schließlich alle versöhnt sind und jeder Topf seinen Deckel bekommen hat. Amüsant agiert mit französischem Akzent der Ober "Piccolo" (Christophe Vetter), der schon auch mal, den streitlustigen Gästen die Koffer vor die Füße wirft. Großen Anteil am glücklichen Ende hat der gebrechliche, aber herzensgute Kaiser (Markus Eberhard), der überraschend im Weißen Rössl absteigt und standesgemäß mit Kaiserschmarrn bewirtet wird. In variablen Kulissen samt Dampfschiffattrappe und in zeitgemäßen Kostümen von Anne Hebbeker wirbelt das Ensemble zwischen Herzschmerz-Melodien und ländlichem Gockel-Morgengeschrei über die Bühne. Augenzwinkernd werden kleine Spleens aufs Korn genommen und auch die Inklusion hat ihren Platz, denn bei dem Satz "Ich liebe dich" ist es unerheblich, ob jemand lispelt oder nicht.

© SZ vom 24.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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