Kultur:Kunst, die Verborgenes zutage fördert

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Zur Ausstellungseröffnung sind neben vielen Germeringern auch Schüler und Weggefährten von Franz Srownal gekommen. (Foto: Johannes Simon)

Eine Ausstellung in der Germeringer Stadthalle erinnert an den herausragenden Maler und Stadtarchäologen Franz Srownal, der im vergangenen Jahr verstorben ist

Von Johannes Simon, Germering

Es ist schwer diesen Blick zu beschreiben. Diese Neugierde vermischt mit Zurückhaltung, dieses Wohlwollen, vermischt mit einem Hauch feinen, gutmütigen Spottes - wenn überhaupt. Ein Selbstporträt, eines von zweien, gemalt von Franz Srownal, der vor knapp elf Monaten im Alter von 73 Jahren verstorbenen ist. Sein Konterfei empfängt die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher der großen Retrospektive, die derzeit in der Germeringer Stadthalle gezeigt wird.

Srownal fehlt. So ist die Stimmung bei der Vernissage an der auch zahlreiche ehemalige Schülerinnen und Weggefährten teilnahmen. Initiiert und organisiert wurde die Ausstellung von der Ateliergruppe 27, die von Srownal im Jahr 1990, also vor über 30 Jahren, gegründet wurde. Es fiel nicht leicht eine Auswahl zu treffen, so Ute Richter, die am Ausstellungsaufbau aktiv beteiligt war: Ein großer Fundus, der bei der Familie Srownal aufbewahrt wird, zeugt von der ungeheuren Schaffenskraft des Künstlers, der scheinbar nie müde wurde, mittels Zeichnung und Malerei, immer wieder neue Wege zu beschreiten, mit Materialien zu experimentieren, und seinen persönlichen Stil mit Virtuosität weiterzuentwickeln. In der Ausstellung wird davon nur ein Bruchteil gezeigt. Große Leinwandbilder in Öl oder Acryl stehen zahlreichen Papierarbeiten gegenüber, es besteht aber auch die Möglichkeit in Grafikmappen Druckgrafik zu studieren, die mangels Platz nicht aufgehängt werden konnte.

Neugier, Zurückhaltung, Wohlwollen oder Spott? Es fällt schwer, den Blick in Franz Srownals Selbstporträt zu deuten. (Foto: Johannes Simon)

Srownal wurde 1949 in Neuburg an der Donau geboren. Seine Lebensstationen führten ihn nach Augsburg, wo er von 1968 bis 1969 von Professor Georg Bernhard im Fachbereich Gestaltung unterrichtet wurde. Von 1970 bis 1974 studierte er Malerei an der Hochschule für Bildende Kunst in Berlin. Nach einer Zusatzausbildung zum Kunsttherapeuten kam er schließlich 1989 nach Germering. Dort rief er nicht nur die Ateliergruppe 27 ins Leben, sondern überredete auch seine künstlerische Weggefährtin Christine Helmerich zur Gründung der ersten Germeringer Kunstgalerie.

Franz Srownal war eine vielseitige und für die Stadt wichtige Persönlichkeit: In Germering entwickelte er rasch eine Leidenschaft für die Archäologie und die Funde, die bis in die Steinzeit zurückreichten. Etwa 50 Grabungen gab es während seiner Zeit als Stadtarchäologe. Der bekannteste Fund ist das frühmittelalterliche Amulett, das zur Vorlage für das neue Stadtwappen wurde. Im Jahr 1999 gehörte Srownal zu den Gründern des archäologischen Arbeitskreises, aus dem der Förderverein Stadtmuseum entstand.

"Gespräch mit Christina" nannte Srownal diese Bleistiftzeichnung von 1982, die er im Jahr 2002 noch einmal ergänzt hat. (Foto: Johannes Simon)

Die Retrospektive bietet die Möglichkeit, die Lebensstationen Srownals im Spiegel seiner Kunst Revue passieren zu lassen. Er erweist sich dabei als Wandler zwischen den Welten, der kein Problem damit hat, von der Figürlichkeit zur Abstraktion zu wechseln, und umgekehrt. Bereits in seinen frühen Arbeiten (die frühesten stammen von 1980) erstaunt Srownal durch seine kultivierte Zeichenkunst, mit der er souverän jedes nur denkbare Sujet darzustellen weiß und die seinem Vorbild, dem Hamburger Zeichner Horst Janssen, durchaus nahekommt.

Auch die späteren, abstrakten Arbeiten Srownals verlieren nicht an Souveränität. (Foto: Johannes Simon)

Diese Souveränität des Könners verlässt ihn auch später nicht, selbst in den rein abstrakten Darstellungen. In vielen seiner Arbeiten bricht sich die Liebe zur Archäologie Bahn. Das Sinnliche, das Erdhafte, das Materialhafte ist unmittelbar spürbar. Oder wie die Kunsthistorikerin Karin Stempel es formuliert: "Srownal fördert dabei [...] Schichten, Konstellationen zutage, die im Verborgenen ebenso geborgen, wie im Geborgenen verborgen sind. Einkreisen, umkreisen, immer wieder der Versuch zu verorten, zu durchbrechen, zu öffnen, eingraben, einritzen".

In den Arbeiten kommt immer wieder Srownals Leidenschaft für die Archäologie zum Vorschein. (Foto: Johannes Simon)

Franz Srownal war kein Künstler, der Kunst nur produzierte. Alles, was er machte, das wird hier durchaus deutlich, hatte existenzielle Bedeutung. So war Kunst für ihn immer auch Methode, um sich seinen Dämonen zu stellen: "Hatte ich als Kind immer die Vorstellung, die höllischen Mächte durch Überzeichnen mit verschiedenfarbigen Buntstiften bannen zu können, so war es doch möglich, die Versteckten, mittels Radiergummi, wenn auch nur fragmentarisch, hervorzuholen und durch Ergänzungen wieder zu aktivieren." Diese Ambivalenz zieht sich wie ein roter Faden durch sein Oeuvre. Seine Kunst erscheint uns kräftig, lebenbejahend einerseits, aber auch von Gefahr und Abgrund kündend andererseits.

"Franz Srownal 1949 - 2022", Ausstellung in der Stadthalle Germering, zu sehen bis zum 3. Dezember, dienstags bis freitags von 16 bis 18 Uhr und Samstag bis Sonntag 15 bis 18 Uhr

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