24 Pistolen und Gewehre zeigt das Bild, das die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck am vergangenen Freitag veröffentlichte; darunter auch Gerät, das in Deutschland als Kriegswaffe gilt. Daneben liegen Patronengürtel und Dosen mit Munition. Der Mann, der all das gehortet haben soll, steht im Verdacht, ein Starnberger Ehepaar und dessen Sohn erschossen zu haben, mit dem er befreundet war. Insgesamt habe man in der Wohnung des 19-Jährigen in Olching mehr als 30 Waffen gefunden, teilte die Polizei am Montag mit. Viele davon seien Dekorations- oder Salutwaffen - Gewehre und Pistolen, die untauglich gemacht wurden. Das Problem: Oft ist es möglich, sie wieder scharf zu machen.
Das versuchte offenbar auch der Tatverdächtige im Starnberger Fall. Einzelne Waffen aus dem Arsenal seien manipuliert worden, sagt Hans-Peter Kammerer, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Zudem würden Spuren an den Pistolen und Gewehren untersucht, und das Landeskriminalamt prüfe, ob auch die beiden Tatwaffen aus dem Starnberger Haus umgebaut worden sind. Überdies wollen die Fahnder die Herkunft ermitteln, manche könnten auf dem freien Markt erworben worden sein, da für Dekowaffen keine Genehmigung nötig ist. Zudem wird ermittelt, ob aus dem Bestand des Büchsenmachers, bei dem sich das 21-jährige Opfer im dritten Lehrjahr befand, Teile unterschlagen und verwendet wurden, um die Dekowaffen scharfzumachen. Die Kripo vermutet, dass sich auch Waffen des Getöteten in dem Dachdepot befanden.
Wer in Deutschland Schusswaffen unbrauchbar macht, um sie als Dekoration oder Attrappe zu nutzen, muss strenge Regeln beachten. Das Patronenlager muss so modifiziert sein, dass keine Munition mehr geladen werden kann. Zudem müsse der Lauf an mehreren Stellen in Kalibergröße aufgebohrt und ein gehärteter Stahlstift eingebaut werden, erklärt Thomas Fischer, Büchsenmachermeister aus München. "Dann ist die Waffe so zugeschweißt, dass man sie grad noch als Briefbeschwerer hernehmen kann", sagt Fischer.
Auch im Theater werden solche Salutwaffen genutzt. Robert Stoiber, 49, waltet über die nach seinen Angaben bundesweit größte Sammlung solcher Attrappen. 356 Stück lagern in der Rüstkammer des Münchner Residenztheaters, die Stoiber beaufsichtigt. "Damit kann man niemals scharfe Munition abfeuern", sagt er. Trotzdem weise er die Schauspieler immer wieder aufs Neue ein, ehe sie auf der Bühne schießen. Denn auch Partikel von Platzpatronen könnten gefährlich sein, würde man aus der Nähe auf Menschen feuern.
Büchsenmacher Thomas Fischer sagt, dass von Dekowaffen, die nach deutschen Standards unbrauchbar gemacht sind, keine Bedrohung ausgehe. "Die sind ja praktisch zerstört", sagt er. Der Aufwand, sie wieder scharf zu machen, sei immens - aber auch nicht unleistbar. Mit genügend technischem Know-how könne man eine solche Waffe durchaus wieder herstellen. Bei Waffen, die aus dem Ausland stammen, sei es einfacher. Denn insbesondere in einigen osteuropäischen Ländern waren die Umbauregeln lange Zeit nicht so streng wie hierzulande.
Wiederholt nutzen Kriminelle das aus. Beim Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016 verwendete David S. eine umgebaute Dekowaffe mit Prüfzeichen aus der Slowakei. Auch die Täter bei den Anschlägen auf das Bataclan und die Redaktion der Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris nutzten umgebaute Dekowaffen. Das Bundeskriminalamt warnt in seinem Lagebild zu Waffenkriminalität 2018: "Der illegale Umbau von Schreckschuss- und Dekorationswaffen stellt bereits seit einigen Jahren ein wichtiges Phänomen für die Sicherheitsbehörden dar." Erst im Dezember hat der Bundestag das Waffenrecht verschärft. Dekowaffen sind nun mit scharfen Schusswaffen weitgehend gleichgestellt. So benötigt man in Zukunft auch für den Kauf einer unbrauchbar gemachten Waffe eine Erlaubnis.