Kreiskulturtage:Alle dürfen mitmachen

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Gleich hinter dem Haus Elisabeth in Puchheim-Bahnhof flicht Brigitte Storch (rechts) mit einer Helferin die Äste für das "Nest" ein, das sie als Land-Art-Projekt gestaltet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Projekt "Land Art am Labyrinth" in Puchheim sind die Künstler und Initiatoren auf die Mithilfe von Freiwilligen und Passanten angewiesen

Von Sonja Pawlowa, Puchheim

Für das Mitmachereignis "Land Art am Labyrinth" hatte der Kulturverein Puchheim zur Vorsicht einen Ausweichtermin geplant. Der wurde nicht gebraucht. Pünktlich zum 13. August kam die Sonne wieder zum Vorschein und beleuchtete genau jene Stellen des Areals, an denen neue Kunstwerke entstehen sollten. Neben der Kunst trugen auch die Blasmusikgruppe Fünferlmusik und afrikanische Märchen mit Cordula Hubrich zur Unterhaltung von Klein und Groß bei. "Kunst soll Menschen zusammenführen," sagt Christa Tucci, die Organisatorin. Das ist geglückt.

Land Art bedeutet nicht nur, dass Kunstwerke aus natürlichen Materialien in der Natur verarbeitet werden, sondern auch dass Prozesse, wie etwa Verwitterung, auf sie einwirken. Der Oberbegriff "Heimat im Wandel" ist nicht nur Beschreibung für diesen Prozess, sondern auch der Titel der diesjährigen Kreiskulturtage. Beim Land-Art-Event offenbarten sich noch weitere Dimensionen von Heimat im Wandel. Denn nicht nur die Künstler selbst werkelten an ihren Objekten - auch Jugendliche des Asylhelferkreises und Familien aus der Umgebung sammelten Zweige, spannten Netze aus Bindfaden und brachten Efeu an: die Demokratisierung der Kunst.

Brigitte Storch liebt solch gemeinsames Schaffen. Sie ist die Initiatorin der Veranstaltung und eine über Puchheim hinaus bekannte Künstlerin. Seit März sammelte sie lianenartige Waldreben und biegsame Äste für die gewundene Riesenschlange des Lebens, die zu einem begehbaren Nest, einer neuen Heimat, führt. Die Schätze an Naturmaterialien, die sie angehäuft hatte, sind bei den Vorbereitungen leider der Ordnungliebe des Bauhofs anheim gefallen, so dass Brigitte Storch improvisieren musste. Nun wurden für den Nestboden italienischen Piniennadeln verwendet.

Hugo Wolf hat als Lehrer an der Mittelschule den Schulgarten durch Skulpturenprojekte aufgewertet. Einige stehen schon im Labyrinth-Park, da der Schulgarten aufgelöst werden musste. Seine Projekte stehen im Zusammenhang mit den Stadtbeeten Puchheim. Wolf hat eine Schnecke aus Ästen geflochten, die hochwachsenden Brombeerstauden Halt liefern sollen. Zusätzlich schichtete er daneben Schwemmholz in Schaschlik-Manier übereinander, die die Beerenernte zum Augenschmaus machen sollen. Zum Steinkreis, den er vor zwei Jahren mit Kurt Wiesner aus Straßenbauresten gebaut hat, gesellt sich jetzt ein Halbkreis aus Holzstangen, der genau wie das Mini-Stonehenge den Wochenlauf symbolisiert. Und auch ein Blick gen Himmel lohnt sich. Fast unbemerkt hat Wolf Seegrasbälle wie Perlen aufgefädelt und aufgehängt.

Barbara Saatze fand Unterstützer, die ihr noch skelettartiges Tipi mit Ranken und Verwebungen stabilisierten und schmückten. Naturstoffe sind der Künstlerin vertraut. Neben ihrem breit gefächertem Werk als Malerin, Bildhauerin und Keramikerin bietet sie auch Workshops an, die sich mit Sandstein befassen. Nicht aus Sandstein, vielmehr aus Pflastersteinen wurden bereits vor zwei Jahren Ergänzungen zum Labyrinth errichtet. Neben einer Steinsitzgruppe erfreut die "Kräuterschnecke" größter Beliebtheit. Die Steine sind letztlich Kurt Wiesner zu verdanken, der bei seiner 30-jährigen beruflichen Tätigkeit im Puchheimer Rathaus Beziehungen in alle Richtungen knüpfte. So errreichte ihn die Information, dass übrig gebliebene Pflastersteine und Bordsteinbegrenzungen zur Verfügung stünden, die andernfalls entsorgt werden müssten. Durch Wiesners Interaktion und Engagement im Kulturverein konnten dann zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Das namensstiftende "Labyrinth", das Edeltraut Ulbrich 2011 baute, und das Recycling von Straßenbauabfällen. Auch beim Land-Art-Termin verwertete Wiesner Entwertetes. Bretter, die er zu Hause ersetzen musste, wurden zu einer Kreuzung aus Schiffsplanken und Totenbrettern, die mit den lebendigen Baumstämmen im Wäldchen harmonieren und nachts die Geister vertreiben sollen.

© SZ vom 17.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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