Kreishaushalt 2019:Schaulaufen im Sitzungssaal

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Die Kreisräte verabschieden den Etat für 2019. Die Reden sind vor allem eines: nicht allzu lang

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Haushaltsreden sind auch politisches Schaulaufen. Die Sprecher der einzelnen Fraktionen positionieren sich, und man hält manche Spitze für den politischen Gegner bereit. Dennoch fassen sich die neun - männlichen - Haushaltsredner im Fürstenfeldbrucker Kreistag einigermaßen kurz am Donnerstagnachmittag, eineinviertel Stunden brauchen sie zusammen, um ihre jeweilige Sicht auf die Kreisfinanzen zu skizzieren. Am Ende ist es wie schon beim letzten Mal, Grüne und Unabhängige Bürgervereinigungen (UBV) stimmen gegen das 400 Seiten starke Zahlenkonvolut, die übrigen Fraktionen dafür. Damit kommt eine satte Mehrheit von 51 zu 12 Stimmen zustande und beinahe dasselbe Ergebnis wie 2018.

Es ist schon der zweite Haushalt in diesem Jahr, den der Kreistag verabschiedet. Für das laufende Jahr hatte er die Einnahmen und Ausgaben erst im Februar festgezurrt und dafür eigens die in der Regel spät eintreffenden Zahlen übergeordneter politischer Stellen abgewartet. Für 2019 sollte der Etat nun wieder früher feststehen, damit auch Städte und Gemeinden zeitig planen können. Auch sie sind von den Zahlen, die der Landkreis vorlegt, abhängig, müssen jenen Teil seiner Ausgaben über die sogenannte Kreisumlage übernehmen, die der Kreis nicht aus eigenen Mitteln decken kann.

Erst zweimal in der mittlerweile 22 Jahre währenden Amtszeit von Landrat Thomas Karmasin (CSU) wurde der Haushalt von allen Fraktionen gebilligt. Dass die Grünen ihn ablehnen, ist Karmasin gewohnt. Ihnen schickt er diesmal die Einschätzung voraus, mit ihrer Zustimmung sei es ein bisschen so sei wie bei der S-Bahn: "Man weiß, dass sie meistens nicht kommt, aber man ist gespannt auf die Begründung." Die Begründung, die die Grünen diesmal liefern, gleicht dann jener vom Februar. Vor allem die Stellenmehrung im Landratsamt kritisieren sie, Fraktionssprecher Martin Runge spricht von einem "explosionsartigen Anstieg" bei den Personalausgaben und von einer Verdopplung seit 2010 auf jetzt 40 Millionen Euro. Martin Schäfer (UBV) greift den Ball auf, den Runge ("Weitere Ausführungen überlasse ich meinem Kollegen Martin Schäfer") ihm zuspielt: Schäfer nennt die Zahl von 246 Stellen, die allein in den vergangenen fünf Jahren genehmigt worden seien, und bittet zugleich darum, "das Geld wieder zurückzugeben, wenn's nicht ausgegeben wird", weil die Stellen bisweilen nicht besetzt werden können. Auch die UBV lehnt den Etat ab, "aber im Grunde verstehen wir uns ganz gut", sagt Schäfer über seine Beziehung zu Landrat Karmasin.

Das klingt versöhnlich, ist aber kein besonders neuer Witz, denn die Schlusspointe, die er als Haushaltsredner im Februar gewählt hatte ("Es macht "sehr viel Spaß mit Ihnen") war ähnlich. Auch das politische Zusammenspiel hatte das UBV-Grünen-Duo Schäfer/Runge, das als Bürgermeistergespann die Geschicke der Gemeinde Gröbenzell leitet, schon beim Vorjahreshaushalt erprobt - und schon damals die hohen Personalkosten bemängelt. Das Thema ist freilich auch dem Olchinger Bürgermeister und SPD-Kreisrat Andreas Magg ein Anliegen, das er in der Aussprache nach den Reden aufgreift: Er wisse zwar, dass die Anforderungen an das Personal "auf allen kommunalen Ebenen" immer höher würden, aber es sorge ihn, dass "beinahe eine halbe mittlere Stadtverwaltung" neu eingestellt werde. Michael Leonbacher (Freie Wähler) empfiehlt, im Laufe des Jahres mal zu prüfen, ob im Personaletat "noch Luft drin ist". Weil er künftig als stellvertretender Regierungssprecher und Pressesprecher von Hubert Aiwanger arbeiten wird, wird Leonbacher seinen Fraktionsvorsitz im Brucker Kreistag im neuen Jahr an Gottfried Obermair weiterreichen.

"Wir geben massiv Geld aus", weiß auch Landrat Karmasin. Doch wegen der Höhe von Transferleistungen und Personalkosten bleibe "für die Kommunalpolitik von der Kreisumlage nichts übrig". Dass die Umlage noch "verträglich gestaltet" werden könne, liege an der "guten Konjunktur und den sprudelnden Steuereinnahmen". Kreisfinanzreferent Johann Thurner (FW) erinnert daran, dass der Kreis Fürstenfeldbruck in der Region die schlechteste Umlagekraft habe, weshalb man attraktiver werden müsse für Gewerbetreibende.

Auch wenn die einzelnen Haushaltsreden im Durchschnitt gerade mal acht Minuten dauern, lauschen nicht alle Kreisräte mit immerwährender Aufmerksamkeit. Viele haben ohnehin ihre Laptops auf den Tischen aufgeklappt, andere tippen auf ihren Handys. Wieder andere wie der ehemalige Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet (CSU) widmen sich der Tageszeitungslektüre, und die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler blättert interessiert in einer Broschüre, während ihr Ehemann als Fraktionsvorsitzender der CSU seinen Vortrag hält. Emanuel Staffler ist ein Schnellredner, er bringt viel Inhalt in kurzer Zeit unter. Die zurückliegenden zwölf Monate hätten gezeigt, welch großen Gestaltungsspielraum es in der Kreispolitik trotz häufig gegenteiliger Einschätzung gebe. Er zählt auf: die FOS Germering, die "wertvolle Diskussion" um eine mögliche Fusion der Sparkasse, die Debatte um die Kostensteigerungen bei den Bauprojekten, die Klimaziele, die nicht zu halten gewesen seien und deshalb "vor Ort noch weitere Bemühungen" verdienten. Staffler rät dazu, das Wachstum im Landkreis stärker zu gestalten, auch um dabei das wachsende Verkehrsproblem in den Griff zu bekommen.

Seine Ankündigung, dass man sich in den nächsten zwölf Monaten mit der Zukunft der Kreisklinik befassen müsse, stiftet ebenso Verwirrung wie die Aussage von Peter Falk (SPD), der das Krankenhaus in Zusammenhang mit dem neu zu planenden Fliegerhorstareal nennt. Es habe keine Unruhe reinbringen wollen, sagt Staffler sodann auf Nachfrage, sondern die Klinik lediglich "als politisches Pfund sehen" wollen. Karmasin verweist auf Erweiterungspläne der Klinik, aber in ihrer Rechtsform wolle man sie nicht infrage stellen: "Es braucht sich niemand zu beunruhigen. Wir können stolz darauf sein, was aus dem Haus geworden ist."

Pragmatisch geben sich FDP und ÖDP. Ulrich Bode (FDP) ist sich darüber im Klaren, dass "wir Wirtschaftsförderung nicht vorantreiben können, wenn wir dem Haushalt nicht zustimmen". Ausgehend von den durch einen Computervirus verursachten IT-Problemen in der Kreisklinik warnt Bode vor "richtigen Problemen, die wir noch gar nicht hatten" und die keine Kommune allein stemmen könne. Er lobt das bereits vor zehn Jahren entworfene Digitalisierungskonzept des Landkreises für die Schulen: "Da können wir uns gratulieren!" Für die ÖDP hofft Christian Holdt auf Carsharing im Landkreis, "damit Zweit- und Drittautos der Vergangenheit angehören", und bemüht den Vergleich mit einem Restaurant: Man habe gegessen (also am Etat mitgewirkt), aber am Ende nicht bezahlen? "Das geht nicht."

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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