Kreisbauerntag:Wenn kastrierte Ferkel zum Topthema werden

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Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber lobt die Bauern. Ihnen die Sorgen vor gravierenden Änderungen nehmen, schafft sie aber nicht

Von Julia Bergmann, Mammendorf

Michaela Kanibers Rede für den Kreisbauerntag in Mammendorf war schon vorbereitet. Fast 30 Seiten über die mannigfachen Herausforderungen der Landwirtschaft. Kurzentschlossen schwenkte die bayerische Landwirtschaftsministerin dann aber um. Auf Bitten des Fürstenfeldbrucker Kreisverbands des Bayerischen Bauernverbandes gab es stattdessen eine kurze Einleitung mit anschließender und umso ausführlicherer Diskussion. Kaniber (CSU) fand das gut, denn: "Es ist ja nicht unbedingt wichtig, was ein Politiker zu sagen hat." Viel wichtiger seien die Anliegen der Landwirte. Und zack - sämtliche Sympathien der versammelten Kreisbauernschaft auf Kanibers Seite. Die Ministerin weiß, wie sie bei ihren Zuhörern punkten kann.

Diskutiert wurde im voll besetzten Saal des Mammendorfer Gasthauses Zur Sonne stellenweise emotional - auf Seiten der Landwirte genauso wie auf Seiten der Ministerin. So kurz nach der Landtagswahl setzte Kaniber auch alles daran, sich von den plötzlich so starken Grünen und deren geforderter "Agrarwende" abzusetzen. Auf die Wortmeldung eines Zuhörers hin ("Was heißt das und wo sollen wir uns hinwenden?"), stellte Kaniber ganz entschieden fest: "Das Wort Agrarwende werden sie von uns nicht hören." Die CSU habe davon, anders als der Fragesteller meinte, nie gesprochen. Und trotzdem erklärte Kaniber anschließend, dass man zwar nicht auf eine komplette Ökologisierung von Produktion, Handel und Konsum setze, aber sehr wohl Biodiversität, den Naturschutz und das Tierwohl im Blick habe und vorantreibe. Ändern soll sich also schon etwas, nur nicht ganz so radikal.

Ein offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen der zahlreich erschienenen Landwirte zeigt die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wobei die Ministerin den Landwirten im Namen der schwarz-orangen Landesregierung mehr Kontinuität als Wandel versprach. Zumindest was den großen Rahmen der Agrarpolitik betrifft. Die "Heimatkoalition" wolle den "bayerischen Weg" weitergehen. "So wie in Bayern unsere Landwirtschaft funktioniert, ist das vorbildlich", betonte Kaniber. Wobei freilich weder sie noch die Landesregierung Veränderungen, wie sie mit Gesetzen aus Berlin oder Verordnungen aus Brüssel kommen, aufhalten könnten.

Zwei davon bewegten die Landwirte am Donnerstagabend ganz besonders. Die Gesetzesänderung zur Ferkelkastration und die seit dem Sommer 2017 geltende Düngeverordnung. Neben dem wachsenden Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Landwirtschaft, der zunehmenden Verknappung und Preissteigerung von Produktionsflächen sowie den Discountpreisen für Fleisch waren das die am meisten diskutierten Themen.

Eigentlich hätte das Kastrieren von Ferkeln ohne Betäubung von 2019 an verboten werden sollen, jetzt soll die Frist auf 2021 verlängert werden. "Was sollen wir nach diesen zwei Jahren tun?", wollte ein Mann aus dem Publikum von Kaniber wissen. Er war nicht der Einzige, der über das Thema reden wollte. Schnell wurde klar, ein Großteil der Landwirte würde lieber die gängige Praxis beibehalten. Kaniber machte den Bauern allerdings wenig Hoffnung. Das geplante Verbot weiter aufzuschieben oder es gar aufzuheben, werde wohl nicht geben. Der unmissverständlichen Einschätzungen der Ministerin folgte aber sogleich das Verständnis für die Landwirte: "Es ist eine harte Aufgabe."

Am Donnerstagabend fand der Kreisbauerntag in Mammendorf statt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Klare Worte gab es auch auf die Frage von Bauernobmann Georg Huber, der die neue Düngeverordnung ablehnt und sich durch die Restriktionen bei der Düngung unter Generalverdacht gestellt sieht. "95 Prozent der Landwirte arbeiten absolut sauber, fünf Prozent arbeiten so, dass es die ganze Landwirtschaft belastet," meinte er. Von der Ministerin will er wissen, ob sich die Verordnung nicht noch lockern lasse. "Ob berechtigt oder nicht, wir können nicht über die Verordnung streiten", sagte Kaniber. Schon jetzt werde darüber diskutiert, die Verordnung weiter zu verschärfen. Lange Gesichter bei den Zuhörern, aber Publikumsliebling Kaniber lenkte ein. Man müsse schauen, was die Zeit bringe, die Entwicklung der Wasserwerte verfolgen. "Wenn wir da gut abschneiden und alle untereinander gut arbeiten, könnte man vielleicht über eine Lockerung sprechen."

Die Anliegen und Anregungen der Landwirte will Kaniber mitnehmen, sich um die Sorgen und Nöte der Bauern kümmern. Auch das Image des Berufsstandes will sie etwa mit bildungspolitischen Initiativen wieder aufpolieren. Denn: "Wenn es euch als Bauern gut geht, dann geht es dem ganzen Land gut", rief Kaniber zum Abschluss mit Pathos. "Dafür werde ich mich auch in Zukunft einsetzen."

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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