Kommentar:Mehr als nur ein Projekt

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Hörgeschädigte Kinder an der Maisacher Realschule zu unterrichten, kann nur der Anfang für eine erfolgreiche Inklusion sein

Von Erich C. Setzwein

Es dürfte in der ersten Zeit nicht leicht werden an der Orlando-di-Lasso-Realschule in Maisach, wenn vom kommenden Schuljahr an in den Klassenzimmern auch hörgeschädigte Kinder unterrichtet werden. Nicht für die Lehrer, die das ein oder andere Mal mehr und deutlicher erklären müssen, was sie rüberbringen wollen, nicht für die Schüler, weil sie sich in einer, zumindest für die meisten, neuen Situation zurechtfinden müssen, dass plötzlich "Behinderte" unter ihnen sind, und nicht zuletzt wird es auch für jene Kinder nicht leicht, deren einziges Handicap es ist, anders zu hören als andere Menschen. Letztlich wird es auch für die Schule nicht leicht sein, eine besondere Rolle zu spielen im nun Inklusionsprozess.

Die Realschule und ihr Träger, der Landkreis, übernehmen damit eine besonders wichtige Aufgabe. Dabei wird es nicht zuallererst darum gehen, zu beweisen, dass Behinderte in Regelklassen integrierbar sind. Ziel sollte sein, dass es den Nichtbehinderten und Behinderten gelingt zu zeigen, dass sie nicht nur in einem Klassenzimmer gemeinsam unterrichtet werden, sondern dass sie lernen, voneinander lernen. Auch die Eltern von Hörgeschädigten sind aufgefordert darüber nachzudenken, ob ihr Kind auf eine Regelschule gehen sollte oder es vielleicht doch besser in einer eigenen Schule für Hörgeschädigte aufgehoben ist.

Vor allem muss geklärt werden, ob zusätzliche Lehrer oder weiteres Fachpersonal benötigt werden. Das wird sich vielleicht erst im Laufe des Schuljahrs herausstellen. Und dann liegt es an der Schule, sich zu melden. Bei modellhaften Projekten kann es leichter sein, etwas zu bekommen, was sonst nur sehr schwer zu erreichen ist. Dass es an der Motivation der Maisacher Lehrerschaft nicht mangelt, hat sich in den zurückliegenden Projekten an der Schule immer wieder gezeigt. Freilich sollte der Landkreis als Träger weiterführender Schulen jetzt schon mit der Planung weiterer, eigener Inklusionsprojekte an anderen Realschulen und den Gymnasien beginnen. Das würde beweisen, dass es den Verantwortlichen auch wirklich um Inklusion geht und nicht nur darum, mit einem einzigen Projekt zu glänzen.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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