Wie kann es in Deutschland passieren, dass eine alleinerziehende Mutter von den Behörden elf Wochen ohne finanzielle Unterstützung gelassen wird? Die Frage stellt sich unweigerlich, wenn man von der Geschichte der 28-Jährigen hört, die als junge Maler- und Lackierermeisterin mit 15 Jahren ehrenamtlichem Engagement bei der Feuerwehr sicher keine Sozialschmarotzerin ist. Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter haben sich nichts zu schulden kommen lassen. Sie haben nur gemäß ihrer jeweiligen Vorschriften gehandelt. Die Arbeitsagentur hat wegen des unterschriebenen Aufhebungsvertrags eine dreimonatige Sperre verhängt. Und somit die Zuständigkeit an das Jobcenter weiterverwiesen, das ebenfalls sanktionieren muss.
Alles ganz korrekt und regelkonform also. Oder, wie es eine Sprecherin der Agentur für Arbeit in Weilheim ausdrückt: "Der persönliche Status ist für die Sperre völlig unabhängig." So kann sich jeder Sachbearbeiter mit ruhigem Gewissen auf seine Paragrafen berufen. Und die Strukturen und Arbeitsweisen von Jobcenter und Agentur für Arbeit tragen weiter dazu bei, dass jeder Hilfesuchende für die Mitarbeiter nur ein bürokratischer Vorgang, eine Nummer auf einem Aktenordner ist. Ein Vorgang eben, zu dem jeder einzelne nur einen kleinen Beitrag leistet.
Dass die 28-Jährige im Jobcenter mit ihrer Frage nach Geld für Miete und Essen zunächst abgewimmelt wird, Wochen nach Antragsstellung, weist auf Mängel in diesem System hin. Die Ausgabe von Gutscheinen vier Tage später, die laut Jobcenter in jedem Supermarkt angenommen werden, obwohl sie tatsächlich nur selten akzeptiert werde, ist ein weiterer Beleg dafür, dass dieses System nicht nur mangelhaft ist, sondern dass es auch die Kluft zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten vergrößert.