Kommentar:Lieber Notlösung als Status quo

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Nach langem Streit geht die Debatte um braune Straßennamen in Bruck zu Ende. Die Kompromisslösung stellt nur wenige Stadträte zufrieden, ist aber besser als der bisherige Zustand

Von Stefan Salger

In der Sache ist man sich im Brucker Stadtrat einig: Nazis, Mitläufer, Antisemiten oder mögliche Kriegsverbrecher taugen nicht zum Vorbild. Und doch ist kaum ein Thema geeigneter für emotionale Debatten und Meinungsverschiedenheiten wie die Straßen in Fürstenfeldbruck, die nach Personen benannt sind, deren Biografien in unterschiedlicher Ausprägung mindestens sehr dunkle Kapitel aufzuweisen haben. Das Thema Straßennamen hat den Stadtrat sechs Jahre lang förmlich zerrissen, die Bruchstellen verliefen sogar quer durch die Fraktionen von CSU und BBV. Fakt ist, dass kein Lager die einzig gültige Wahrheit für sich reklamieren kann. Denn es handelt sich um so etwas wie eine Gewissensfrage. Ist es nun besser und aus historischer Sicht geboten, Straßen konsequent umzubenennen? Oder wäre das sogar eine Art Geschichtsklitterung und als Alternative ein Hinweis auf die dunklen Seiten der Straßenpatrone der gebotene transparente Umgang mit der eigenen Geschichte?

Die zumindest vorläufige Lösung, zu der sich das aktuelle Gremium nun durchgerungen hat und die der neue Stadtrat nach den Kommunalwahlen im nächsten Jahr erneut durchleuchten könnte, gefällt niemandem so richtig. Franz Neuhierl von den Freien Wählern hat es aber auf den Punkt gebracht: Ein Kompromiss verdiene diesen Namen, wenn sich letztlich niemand als Gewinner fühlen kann.

Weil Straßennamen in einer Stadt jenseits jeder dogmatischen, gleichermaßen aber notwendigen Debatte ganz praktisch vor allem als Orientierungshilfe dienen und in Navigationssystemen eingespeichert und auf Personalausweisen vermerkt sind, dürfte vielen Anwohnern diese "kleine" Lösung gelegen kommen.

Für den beschlossenen Kompromiss, einige besonders belastete Namen zumindest halbwegs akzeptabel mit Zusatzschildern zu beschreiben und weitere Straßenschilder durch allgemein gefasste Hinweise zu ergänzen, spricht ein weiterer nun wirklich höchst praktischer Grund: Eine komplette Umbenennung war im Stadtrat nicht durchsetzbar. Wäre die beschlossene Variante aber bei der Abstimmung im Stadtrat mehrheitlich durchgefallen, dann wäre erst mal alles so geblieben, wie es ist. Und der Beibehalt des Status quo wäre die größte Katastrophe. Auch dies übrigens dürfte fraktionsübergreifend Konsens sein.

© SZ vom 03.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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