Germering:Ein Schritt nach vorne, der die Sicht auf die Welt verändern kann

Lesezeit: 3 min

Paula Hofmann hofft, dass sie mit ihren 21 Jahren die jüngeren Schüler erreicht. (Foto: Privat)

Die Münchnerin Paula Hofmann sucht Schulen auf, um das Thema Klimagerechtigkeit stärker ins Bewusstsein junger Menschen zu bringen.

Von Manon Harenberg, Germering

Es ist höchste Zeit, das Thema Klimagerechtigkeit auf die schulische Agenda zu setzen. Davon ist die ehemalige Germeringer Abiturientin Paula Hofmann überzeugt. "Das Thema ist noch nicht wirklich in der Bildung angekommen, oft fehlt es an Zeit und Wissen der Lehrerinnen und Lehrer für die nötige Vertiefung", sagt die 21-Jährige. Als Leiterin des Schulworkshop-Teams des Vereins Community Klima München und Fridays for Future München bringt die Politikwissenschaftsstudentin zusammen mit ihrem Team Sophia Schindlbeck, Emily Steinecker, Katharina Happak und Greta Körtgen das Thema Klimagerechtigkeit in die Klassenzimmer. In 90-minütigen Workshops erarbeiten sie zusammen mit den Schülern, wie akut der Klimawandel voranschreitet und wie ungleich er sich auf verschiedene Weltregionen auswirkt.

"Die Klimakrise betrifft vor allem die Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben, allen voran der globale Süden", sagt Hofmann. "Gleichzeitig sind jedoch Länder des globalen Nordens für die Auswirkungen verantwortlich, genau das ist Klimaungerechtigkeit." Demnach sind Länder des afrikanischen Kontinents stärker von den Folgen betroffen, als beispielsweise Deutschland. Dass auch die Schüler einen bedeutenden Beitrag gegen diese Entwicklung leisten können, sei die zentrale Botschaft der Klimaaktivisten. "Wir geben den ersten Denkanstoß und wecken Interesse, sodass sich die Schüler im Anschluss weiter über Klimaschutz informieren und langsam ins Handeln kommen können, wenn sie das möchten", sagt Hofmann. Sie sehe das als den ersten Schritt hin zu einer Veränderung.

Die Ausarbeitung der Schulworkshops entstand in einem langen Prozess. Das Team aus Abiturienten, Studenten und ehemaligen Schülern begann im November vergangenen Jahres mit der Vorbereitung. Während wöchentlichen digitalen Videokonferenzen entwarfen sie über Monate hinweg Ideen, diskutierten und stellten schließlich ein fertiges Konzept auf die Beine. Anfang Mai war es so weit, an der Carl-Steinmeier-Mittelschule in Höhenkirchen und der Maria-Ward-Realschule in München starteten sie einen ersten Pilotversuch.

In Workshops wird das Thema Klimagerechtigkeit vertieft. (Foto: Privat)

Seitdem haben die jungen Klimabotschafter in Zweierteams an sechs Münchner Schulen 15 Klassen besucht. Insgesamt konnten sie so fast 300 Schüler auf das Thema Klimagerechtigkeit aufmerksam machen. Gymnasien, Realschulen, Mittelschulen und Montessori Schulen - wichtig sei es, alle Schularten und alle Altersgruppen abzuholen. Das stelle das Team wiederum vor immer neue Herausforderungen. "Je nach Alter haben wir festgestellt, dass wir die Inhalte anders rüberbringen müssen. Während wir bei jüngeren eher bildlich und räumlich arbeiten, kommen bei älteren Schülern bereits politische Diskussionen zustande", sagt Hofmann.

In einer fünften Klasse teilten Hofmann und ihr Team jedem Schüler eine Rollenkarte mit einem Land zu. Einige Schüler vertraten Länder des globalen Südens, wie Kenia, Sudan oder Bangladesch. Andere erhielten Karten mit Ländern des globalen Nordens, wie Deutschland, USA oder Russland. Im nächsten Schritt wurden ihnen Fragen gestellt: Ist dein Zuhause von Überflutungen, Trockenheit oder Hungersnöten bedroht? Ist dein Land politisch mächtig und hat Einfluss auf die internationale Politik? Sobald eine Frage mit Ja beantwortet wurde, traten die Schüler einen Schritt nach vorne. "Am Ende konnten die Schüler sehen, dass die ärmeren, stärker betroffenen Länder hinten und die reicheren, weniger betroffenen Länder weiter vorne stehen. Durch die räumliche Darstellung wurde ihnen die Klimaungerechtigkeit bewusst", sagt Hofmann.

Bei älteren Schülern liege der Fokus stärker auf klimapolitischen Fragen. Die Rolle von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werde in Diskussionen besprochen. Was kann in der Politik getan werden? Warum wird nicht gehandelt? "Unser Ziel ist es dabei nicht, den Schülern unsere Weltsicht überzustülpen, jeder Schüler soll sich seine eigene Meinung bilden", sagt Hofmann. Wichtig sei es nicht nur, das Bewusstsein zu schaffen, sondern auch einen Blick in die Zukunft zu werfen: Was und wer beeinflusst mein Verhalten? Was können wir besser machen? Am Ende der anderthalbstündigen Veranstaltung erarbeiten und diskutieren die Schüler in Kleingruppen mögliche Lösungen. Neben Verhaltensweisen, die der Einzelne im Alltag ändern kann, werden auch Maßnahmen besprochen, die von Politik und Wirtschaft in die Hand genommen werden müssen.

"Unser Team ist sehr jung, dadurch haben wir einen entscheidenden Vorteil: Das Lernen findet auf Augenhöhe statt", sagt Hofmann. Die geringe Distanz zwischen ihnen und den Schülern mache es ihnen deutlich einfacher, die Inhalte rüberzubringen. Community Klima ist ein deutschlandweiter Verein, der Schulen dabei unterstützt, nachhaltiger und ressourcensparender zu werden. Mitgliedsschulen des Netzwerks können sich austauschen und gemeinsame Aktionen umsetzen. "Community Klima wird direkt an Schulen aktiv", sagt Hofmann. Denn Schulen kommt eine ganz besondere Aufgabe zu. Die Schüler von heute sind die Entscheider von morgen, die die prognostizierten Klimaänderungen zu tragen haben werden. Möglicherweise werden unter ihnen auch diejenigen sein, die zukünftig entscheidend zur Lösung des Klimaproblems beitragen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: