Kita-Streik:Indiskutable Reaktionen

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Drohbriefe an die Erzieherinnen sind unzulässige Mittel

Von Julia Bergmann

Hört man von Anfeindungen und Drohbriefen gegen Olchinger Erzieherinnen, muss der Druck, den die Eltern durch den Kita-Streik empfinden, im Unermesslichen liegen. Natürlich, wenn es niemanden im Bekannten- oder Familienkreis gibt, der die Betreuung der Kinder übernehmen kann, ist das schmerzhaft. Wenn dann auch noch der eigene Beruf unter dem Erzieherinnen-Ausstand leiden muss, etwa weil sich Eltern unbezahlten Urlaub nehmen müssen, ist das ungerecht. Das wissen nicht nur die Eltern, das wissen auch die Gewerkschaften und die Erzieherinnen, die bei jeder noch so kleinen Gelegenheit auf ihr schlechtes Gewissen und ihr Mitgefühl hinweisen. Aber bei allem Verständnis für diese Nöte dürfen auch Eltern ihre Augen für die "andere Seite" nicht verschließen.

Sie dürfen nicht außer Acht lassen, dass die Erzieherinnen momentan lediglich Gebrauch von ihrem Recht machen, den Streik als Mittel im Arbeitskampf einzusetzen, um auf einen besseren Tarifvertrag zu drängen. Drohbriefe zu schreiben, je nach Inhalt damit sogar eine Straftat zu verüben, weil jemand von einer ihm von Gesetzeswegen zustehenden Möglichkeit gebrauch macht, ist grundsätzlich kein zu duldendes Mittel. Erst recht nicht dann, wenn man sich vor Augen führt, dass in der vergangenen Woche nicht einmal die Hälfte der Betreuungsplätze, die in den Olchinger Notgruppen zur Verfügung standen, von den Eltern angenommen wurden.

Wie groß kann also der Leidensdruck derjenigen sein, die sich offenbar dazu gezwungen sehen, zu Mitteln wie Drohbriefen zu greifen, wenn mehr als 50 Plätze in der Olchinger Notbetreuung nicht in Anspruch genommen worden sind? Völlig unbegreiflich ist darüber hinaus, dass eben jene Personen eine Menge Zeit darauf verwenden, die Privatadressen von Erzieherinnen ausfindig zu machen, wenn diese doch besser in die Organisation einer geeignete Unterbringung der Kinder investiert wäre. Eine Google-Anfrage oder ein Klick auf die Homepage der Stadt hätte nur ein paar Sekunden gedauert, um das Problem zu lösen. Dort kann man das Angebot der Olchinger Notgruppen leicht finden.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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