Kirche:Abschied und Neubeginn

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Dekan Stefan Reimers vor der Erlöserkirche in Fürstenfeldbruck, in der er auch als Pfarrer wirkte. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Stefan Reimers verlässt nach acht Jahren als Dekan der evangelisch-lutherischen Kirche in Fürstenfeldbruck den Landkreis. Künftig wird er Personalchef der Landeskirche in München. An diesem Sonntag findet ein Festgottesdienst zu seinen Ehren statt

Von Ekaterina Kel, Fürstenfeldbruck

Die niedrigen Decken des länglich geschnittenen Büros, in dem Stefan Reimers seine Arbeit verrichtet, mögen auf den ersten Blick bedrückend wirken. Dem sei aber keineswegs so, versichert der großgewachsene Reimers: "Hier ist trotzdem ganz viel Raum für große Gedanken." Diesen Satz richtet der Dekan der evangelisch-lutherischen Kirchen in Fürstenfeldbruck schon mal an seinen Nachfolger, dessen Name erst in den kommenden Wochen feststehen wird. Zum 1. Juli wechselt Reimers in ein Büro am Königsplatz in München. Er wird dort den Posten des Personalchefs der Landeskirche antreten. Der offizielle Verabschiedungsgottesdienst für den 53 Jahre alten Dekan findet an diesem Sonntag um 15 Uhr an in der Erlöserkirche statt.

Man solle sich nicht in die Nachfolge einmischen, sagt Reimers, schließlich soll jemand kommen, der eine andere Perspektive habe. Reimers blickt lieber auf die vergangenen acht Jahre seiner Arbeit im Landkreis zurück - und das mit aufrichtig liebevollem Blick. "Mir bleibt rückblickend eine tolle Zeit mit den Menschen, mit denen ich zusammengearbeitet habe", sagt er. Nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiter, sondern auch ausdrücklich die vielen ehrenamtlichen werden ihm in guter Erinnerung bleiben. Auch die Vielfalt der zwölf Kirchengemeinden im Landkreis weiß Reimers zu schätzen. "Sie sind alle stolz und lebendig und haben ganz viel Freude an ihrem Glauben." Und ganz ohne falsche Sentimentalitäten sagt er, die Erinnerung an all diese Menschen nehme er "als große Kraft" mit in die Landeshauptstadt.

Eins der wichtigsten Anliegen des Dekans war die Arbeit an einem wachsenden Zusammenhalt der Ökumene. Man solle die Unterschiede nicht ausbügeln, sie im Gegenteil als Möglichkeit begreifen, miteinander im Gespräch zu bleiben. "Wir schwächen uns, wenn wir Ökumene nicht zusammen gestalten und feiern." In den vergangen Jahren hat Reimers zusammen mit dem früheren katholischen Dekan Albert Bauernfeind viel Augenmerk auf die Ökumene gelegt. "Ohne ihn wäre das nicht gegangen", sagt Reimers über seinen katholischen Kollegen, der vorigen Herbst aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurücktreten musste. Über Bauernfeinds momentanen Zustand kann Reimers nichts sagen, jedoch hält er an der Idee einer starken Gesamtchristenheit fest. "Wir müssen zusammen eine starke christliche Stimme bilden."

Ob Reimers einen expliziten Bedarf nach einer starken christlichen Stimme spürt? "Das steckt in uns Christen selbst drin." Sie hätten den Auftrag von Gott erhalten, mitten unter die Menschen zu gehen und sie aufzuklären. Man müsse, so Reimers, zum Beispiel darauf aufmerksam machen, wie ungerecht Reichtum verteilt sei oder dass Streit auch im Frieden möglich sei. Und aus einem starken Selbstbewusstsein heraus, wenn man weiß, wer man selbst ist, könne man eben auch einen guten Beitrag zur Integration leisten.

Eine selbstbewusste Kirche gehe eben hinaus, mache beispielsweise Taufen im öffentlichen Raum, so Reimers. Nichts für jedermann, das weiß er aus eigener Erfahrung. Als er einmal einen Dreijährigen vor der gesamten Gemeinde der Erlöserkirche taufen sollte, lief dieser ihm vor lauter Scheu immer wieder davon. Partout wollte der Bub es nicht vor aller Augen tun. Reimers hatte Nachsicht: Ein paar Tage später taufte er den Jungen im Wohnzimmer der Familie. Eine kleine Anekdote, die ihm neben ganz vielen anderen in Erinnerung bleiben wird.

Auf Tiefsinniges legt Reimers in seinem Leben auch Wert. Er würde sich zum Beispiel gerne damit beschäftigen, wie unterschiedliche Wahrheitsansprüche bestehen können. Das passt gut, denn für theologische Grundsatzfragen hat Reimers in Zukunft mehr Zeit. Zumindest muss er nicht mehr regelmäßig predigen. Von Juli an ist er bloß "ein gewöhnliches Mitglied" einer Kirchengemeinde. Vermutlich wird es die Sankt-Lukas-Gemeinde im Lehel sein. An Weihnachten wird Reimers deshalb auch seit 22 Jahren zum ersten Mal wieder ein Fest feiern, an dem er nicht noch mehrere Gottesdienste halten wird. Das Talar-Tragen wird er sich trotzdem nicht völlig abgewöhnen müssen - als Personalchef der Landeskirche wird er immer wieder Pfarrer feierlich in ihren Dienst einführen dürfen - mit einem Gottesdienst.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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