Kammermusik:Bruchlose Übergänge

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Die Virtuosität, mit der die Damen von "Salut Salon" zwischen verschiedenen Tätigkeiten auf der Bühne des Stadtsaals wechseln, ist atemberaubend. (Foto: Günther Reger)

"Salut Salon" verbindet musikalische Gegensätze

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

"Frauenpower" könnte als Motto über der Veranstaltung von "Salut Salon" stehen, die kurz vor dem Fest im Stadtsaal stattfand. Die Mitglieder des Quartetts sind ausschließlich weiblich. Die Idee, dass die Performance etwas mit Multitasking zu tun hat, drängt sich dabei zwangsläufig auf. Die Virtuosität, mit der die Damen zwischen verschiedenen Tätigkeiten auf der Bühne wechseln, ist atemberaubend. "Weihnachten im Quartett" heißt das Programm, mit dem Salut Salon gastiert. Dabei lassen die Damen keine Spielart aus: Von der leisen Andeutung einer Situation bis zu ihrer sehr lebensnahen Schilderung, vom Stress unter dem Weihnachtsbaum bis zum Zickenkrieg unter vier Frauen - nichts bleibt unerwähnt. Das Quartett mit Iris Siegfried (Violine), Angelika Bachmann (Violine), Sonja Lena Schmid (Violoncello) und Olga Shkrygunova (Klavier) bedient sich zur Freude des Publikums reich am Erfahrungsschatz Weihnachten.

Es beginnt mit dem Weihnachtslied schlechthin, "Stille Nacht, heilige Nacht". So, wie das Kind aus Betlehem in die Welt, so schleicht sich das Lied sozusagen auf die dunkle Bühne: Gesummt und wie aus dem Nichts verbreitet sich der Gesang im Saal, geht dann aber nahtlos in hektische Weihnachtsvorbereitungen über - wer kennt diesen Spagat nicht? Die Melodie von "Morgen kommt der Weihnachtsmann" hat Ernst von Dohnányi für seine Variationen op. 25 als Thema ausgewählt. Was für großes Orchester und Klavier komponiert ist, holt Salut Salon quasi in das kammermusikalische Wohnzimmer des Stadtsaals: Die große Welt im Kleinen, sprich die punktgenauen und stilistisch treffsicheren Arrangements meist für zwei Geigen, Violoncello und Klavier, gehören zu den großen Stärken von Salut Salon. Die dezente Verstärkung, die dabei zum Einsatz kommt, wirkt nicht störend, im Gegenteil: Die Zuhörer fühlen sich akustisch näher am Geschehen dran.

Da ist es schon bemerkenswert, wie das Quartett die Kurve vom swingend-kitschigen "Mr. Sandman" aus dem Jahr 1958 zum festlich-barocken Allegro-Satz aus dem Weihnachtskonzert von Arcangelo Corelli findet. Allein der Sekt, der in Strömen auf der Bühne fließt, kann es nicht gewesen sein. Bruchlose Übergänge zwischen oft gegensätzlichen musikalischen Welten zu moderieren, ist wesentlicher Teil des Spannungsbogens, der sich hier durch das Programm zieht. Dazu gehört auch die neuartige Kombination von Spielmöglichkeiten: Eine Geigerin streicht mit ihrem Bogen auf der Geige, die eine andere hält, die Pianistin spielt den Anfang von Mozarts Sonata facile auf dem Rücken liegend und über dem Kopf. Eine weihnachtliche Idee war es, die Puppe Oskar Klavier spielen zu lassen. Zumindest aus einiger Entfernung hatte es tatsächlich den Anschein, als würde Oskar selbst spielen.

Nach der Pause nahm der Show-Charakter zu, zugleich aber auch die Schnittfolge der musikalischen Ausschnitte, beispielsweise im TV-Medley. Damit verloren die Pluspunkte des ersten Teils, wie doppelbödige Bemerkungen und stringente Gedankenführung, an Bedeutung. Dem Publikum gefiel es trotzdem, es applaudierte fast grenzenlos.

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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