Jugendgerichtshilfe in Fürstenfeldbruck:Beistand für Opfer und Täter

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Wenn Minderjährige mit dem Gesetz in Konflikt kommen oder Opfer einer Straftat werden, sind sowohl die Jugendlichen als auch deren Eltern oft überfordert, die Folgen zu bewältigen. Hilfe im Umgang mit Polizei und Justiz kommt in dieser Situation ausgerechnet von einer Behörde.

Ariane Lindenbach

Darf die Polizei Minderjährige ohne Einwilligung der Eltern befragen oder sie verhören? Müssen sie vor Gericht als Zeugen aussagen? Welche Rechte haben Eltern, wenn ihr noch nicht volljähriges Kind mit dem Gesetz in Konflikt gerät? Um Minderjährige und Eltern über Rechte und Pflichten im Jugendstrafverfahren aufzuklären, gibt es nun erstmals einen Leitfaden, in dem Antworten auf solche Fragen gegeben werden. Vertreter der Jugendgerichtshilfe Fürstenfeldbruck haben ihn gemeinsam mit einem namhaften Experten für das deutsche Jugendstrafrecht erstellt.

Professor Doktor Heribert Ostendorf leitet die Forschungsstelle für Jugendstrafrecht und Kriminalprävention an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, zuvor war er Jugendrichter. Werner Mesenzehl-Reinwald, Jugendgerichtshelfer in Fürstenfeldbruck, kennt ihn als "Koryphäe des deutschen Jugendstrafrechts". Schon länger mit dem Fachmann bekannt und in der Praxis immer wieder mit den gleichen Fragen von betroffenen Jugendlichen, Heranwachsenden (so nennen Juristen 18- bis 21-Jährige, weil für sie noch Jugendstrafrecht angewendet werden kann) und ihren Eltern konfrontiert, stammt von ihm die Initiative für den Leitfaden. Mit den Kolleginnen Ursula Schroll aus Fürstenfeldbruck, Christa Muggenthaler von der Jugendgerichtshilfe in Ingolstadt und Martina Neubauer vom Landesjugendhilfeausschuss erarbeitete er ein Grundgerüst für den Leitfaden mit den wichtigsten Fragen und Antworten zu allen Phasen eines Verfahrens - von den Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft bis zum Gerichtsverfahren. Ostendorfer bekam die Vorlage via Internet und kümmerte sich um die juristische Korrektheit.

Sowohl Mesenzehl-Reinwald als auch Ostendorf halten die elf Seiten lange, verständlich geschriebene Informationsbroschüre für "sehr wichtig". Denn auch die meisten Eltern sind in juristischen Dingen absolut unerfahren. Bekommen sie oder ihre Kinder es als Zeuge, Opfer oder Beschuldigter mit der Judikative zu tun, sind sie zumeist überfordert - sie wüssten nicht über ihre Rechte und Pflichten Bescheid, so Ostendorf. Da der Rechtsstaat aber im Strafverfahren ein bestimmtes Verhalten von Angeklagten sowie Zeugen verlangt, hält er eine verständlich geschriebene Informationsbroschüre für "nicht nur notwendig, sondern fast schon geboten". Denn auch wenn Rechtsbelehrungen beispielsweise einer Ladung zum Gericht automatisch beigefügt seien: Die wenigsten verstehen sie. Denn, so Ostendorf, die juristische Fachsprache sei für Laien kaum verständlich.

Momentan wird der Leitfaden nur über das Internet verbreitet (etwa von der Homepage des Landratsamtes kann er heruntergeladen werden unter der Adresse www.lra-ffb.de/pdf/32/Leitfaden_RechtePflichten.pdf). Ostendorf hofft allerdings, dass er eines Tages in gedruckter Form in jedem Jugendamt in Deutschland ausliegt. Damit alle Betroffenen ihn ganz einfach mit nach Hause nehmen können.

© SZ vom 27.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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