Jugendgericht:Führerschein ist erstmal weg

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Fahranfängerin wegen riskantem Überholmanöver verurteilt

Millisekunden entscheiden im Straßenverkehr bisweilen über Leben und Tod. So auch bei einem äußerst riskanten Überholmanöver, das eine Fahranfängerin im Mai auf der Strecke zwischen Gröbenzell und Olching hinlegte. Wegen eines entgegenkommenden Fahrzeugs zog sie viel zu früh wieder auf ihre Spur hinüber und touchierte das Auto des Überholten, so dass dieser schräg zur Fahrbahn zum Stehen kam. Weil die 18-Jährige trotz des Zusammenstoßes auch noch weiterfuhr, hat sie das Jugendgericht am Dienstag wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung, fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu 500 Euro Geldstrafe verurteilt. Ihr Führerschein auf Probe wurde eingezogen, vor Ablauf von zehn Monaten darf ihr die Führerscheinstelle keine neue Fahrerlaubnis ausstellen.

"Es tut mir sehr leid", und sie hoffe, dass die Anwesenden dergleichen nicht noch einmal erleben müssten, begann die 18 Jahre alte Puchheimerin, die damals mit ihrem Freund im Auto gesessen war. Die Angeklagte gab von Anfang an zu, ihren Vordermann überholt zu haben und weitergefahren zu sein. "Er kam mir so langsam vor", deshalb habe sie ihn überholt; ein Überholverbot habe sie an der Stelle gar nicht wahrgenommen. Doch dann sei ihr auch schon ein Auto entgegengekommen. Nach den Ausführungen der 18-Jährigen hatte sie schon bemerkt, dass sie dem Überholten in den Kotflügel gekracht war. Sie sei aber weitergefahren, weil sie gedacht habe, dort auf der engen Landstraße sei es zu gefährlich zum Anhalten. Die Angeklagte, deren Mutter die Verhandlung als Zuhörerin verfolgte, berief sich darauf, unter Schock gestanden zu sein.

Deshalb, so ihre weitere Aussage, sei sie zunächst weiter gefahren. Die Puchheimerin stoppte in Olching am Ortseingang bei einer Tankstelle. Der Überholte, ein Mann in den Fünfzigern, hatte die Verfolgung trotz Schock und zittriger Knie aufgenommen, wie er in der Verhandlung betonte.

Auch vier Monate nach dem Unfall merkte man diesem Zeugen noch an, wie sehr ihn das Erlebnis schockiert hatte. Der BMW Mini der Angeklagten sei regelrecht "vorne rechts in meinen Kotflügel eingeschlagen", sein zwei Tonnen schweres Fahrzeug sei durch den Aufprall "ganz schön versetzt" worden. Am Ende sei sein Wagen schräg zur Fahrbahn dagestanden, berichtet der Zeuge. Sein Auto habe er nach der Kollision verschrotten müssen, die Versicherung der Angeklagten hatte ihm aber nur 2000 statt der von ihm veranschlagten 9000 Euro erstattet. Darüber hinaus leidet der Mann auch noch nach vier Monaten an Beschwerden der Halswirbelsäule, besser bekannt als Schleudertrauma.

"Meiner Meinung nach ist das Auto vor uns sehr langsam gefahren." Die Schilderung des Freundes der Angeklagten klang fast, als hätte es gar nicht gekracht. "Wir sind noch so durchgekommen", beschrieb er zunächst das Überholmanöver. Doch Jugendrichterin Anna Kappenschneider hat genug Erfahrung, um eine unwahre oder zumindest sehr beschönigende Aussage von einer wahren zu unterscheiden. Ein paar strenge Nachfragen, ein paar Erinnerungen an frühere Begegnungen vor Gericht, und der Freund der Puchheimerin räumte ein, dass er sehr wohl bemerkt hatte, wie es damals gekracht hatte. Mehr Information brauchte es nicht mehr.

"Die Angeklagte hat den Unfall bemerkt, sie hat sich vom Unfallort entfernt", fasste die Staatsanwältin zusammen. Ihr Antrag auf 350 Euro Geldstrafe und ein Jahr Führerscheinsperre war deutlich höher als die Empfehlung der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe: 200 Euro und ein Verkehrsseminar. Mit ihrem Urteil ging die Jugendrichterin bei der Geldstrafe noch etwas höher. Ein Entzug der Fahrerlaubnis sei in solch einem Fall unumgänglich, erläuterte sie. Für die Puchheimerin bedeutet das Urteil, dass sie wohl erneut eine Fahrprüfung ablegen muss.

© SZ vom 06.09.2017 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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