Jesenwang:Gefährliche Begegnung

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Eine Ampel regelt den Kreuzungsverkehr des Flughafens Jesenwang und der Ortsverbindungsstraße nach Adelshofen. (Foto: Matthias Döring)

In Jesenwang sollen landende Flugzeuge eine Radlerin erschreckt haben. Das Ermittlungsverfahren gegen einen der Piloten aber wird eingestellt. Die Polizei sieht keine Sicherheitsdefizite

Von Ingrid Hügenell, Jesenwang

Bei der jüngsten Versammlung der "Bürgervereinigung Fluglärm" ist es einem Bericht des Vorsitzenden Peter Schöberl zufolge darum gegangen, dass angeblich Verkehrsteilnehmer durch landende Flugzeuge gefährdet werden. Die Ortsverbindungsstraße Jesenwang - Adelshofen liegt in der Einflugschneise. Befindet sich ein Flugzeug im Landeanflug, schaltet eine Ampel auf Rot, Autofahrer, Fußgänger und Radler müssen dann anhalten. Der Pilot sieht ein entsprechendes Signal, das ihm anzeigt, dass er landen darf.

Wie Schöberl mitteilt, habe in diesem Jahr mehrfach die Gefahr bestanden, dass ein Flugzeug mit einem Radler zusammenstößt. Er sieht eine hohe Lebensgefahr gegeben, weil "die Verkehrsampel immer mal wieder für die Straßen- und Radwegbenutzer auf Grün steht, während sich ein in geringster Höhe zum Landen ansetzendes Flugzeug dem Flugplatz nähert". Dass die Ampel vom Flugleiter geschaltet wird, bezeichnet Schöberl als rechtswidrig. Dieser Einschätzung widerspricht das zuständige Luftamt Süd.

Tatsächlich sind zwei derartige Vorfälle heuer bei der Polizei angezeigt worden, beide von der selben Radlerin, einer 64-jährigen Frau. Eine Anzeige erfolgte im April, die zweite erst Mitte November. Die Frau gab an, bei Grün in die Einflugschneise gefahren zu sein, dennoch habe sich ein landendes Flugzeug genähert. Der Polizei zufolge startete das Flugzeug in beiden Fällen durch. Die zweite Anzeige hat die Polizei noch in Bearbeitung, die erste war schon bei der Staatsanwaltschaft. Die hat das Ermittlungsverfahren gegen den Piloten jedoch eingestellt, "weil es keine konkrete Gefahr für die Radlerin und ihren Enkel gab". Das teilte Andrea Mayer, die Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft München II, mit.

Michael Fischer, stellvertretender Leiter der Fürstenfeldbrucker Polizeidienststelle, kann die Argumentation Schöberls nicht recht nachvollziehen. "Am Flugplatz herrscht im Sommer sowohl am Boden wie in der Luft reger Flugverkehr", sagt er. Dafür passiere sehr wenig. "Abgesehen von den beiden Anzeigen wissen wir von keinerlei Problemen. Das spricht bei der hohen Flugfrequenz dafür, dass die Regelung funktioniert."

So sieht es auch das Luftamt Süd, das damit betraut ist, den Flugplatz zu überwachen. "In den vielen Jahren des Bestehens der Ampelregelung sind uns keine konkreten Unfälle aufgrund der Ampelregelung bekannt", teilt eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern mit. Das Luftamt ist Teil der Regierung. Gleichwohl stehe die Regelung bei regelmäßigen Aufsichtsterminen am Flugplatz besonders im Fokus des Luftamts. "Dieses überprüft - auch unangekündigt -, ob die Ampel bei Flugbetrieb korrekt geschaltet wird. Bei den letzten Aufsichtsterminen kam es hier nicht zu Beanstandungen", erklärt die Sprecherin weiter.

Es gelte die Regelung, dass die Flugleiterin beziehungsweise der Flugleiter die Ampel steuern müsse. Sobald ein Luftfahrzeug zur Landung in den Endanflug eindreht, müsse die Ampel auf Rot gestellt werden. "Diese Ampelregelung ist rechtlich zulässig", betont die Sprecherin. Sie erklärt weiter, was passiert, wenn ein Verkehrsteilnehmer während der Rotphase in der Einflugschneise stehen oder liegen bleibt. "Dann startet das landende Luftfahrzeug durch. Dies ist kein Notfall, sondern Teil der Regelung - auch wenn diese Fälle teilweise als Verstoß zur Anzeige gebracht werden."

Flugleiterin Sylvia Streifeneder weist darauf hin, dass an der Straße Schilder stehen, die darauf hinweisen, dass man auf anfliegende Flugzeuge achten muss. Sie kann sich an einen Fall erinnern, in dem ein Pilot gelandet sei, nachdem eine Radlerin schon wieder aus dem Bereich der Einflugschneise herausgeradelt war. Wenn sich in den gefährdeten Bereich noch Menschen befänden, starteten die Piloten durch, erklärt auch Streifeneder.

Die Bürgervereinigung Fluglärm wehrt sich schon seit 1990 gegen den Flughafen. In ihrer Hochzeit habe sie "weit über 200 Mitglieder gehabt", sagt Schöberl. Nun sind es noch etwa 150. Sie kommen aus Orten rund um den Ammersee, aber auch aus München, und prangern die Begleiterscheinungen des Luftverkehrs wie Lärm, Luft- und Grundwasserverschmutzung an. Bei der Versammlung wurden auch nächtliche Hubschrauberflüge thematisiert, die zwar genehmigt seien, aber massiv störten. Gesprochen wurde auch über das Mähen des außerhalb des Flugplatzes gelegenen Vereinsgrundstücks, um den Flugverkehr überhaupt zu ermöglichen. Für das Jahr 2017 hat die Bürgervereinigung 32 062 Flugbewegungen gezählt, im Durchschnitt sind das 88 pro Tag.

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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