Jahreswechsel in Fürstenfeldbruck:Das etwas ganz andere Silvester

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Auf ein gemeinsames Feuerwerkserlebnis wie hier in Puchheim müssen die Landkreisbürger in diesem Jahr verzichten. Das verbietet zum einen die gültige Ausgangssperre; zum anderen wird auch das Verkaufsverbot dafür sorgen, dass nicht allzu viele Raketen in den Himmel steigen werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wegen der nächtlichen Ausgangssperre und des Verkaufsverbots von Feuerwerken wird der Jahreswechsel diesmal ungewöhnlich. Polizei und Rettungsdienste erwarten im Landkreis eine eher ruhige Nacht

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Der Jahreswechsel wird dieses Mal anders als sonst. Die Ausgangssperre zwischen 21 und fünf Uhr gilt auch in der Nacht auf den 1. Januar, und es ist nur der Besuch von einem anderen Haushalt mit insgesamt höchstens fünf Personen über 14 Jahren erlaubt. Außerdem ist der Verkauf von Silvester-Feuerwerken in diesem Jahr verboten. Die Stadt Nürnberg hat sogar einen flächendeckendes Verbot für das Entzünden von Feuerwerkskörpern erlassen, für den Landkreis Fürstenfeldbruck gilt unterdessen: Es darf geballert werden, so lange man nicht das eigene Reich verlässt: Raketen und Knaller müssen im Garten oder vom Balkon aus abgefeuert werden. Silvester wird also dieses Mal ganz anders. Was bedeutet das für die Institutionen, die von der Knallerei und den Partys in der ein oder anderen Weise besonders betroffen sind?

Polizei und Feuerwehr

Nachdem die Ausgangssperre jetzt schon rund zwei Wochen in Kraft ist und sich die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung daran hält, ist man in den Polizeiinspektionen in Fürstenfeldbruck, Germering und Olching zuversichtlich, dass auch zum Jahreswechsel die pandemiebedingten Vorschriften beachtet werden. "Wir gehen nicht davon aus, dass es Silvester in eine komplett andere Richtung gehen wird", betont Andreas Ruch. Der stellvertretende Leiter der Inspektion in Germering verweist darauf, dass über die gesamten Weihnachtsfeiertage lediglich elf Personen erwischt wurden, die zwischen 21 und fünf Uhr ohne triftigen Grund unterwegs waren. Im Bereich der PI Olching gab es im gleichen Zeitraum einen Verstoß, bei den Kollegen in Fürstenfeldbruck zwei, wie Hermann Mitterer und Nina Vallentin mitteilen. Deshalb hegen die Polizeikräfte die Hoffnung, dass es diesmal an Silvester ruhig und ohne die üblichen Alkohol bedingten Un- und Ausfälle zugehen wird. Auf Personal zu verzichten, ist aber keine Option, wie Mitterer betont: "Wir fahren an Silvester nie das Personal herunter." Valentin hält sich aus polizeitaktischen Gründen bei der Personalstärke bedeckt. Auch wenn die Erfahrungen mit der Ausgangssperre auf ein ruhiges Silvester hoffen lassen, müsse die Polizei auf alles eingestellt sein, betont die Leiterin der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck. "Das ist Teil unserer Polizeiarbeit, auf Unvorhergesehenes zu reagieren", wobei sie sich von einem Unfall mit dem Raclettegrill bis zum alkoholbedingten Familienstreit alles mögliche vorstellen kann. Gewappnet für jeden Ernstfall sind auch die Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis, wie Hubert Stefan versichert. Nach Einschätzung des Kreisbrandrats dürfte aber schon allein das Verkaufsverbot von Feuerwerken zu einer ruhigeren Nacht beitragen. Die üblichen Vorfälle wie Heckenbrände oder ein in Flammen stehender Altpapiercontainer sollten dieses Jahr seltener vorkommen, hofft er.

Kreisklinik und Rotes Kreuz

"Meine Prognose ist, dass es ruhig bleiben wird. Durch die Ausgangsbeschränkungen und das Verbot von Raketenverkauf bleiben viele Leute daheim und es wird weniger gefeiert" Der kaufmännische Direktor der Kreisklinik, Marcus Schlund, geht von einer ungewöhnlich ruhigen Nacht für die Notaufnahme aus. Weil die Leute weitgehend gezwungen sind, zu Hause zu bleiben und nur mit wenigen anderen zusammentreffen, rechnet er sowie Rainer Bertram, Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes in Fürstenfeldbruck,mit deutlich weniger Verkehrsunfällen so wie alkoholbedingten Streitereien; auch Brandverletzungen sollte es wegen des Verkaufsverbots von Raketen und Böller in diesem Jahr deutlich weniger geben. Personell ist man beim BRK sowie in der Kreisklinik so gut besetzt wie in anderen Jahren auch. Laut Michael Arlt, Oberarzt der Unfallchirurgie, sind an Silvester als einziger Nacht des Jahres in der Chirurgie drei statt zwei Ärzte im Dienst. "Ausgangssperre heißt ja nicht unbedingt, dass die Leute weniger Alkohol trinken", spielt Bertram auf die vielen Auseinandersetzungen an, die in der Silvesternacht Alkohol bedingt eskalieren.

Der Einzelhandel

Mit dem sprichwörtlichen Achselzucken reagiert eine Sprecherin des AEZ in der Schöngeisinger Straße in Fürstenfeldbruck auf das Verkaufsverbot von Feuerwerken. "Kosten und Nutzen wiegen sich auf", da aus Sicherheitsgründen permanent ein Mitarbeiter das explosive Material überwachen muss. Umsatzeinbußen befürchtet sie daher nicht. Das Geschäft mit den Feuerwerkskörpern mache auch nur etwa ein halbes Prozent des Dezember-Umsatzes aus. Von Kundenseite wurde bisher auch nicht danach gefragt. Ihr Eindruck: Das Verkaufsverbot und die anderen Einschränkungen zum Jahreswechsel wurden früh genug kommuniziert, die Menschen haben sie akzeptiert und ihre Feiertags-Einkäufe früher erledigt. Die Baumärkte, wo es sonst auch Feuerwerkskörper zu kaufen gibt, sind aktuell für Privatkunden geschlossen.

Jäger und Vogelpark

Jägern, Haustierbesitzern und Naturfreunden kommen die Beschränkungen wie gerufen. "Wir sind nicht unglücklich, dass es dieses Jahr so ruhig bleibt, weil es gibt immer wieder Leute, die gehen an Silvester in den Wald und zünden Feuerwerkskörper an", sagt Gerhard von Hößlin. Der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes mit seinen rund 400 Mitgliedern berichtet von tagelang verstörten Tiere im Wald, aber auch zu Hause. Denn viele Jäger besitzen einen Hund, und die erleben das laute bunte Schauspiel mitten in der Nacht als reine Qual - wie die meisten Tiere. "Für die Vögel ist es einfach eine Katastrophe", berichtet Daniela Kuchenbauer vom Vogelpark in Olching. Etwa fünf oder sechs der 15 aktiven Vereinsmitglieder verbringen den Jahreswechsel regelmäßig auf dem Areal neben dem Volksfestplatz, der laut Kuchenbauer gerade an Silvester ein beliebter Treffpunkt ist. Die Vogelliebhaber sperren die kleinen Vögel in ihre Volieren, bevor es richtig losgeht und hoffen bei den größeren - Eulen, Pelikane, Emus - dass sie das Spektakel unbeschadet überleben. Leider ist das nicht immer so. "Natürlich haben wir es immer wieder mal, dass sie sich das Genick brechen", etwa wenn so ein Feuerwerkskörper in ihrem Käfig landet und sie in Panik geraten. Daniela Kuchenbauer betont, dass sie keinem die Freude am Silvesterfeuerwerk nehmen möchte - die Nachbarschaft sei eben herausfordernd: "Vogelpark und Volksfestplatz, das ist einfach schwierig."

Alternativen

Die Stadt Germering hat auf www.germering.de unter dem Hashtag #BöllerFreiInsNeueJahr Anregungen zusammengestellt, wie der Jahreswechsel trotz Einschränkungen gelingen kann, darunter ein Online-Krimi-Dinner oder ein virtueller Spieleabend mit Freunden. Dazu gibt es Fakten zu Feuerwerken, die vielleicht zu einer kritischeren Haltung beitragen. Zum gemeinsamen Singen von Beethovens "Freude schöner Götterfunken" ruft das Blasorchester und der evangelischen Posaunenchor Puchheim um Mitternacht auf. Alle sind zum Mitmachen aufgerufen, neben der eigenen Stimme und vorhandenen Instrumenten lassen die Organisatoren auch Töpfe, Topfdeckel, Kochlöffel, eben schlicht "alles, was klingt", gelten. Noten können bei Sa- bine Januschko unter der Telefonnummer 089/89020822 oder per E-Mail ( Januschko@t-online.de) angefordert werden. Die Grünen im Landkreis Fürstenfeldbruck appellieren an die Bevölkerung, das Budget, das sonst in den Himmel geschossen wird, diesmal der örtlichen Kultur zu spenden. Und der Bund Naturschutz Gröbenzell hätte zu einem Lagerfeuer am Rathausplatz eingeladen, wo man um Mitternacht seinen auf einen Zettel geschriebenen Wunsch in den Flammen verbrennen kann - wenn ein Zusammentreffen mehrerer Menschen möglich gewesen wäre. So aber haben die Naturschützer nur ein Plakat entworfen, das anmahnt, aus Umweltschutzgründen auf ein Feuerwerk zu verzichten.

© SZ vom 31.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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