Interview mit Veranstalter:"Musiker, die gar nicht anders können, als etwas zu riskieren"

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Dinis und Susanne Schemann sind sowohl Konzertveranstalter als auch erfolgreiche Musiker. (Foto: Maria de Almeida)

Beim Fürstenfelder Klaviersommer können die Besucher drei ganz besondere Konzerte erleben. Kuratiert wird das Programm vom Ehepaar Schemann

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Drei Konzerte in traumhafter Atmosphäre. Der Fürstenfelder Klaviersommer verspricht ganz besondere Musikerlebnisse. Bei den Konzerten haben die Besucher die Möglichkeit, Musikern zuzuhören und anschließend mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Die künstlerische Leitung haben Dinis und Susanne Schemann, die beide auch für die Klassikreihen in Fürstenfeldbruck und Gröbenzell verantwortlich sind. Im Interview spricht Dinis Schemann über Leidenschaft, Hörarbeit und die Bedeutung einer weiteren Klassikreihe.

SZ: Herr Schemann, braucht der Landkreis noch eine weitere Klassikreihe?

Dinis Schemann: Das ist jetzt eine gute Frage. Brauchen? Ich weiß es nicht. Jeder im Team ist überzeugt, dass es eine tolle Sache ist. Wir haben mit dem Klostergelände einen tollen Ort, das ganze Areal ist wie geschaffen für Veranstaltungen im Sommer. In dieser Zeit geht man doch ungern in dunkle Räume. Bei uns wird der Saal offen sein, wir holen den Flügel nach unten und die Besucher sitzen im Halbkreis um die Musiker. Im Nachklang kommt er noch einmal, man darf ihn ansprechen, vielleicht gibt es noch eine Zugabe. Wir wollen den Gästen ein ganz besonderes Erlebnis bieten. Das ist dann doch ein herrlicher Abend, etwas einmaliges, hautnahes. Deswegen finde ich, dass der Klaviersommer richtig sinnvoll ist.

Was macht die Abende neben der bemerkenswerten Atmosphäre musikalisch besonders?

Unsere Aufgabe war es, Pianisten zu holen, die für ihre Sache brennen. Musiker, die gar nicht anders können, als etwas zu riskieren. Weil es ihnen zu weh tut, einen fahlen Ton nichtfahl zu spielen, auch wenn sie damit riskieren, das er misslingt. Ich finde es besser, man fällt vorne vom Stuhl, dann ist das auch ein Erlebnis, versucht dafür aber immer die Aussage der Musik zu 150 Prozent zu erwischen, ihren Ton, den Charakter. Nur mit der Bereitschaft zu Fehlern können tolle, einmalige Konzerte entstehen, die zum Erlebnis werden. Solche Künstler haben wir gesucht und gefunden. Deswegen haben wir uns entschieden auch keine sechs oder zehn Konzerte zu machen, sondern drei. Es ist ein weiterer Gang im Klassikmenü des Landkreises. Ein kleiner, aber sehr sehr schöner Gang.

Sie haben vom Brennen für die Sache gesprochen. Wie erkennt man so etwas?

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Das Programm von Aaron Pilsan. Das Programm stand schon ewig. Es war nur nicht klar, welche Lieder ohne Worte er von Mendelsohn mitbringt. Ich habe dann mit ihm telefoniert, und er meinte zu mir, Herr Schemann, wenn ich die Abfolge spiele, dauert es nun mal 90 Minuten. Dann habe ich ihm erklärt, dass es eine knappe Geschichte bleiben soll. Irgendwann meldete er sich bei mir und sagte, ich weiß, ich bin spät dran, aber hören Sie. Dann hat er mir über das Smartphone mit einem grauenhaften Klang vorgespielt, wie er es sich vorstellen kann. Ich finde das toll. Das ist ein junger Mann, der spielt lauter Tourneen und macht sich trotzdem für jedes Programm, egal wo, solche Gedanken. Er hätte es sich ja leicht machen und irgendwas streichen können. Aber nein, das wäre für ihn kein Bogen gewesen. Und diese Begeisterung hört man in jedem Ton, den er spielt. Und deswegen wird es ein fantastischer Abend. Bundesweit verantworten Sie und ihre Frau acht Konzertreihen und nun auch zwei Klaviersommer. Wie finden Sie die richtigen Künstler für all die Konzerte?

Früher hatten wir den Anspruch, jede CD zu hören, die wir zugeschickt kriegen. Mittlerweile ist das schwer, wir haben alleine im vergangenen Jahr 500 Bewerbungen bekommen. Also haben wir gelernt, schnell durch die Produktionen durchzuhören. Da wir selbst CDs produzieren, können wir das auch gut nachvollziehen. Was ist guter Ton, weil der Tonmeister gut war, was ist eine schöne Abfolge, weil der Programmdirektor gut war, und was muss der Künstler gewesen sein, weil es gar nicht anders geht? Um die richtigen Künstler zu finden, muss mal also viel hören und dann zart bei ihnen anklopfen.

Woran liegt es eigentlich, dass Klassikkonzerte im Landkreis so gut besucht sind, gerade angesichts des Angebots in München?

Zu erst einmal glaube ich, dass es gar nicht so richtig viele gute Konzert gibt. Und wenn alle Dinge passen, wenn die Besucher merken, dass jeder auf diesen Abend hin fiebert, dann ist das was Besonderes - eben auch die Gäste.

Fürstenfelder Klaviersommer, Auftakt am Freitag, 28. Juni, mit Danae Dörken "Eine Reise von Ost nach West", zweites Konzert mit Ewa Kupiec, Freitag, 19. Juli, "Die schönsten Nocturnes von Chopin", Abschluss mit Aaron Pilsan, Freitag, 27. Juli, "Grandios und virtuos". Alle Konzerte beginnen um 20 Uhr im Stadtsaal. Abo für alle drei Konzerte ab 50 Euro, Einzelkarten im Vorverkauf 29 Euro

© SZ vom 08.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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