Internet:Lahmes Netz an den Schulen

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Mehr als die Hälfte der Einrichtungen im Landkreis kommt nicht über Internetgeschwindigkeiten von 16 Megabit pro Sekunde hinaus. Für einen modernen Unterricht müsste es zehnmal so schnell gehen

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Knapp mehr als die Hälfte der Schulen im Landkreis stehen dem nur Internetgeschwindigkeiten von maximal 16 Megabit pro Sekunde zur Verfügung. Das geht aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor, auf die der Eichenauer Abgeordnete Herbert Kränzlein verweist. Ihr zufolge ist diese Geschwindigkeit bei Weitem nicht ausreichend, um digitale Endgeräte sinnvoll im Unterricht einsetzen zu können. In einem Positionspapier des Bildungsministeriums heißt es, dass dafür mindestens 100 Megabit pro Sekunde nötig seien.

Tobias Frischholz geht sogar noch weiter. Der medienpädagogische und informationstechnische Berater für die Schulen in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau sagt: "Meiner Meinung nach braucht es mindestens 200 Megabit." Er verweist auf eine Schule in Niederbayern, die sogar 1200 Megabit erreicht. Was es bedeutet, in Zeiten der voranschreitenden Digitalisierung an einer Schule mit einer langsamen Internetverbindung auskommen zu müssen, weiß Philippe Raths. Der stellvertretende Schulleiter des Graf-Rasso-Gymnasiums in Fürstenfeldbruck betont: "Wir brauchen die schnellen Glasfaserverbindungen." Ohne diese nütze das beste medienpädagogische Konzept nichts. "Wir sind hier noch auf dem technischen Stand von Kupfer", erklärt Raths. Insgesamt drei Leitungen liefern jeweils 50 Megabit. "Das ist nicht ausreichend, wenn wir hier flächendeckend Wlan in den Klassenzimmern nutzen wollen", sagt er.

Mittlerweile gibt es eine ganze Menge an webbasierten, als pädagogisch sinnvoll bewerteten Angeboten, welche die Schüler über ihre eigenen Smartphones im Unterricht nutzen könnten. Mathe- und Physiklehrer Raths erwähnt eine Art "mobiles Physiklabor". Es erlaubt den Kindern, mit Hilfe ihrer Handys verschiedene Messwerte zu erfassen, etwa Beschleunigungen zu bestimmen. Nutzen können die Schüler solche Angebote aber nur dann, wenn sie sich mit ihren Geräten in ein leistungsstarkes Netzwerk einloggen können. Dafür braucht es schnelles Internet und eine stabile Wlan-Verbindung.

Diese Voraussetzungen sind auch in anderen Situationen wichtig. Etwa wenn Lehrfilme in den Unterricht integriert werden sollen. "Didaktische Medien werden heute gestreamt", sagt Frischholz. Die klassische Videokassette oder DVD haben ausgedient. Grundsätzlich kann Frischholz bestätigen, dass in Fürstenfeldbruck ein Großteil der Schulen unterversorgt ist. Vieles entwickle sich aber gerade weiter, sagt Schulamtsleiterin Bettina Betz. Im Rahmen des Förderprogramms Masterplan Bayern Digital II seien derzeit sämtliche Schulen im Landkreis damit beschäftigt, ein medienpädagogisches Konzept zu erarbeiten. Um die Digitalisierung an Bayerns Schulen voranzutreiben, stellt der Freistaat insgesamt drei Milliarden Euro für Schulen mit gutem medienpädagogischen Konzept bereit. Einen Teil der anfallenden Kosten werden aber auch die Schulaufwandsträger begleichen müssen.

Was die derzeit vorhandenen digitalen Strukturen angeht, ist die Situation der Schulen im Landkreis sehr unterschiedlich. Bisher lag die Frage nach der Ausstattung jedes Hauses bei der jeweiligen Schulleitung und den Sachaufwandsträgern, erklärt Betz. Die derzeit entstehenden Konzepte beschäftigen sich daher zunächst mit einer Bestandsaufnahme. Dann wird geschaut, welche Voraussetzungen neu geschaffen werden müssen. Aber auch, welche Medien auf welche Weise in den Unterricht integriert werden können und welche Kompetenzen den jeweiligen Lehrkräften noch fehlen. Laut Frischholz' sind die meisten Lehrer noch nicht ausreichend auf die Herausforderungen vorbereitet, die die fortschreitende Digitalisierung an den Schulen mit sich bringt.

Boris Hackl, Leiter des Gymnasiums Gröbenzell, findet es in diesem Zusammenhang auch wichtig, abzuwägen, wann der Einsatz moderner Technik sinnvoll ist und wann nicht. Ein gutes Beispiel für letztere sei das Vokabellernen. Die fremden Worte ganz altmodisch von Hand zu schreiben, hält er für das Verankern im Gedächtnis für essenziell. Sinnvoll eingesetzt, sei man der Digitalisierung gegenüber in Gröbenzell aber sehr positiv eingestellt. Dort ist die Schulfamilie, was die Ausstattung des Hauses angeht, schon jetzt auf einem guten Stand. "Ob es aber den Anforderungen der nächsten zehn Jahre auch noch genügen wird, ist die Frage", sagt Hackl. Aber einen Endzustand der Digitalisierung wird es in naher Zukunft wohl nicht geben.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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