Internet:Kupferner Standstreifen statt Datenautobahn

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Mit großem Einsatz haben die Stadt Fürstenfeldbruck und die Telekom für den Glasfaser-Ausbau der Internetleitungen geworben. Auch der Anwalt Michael Neuhierl hat das Angebot angenommen, auf seine schnelle Verbindung wartet er allerdings bis heute vergeblich

Von Felix Reuß, Fürstenfeldbruck

Was fließt eigentlich so durch das schöne Städtchen Fürstenfeldbruck? Klar, die Amper. Innerhalb des Ortes strömt das Wasser sogar in drei verschiedenen Armen. Aber gleich neben dem Flussbett, unter der Oberfläche, fließt noch etwas durch Fürstenfeldbruck. In gläsernen Rohren ziehen dort Datenströme unter der Stadt durch, seit drei Jahren in Hochgeschwindigkeit. Das Glasfasernetz hat mittlerweile in allen größeren bayerischen Orten Einzug gehalten und verspricht eine schnelle Internetverbindung.

Das Glasfasernetz in Bruck hat der größte Telefonanbieter Deutschlands verlegt, nachdem er in Kooperation mit der Stadt, allen voran dem ehemaligen Oberbürgermeister Sepp Kellerer, vehement dafür geworben hatte. Im Zuge des staatlichen Programms mit dem deutschlandweiten Förderverfahren "Schnelles Internet" entschloss sich die Stadt zum Ausbau und warb zusammen mit dem Anbieter, bis schließlich die benötigte Zustimmungsquote von 850 Haushalten erfüllt war. Mittlerweile ist der Stadtkern komplett "verglast", nur einige Randgebiete sind laut Anbieter noch nicht versorgt. Nicht jeder in der Stadt also surft mit den versprochenen 200 Megabit pro Sekunde. Das ist zwar auch gar nicht immer nötig, reichen den meisten Haushalten doch 100 oder 50 Mbit für ihren Datenverkehr. Allerdings sind die alten Kupferkabel aus DSL-Zeiten - damals betrug die Spitzengeschwindigkeit etwa drei Megabit pro Sekunde - noch in einigen Häusern verlegt - und bremsen die Datenströme so stark aus, dass von Spitzengeschwindigkeiten nicht mehr die Rede sein kann. Bei einem Preis von 60 Euro pro Meter verlegter Glasfaser und zusätzlichen Baukosten wurden die alten Kupferkabel nicht ausgetauscht, sondern nur durch die Glasfasern ergänzt.

Bei der Anwaltskanzlei Neuhierl in der Ludwigstraße tritt deshalb ein altes Problem auf: Wenn mehrere Internetnutzer im Haus zur gleichen Zeit größere Datenmengen abrufen, verringere sich die Geschwindigkeit dramatisch. Eigentlich hatte der Rechtsanwalt auf eine Lösung dieses Problems gehofft. Deshalb schloss er 2012 auf Werben des Anbieters und der Stadt einen Vorvertrag mit dem Anbieter auf zwei Jahre. Laut Anwalt wurden ein Jahr später Kabel im Haus der Kanzlei vom Anbieter verlegt, diese jedoch nicht an das Netz angeschlossen. Eine Internet-Verbindung bestand dennoch, wenn auch nicht besonders schnell. Auch der Obermieter beklagte, es gebe "kein Signal". Bei mehrmaligem Nachfragen bekam Michael Neuhierl unterschiedliche Erklärungen des Anbieters zu hören. Mal sei der Tarif nicht festgelegt worden, mal müsse sein Haus erst an das Netz angeschlossen werden, zuletzt war von zwei verschiedenen Glasfasernetzen die Rede.

Für die Stadt Fürstenfeldbruck war das Thema Glasfasernetz mit dem Einsammeln der 850 interessierten Haushalte abgeschlossen. In einer Absichtserklärung mit dem Anbieter wurde bestimmt, dass dieser jeden Meter verlegte Glasfaser selbst bezahlt. Infolgedessen endete auch das staatliche Förderverfahren für die Stadt, so Aliki Bornheim vom Amt für Wirtschaftsförderung in Bruck. Im Gegensatz dazu steht der Landkreis, der weiterhin Geld bezieht und zusammen mit dem Anbieter die Datenübertragung in den ländlicheren Gebieten optimieren will. Zur Verbesserung wird nun laut dem regionszuständigen Vertreter des Anbieters eine neue Methode verwendet. "Vectoring" nennt sich diese und sie soll hohe Geschwindigkeiten auch durch die alten Kupferkabel ermöglichen. Verwaltungsamtsleiter Roland Klehr sagte dazu, dass besonders Puchheim und Eichenau für dieses Verfahren in Betracht gezogen werden, die Pläne jedoch zurzeit allerdings noch von der EU geprüft werden. Andere Netzanbieter hatten die entstehende Monopolstellung besonders in ländlichen Gebieten moniert und kritisierten zudem, das Vectoring nehme die Grundlage für eine Glasfaser-Verlegung und damit Spitzengeschwindigkeiten in der Datenübertragung.

Für 2000 Euro könnte Michael Neuhierl das Haus an das Glasfasernetz anschließen lassen. (Foto: Günther Reger)

Wer ist nun also bei einem Fall wie dem der Kanzlei Neuhierl für die schnelle Verbindung zuständig? Der Einbau von Glasfaserkabeln in ein Haus kostet etwa 2000 Euro und ist somit für den Privatmann kaum zu finanzieren. Der Netzanbieter allerdings verweist auf das in Eigenfinanzierung verlegte Glasfasernetz unter der Stadt und erinnert an die rechtlich unsichere Alternative Vectoring zur langsamen Kupferverbindung. Anwalt Neuhierl allerdings fühlt sich durch die mangelnde Aufklärung der Stadt und keine Informationen darüber, wer ihm nun weiterhilft, im Stich gelassen.

© SZ vom 03.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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