Interessenskonflikte:Bürgermeister muss sich rechtfertigen

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Martin Schäfer ist seit sieben Jahren Bürgermeister von Gröbenzell, davor war er Gemeinderat. (Foto: Günther Reger)

Nach der Genehmigung der Handwerkerhalle prüft der Gemeinderat Gröbenzell, ob Martin Schäfer noch genügend Zeit für sein Amt als Rathauschef bleibt

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Übt ein Bürgermeister eine Nebentätigkeit aus, wenn er, wie zurzeit der Gröbenzeller Rathauschef Martin Schäfer (UWG), auf einer Fläche von etwa 4000 Quadratmetern in einer von ihm erworbenen Handwerkerhalle im Gewerbegebiet ein Freizeitangebot für Kreative mit zwei Lokalen schaffen will? Muss sich der Kommunalpolitiker eine solche Tätigkeit vom Gemeinderat genehmigen lassen? Und ist ein privates Geschäftsprojekt dieser Größenordnung überhaupt noch mit dem Amt eines berufsmäßigen kommunalen Wahlbeamten zu vereinbaren? Mit solchen Fragen sah sich kürzlich Schäfer im nicht öffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung konfrontiert. Das zeigt, dass mit der mehrheitlichen Zustimmung des Bauausschusses zu einem entsprechenden Bauantrag Schäfers Anfang Februar diese Angelegenheit für den Gemeinderat noch nicht erledigt ist, sondern ein Nachspiel hat.

Grundlage für die Nachfragen ist das Beamtenrecht, nach dem sich ein Wahlbeamter wie Schäfer mit seinem ganzen Einsatz dem öffentlichen Amt zu widmen hat. Nebentätigkeiten sind, wenn überhaupt, nur in einem eng begrenzten Rahmen und nur nach vorheriger Genehmigung durch den Gemeinderat zulässig. Was im Fall Schäfer nicht geschehen ist.

Obwohl sich Schäfer, was Teilnehmer berichten, in der nicht öffentlichen Sitzung kooperationsbereit gezeigt haben soll, sind dessen Kritiker mit seinen Antworten nicht zufrieden. Weil einige Widersprüche nicht geklärt werden konnten, sei das Thema Nebenbeschäftigung noch nicht vom Tisch, heißt es unisono von Mitgliedern von drei Gemeinderatsfraktionen. Obwohl das Beamtenrecht für Nebentätigkeiten enge Grenzen setzt, liegt die Schwierigkeit im Fall Schäfer darin, dass der Gemeinderat dem Rathauschef nachweisen müsste, tatsächlich im operativen Geschäft von Firmen seiner Familie aktiv zu sein. "Nur das Halten des Firmenbesitzes" ist, so das Landratsamt in seiner Funktion als staatliche Kommunalaufsicht auf SZ-Anfrage, durchaus mit der Tätigkeit eines Bürgermeisters zu vereinbaren, so lange dieser sich mit vollem Einsatz seinen öffentlichen Aufgaben widmet. Letzteres habe Schäfer bei der Sitzung hinter verschlossenen Türen auch beteuert, berichten Teilnehmer.

Wie kompliziert dieser Fall ist, verdeutlicht ein weiterer Hinweis des Landratsamts: "Insbesondere bei kommunalen Wahlbeamten kommt es durchaus häufiger vor, dass die vor Amtsantritt ausgeübte Tätigkeit von Familienmitgliedern weitergeführt wird." So vorzugehen, hatte Schäfer bereits nach seinem ersten Wahlsieg vor sieben Jahren angekündigt. Allerdings stellt das Landratsamt seine Stellungnahme unter den Vorbehalt, den konkreten Fall nicht zu beurteilen, "da eine Nebentätigkeit des Ersten Bürgermeisters in die Zuständigkeit des Gemeinderats fällt und Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß nicht vorliegen". Dieser Zuständigkeit stellt sich der Gemeinderat inzwischen. Angestrebt wird eine fraktionsübergreifende Initiative. Bürgermeister Schäfer selbst ließ eine SZ-Anfrage mit Verweis auf die Antwort des Landratsamts an die SZ, die dem Rathauschef vorliegt, mit dem Hinweis unbeantwortet, dass das Landratsamt bereits alle Fragen beantwortet habe.

Bei der Abwägung des Verhaltens des Wahlbeamten geht es nicht nur darum, welchen Zeitaufwand mögliche private Tätigkeiten als Geschäftsmann erfordern, sondern auch um die Berücksichtigung von Interessenkonflikten zwischen privatem und dienstlichem Engagement. Geregelt ist das im Bayerischen Beamtengesetz und im Nebentätigkeitsrecht für kommunale Wahlbeamte. Dass ein Bürgermeister neben seinem Amt noch Privatprojekte in der Dimension des Hallenumbaus verfolgt, ist nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme.

Inzwischen fragen sich einzelne Kommunalpolitiker in Gröbenzell auch, ob der Gemeinderat es schon nach Schäfers erstem Wahlsieg im Jahr 2014 versäumt hatte, seinen Verpflichtungen im erforderlichen Maß nachzukommen. Schließlich vertritt der Geschäftsmann nach wie vor mit seiner Frau die Firma Matten Schäfer. So ist es zumindest im Firmenimpressum nachzulesen. Im Impressum von "Schäfer boardinghouse" werden Martin Schäfer und sein Bruder Michael Schäfer als Vertreter der "Gebr. Schäfer Liegnitzer GbR" angeführt. Daraus ergibt sich für einige Gemeinderäte folgender Widerspruch: Warum wird jemand weiterhin offiziell als Firmenvertreter genannt, wenn er, was Schäfer geltend macht, angeblich nicht aktiv in den Geschäftsgang eingreift? Für das Landratsamt wäre selbst ein Eintrag Schäfers im Handelsregister als Geschäftsführer noch kein ausreichender Nachweis für eine Betätigung im operativen Alltagsgeschäft.

Das ist jedoch nicht der einzige Punkt, bei dem Politiker Erklärungsbedarf sehen. Im Übrigen weisen Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzung darauf hin, dass bei Interessenskonflikten mit dem Bürgermeisteramt eine Genehmigung von Nebentätigkeiten zu versagen gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn dadurch dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Kommunalpolitiker erinnern daran, dass der Bürgermeister das ihm und seinem Bruder gehörende Anwesen mit dem Kultlokal Hexe an der Kirchenstraße angeblich deshalb verkauft habe, weil ihm das Halten dieses Objekts nach einer Erkrankung zu viel geworden sei, er sich danach aber mit dem Erwerb der Halle im Gewerbegebiet ein noch größeres Projekt aufgehalst habe. Hier sei Schäfers Argumentation nicht stimmig, so ein Einwand von dessen Kritikern.

© SZ vom 24.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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