Im Landkreis:Unmut über den Präsenzunterricht

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Schulleiter Walter Zellmeier (links) und die Schüler der Q 12 des Viscardi-Gymnasiums achten im Pausenhof auf Maske und Abstand, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren. Seit Montag müssen Jugendliche aus den Abschlussklassen wieder jeden zweiten Tag die Schulbank drücken. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Es läuft ganz gut, berichten die Schulleiter unisono, machen aber deutlich, dass der Aufwand enorm ist. Das Infektionsrisiko steigt und Jugendliche kommen mit dem Distanzunterricht zurecht, rügt die Gewerkschaft

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Für Abschlussklassen gibt es seit Montag an den Gymnasien sowie den Fachober- und Berufsoberschulen (FOS/BOS) im Landkreis wieder Präsenzunterricht. Es läuft, aber der Aufwand für die Lehrer sei groß, berichten die Rektoren. Viele Schüler freuten sich zwar über Kontakte, etliche hätten aber den Distanzunterricht online bevorzugt, aus Angst vor Infektionen, heißt es. Scharfe Kritik an der Präsenz kommt von der Gewerkschaft. "Absoluter Schmarrn, unausgegoren und leichtsinnig", sagt die GEW-Kreisvorsitzende Margot Simoneit.

Zur Vorbereitung der Abschlussprüfungen und weil Klausuren geschrieben werden müssen, hat das Kultusministerium verfügt, dass die Jugendlichen wieder die Schulbank drücken müssen. Die Lehrer organisieren einen sogenannten Hybridunterricht: Im täglichen Wechsel sitzt die eine Hälfte im Klassenzimmer, die andere schaut zuhause vor dem Bildschirm zu.

"Es läuft ruhig und geordnet, die Schüler sind gewissenhaft und halten sich an die Regeln", sagt Monika Christoph, die Leiterin des Gymnasiums Puchheim. Die Stimmung sei positiv, aber der Aufwand hoch und dieser Wechselbetrieb funktioniere nur mit einem Jahrgang. Würde man weitere Klassen einbeziehen, wären die Kapazitäten, etwa für das Online-Streaming des Unterrichts, nicht ausreichend.

Ähnlich äußern sich sämtliche Schulleiter, die der Loyalitätspflicht unterliegen: Alles gut oder wenigstens leidlich, Abstands- und Hygieneregeln würden eingehalten. Was in den Pausen und auf dem Schulweg geschieht, sei dahingestellt. Die Rektoren betonen jedoch, dass der ständige Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Unterricht enormen Aufwand bedeutet. "Es ist organisatorisch schlechter und es gibt Reibungsverluste", sagt Walter Zellmeier vom Brucker Viscardi-Gymnasium. "Für die Oberstufe nicht verkehrt, aber die Verzahnung ist komplexer", urteilt Boris Hackl aus Gröbenzell.

Für die Lehrer sei es "brutal anstrengend", findet Monika Pfahler von der FOS/BOS in Bruck. Nach dem Hybridunterricht für die Abiturienten müssen sie umschalten und die übrigen Jahrgänge in Videokonferenzen unterrichten. Einige Lehrer fahren nach Hause ins Home-Office, andere bleiben. Manche Eltern erlauben aus Gründen des Datenschutzes keinen Video- und Audiounterricht. Diese Schüler wählen sich per Telefon ein, berichtet Rita Bovenz vom Carl-Spitzweg-Gymnasium in Germering. Dazu müssen die Lehrer Arbeitsaufträge und Lösungsblätter online stellen, Podcasts aufnehmen und die Arbeit der Schüler kontrollieren. Online-Unterricht sei "einfacher und geschmeidiger", sagt Holger Wirth von der FOS in Germering. Zumal sich die technische Ausstattung verbessert habe, etwa Serverkapazitäten ausgebaut wurden, wie Schulleiter berichten, die dafür das Landratsamt ausdrücklich loben. Alles sei in ihrem Haus gut eingerichtet, sagt Monika Pfahler, das Kollegium sei engagiert und die Lehrer haben Fortbildungen absolviert, es gibt genügend Leihgeräte für die Schüler.

In Puchheim sind derzeit etwa 40 Schüler im Haus, in Gröbenzell 60. Am Carl-Spitzweg-Gymnasium sind maximal 75 Schüler präsent, am Max-Born-Gymnasium in Germering um die 70, etwa 53 am Viscardi sowie circa 50 im Graf-Rasso-Gymnasium in Bruck. Hingegen tummeln sich in der FOS/BOS in Fürstenfeldbruck jetzt täglich 300 von 1200 Schülern plus Lehrer. "Wir halten Abstand und nehmen alles mit Humor", versichert Pfahler. An der Germeringer FOS sind es bis zu 60 von etwa 230 jungen Leuten. An allen Schulen müssen Klausuren geschrieben und Prüfungen nachgeholt werden. Dazu werden die Schüler auf die freien Klassenzimmer verteilt oder in Turnhallen untergebracht, wie am Max-Born-Gymnasium.

Viele Schüler seien froh, dass sie sich mal wieder treffen, die Lehrer haben wieder Gesichter vor sich, erzählen Rita Bovenz, Monika Christoph und Doris Hübler vom Graf-Rasso-Gymnasium. Allerdings scheinen die Gefühle ambivalent zu sein. Zellmeier und Wirth schildern, dass viele Schüler lieber im Distanzunterricht geblieben wären. Den Jugendlichen sei die Gefahr einer Infektion bewusst, viele fürchteten insbesondere die neuen Mutationen, sagt Zellmeier. Fast alle tragen FFP2-Masken, berichtet Robert Christoph vom Max-Born-Gymnasium. Etliche Schüler haben schon Erfahrung mit Quarantäne gemacht, das Max-Born-Gymnasium war wegen der Nähe zur Firma Webasto früh betroffen. Die Brucker FOS wurde nur eine Woche nach den Herbstferien in Quarantäne geschickt.

Die GEW hält vom Präsenzunterricht für Abschlussjahrgänge gar nichts, nicht bloß, weil sich Schüler wie Lehrer anstecken können. "Es sind doch die Jüngeren, die Kontakt brauchen und für deren Eltern Homeschooling eine Katastrophe ist, die älteren Schüler kommen mit Online-Unterricht gut zurecht", sagt Simoneit. Statt sich ein Konzept zu überlegen, habe das Kultusministerium die Sommermonate verschlafen. Den Schulen werde oft am Freitag oder erst am Sonntag mitgeteilt, wie es am Montag weitergehen soll.

© SZ vom 05.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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