Hörbach:Graziöse Wiedergeburt

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Der Schuster Fredl (rechts) unterstützt Nami (links) und Miyaji mit philosophischen Betrachtungen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das japanisch-bayerische Duo Coconami beim Hörbacher Montagsbrettl

Von Edith Schmied, Hörbach

Der Frühling steht vor der Tür, ein japanisch-alpenländischer, dem die Zuhörer beim Hörbacher Montagsbrettl gerne Eintritt und Gehör gewähren. Dem Zauber dieser interkulturellen Mischung von "Coconami" will sich keiner entziehen. Wann hat man jemals altes bayerisches Liedgut so zart verfremdet gehört, dann wieder handfest verjazzt mit einer blechernen, kratzig klingenden Tröte, der Kazoo, den ätherisch und schrägen Klängen der Ukulele. Die zart hingehauchte, auf Bedarf auch kraftvoll klingende Stimme von Nami, der Sängerin, ergibt zusammen mit der lässig, wie nebenher gespielten Ukulele von Miyaji dieses charmante Konglomerat. Der Minimalismus ist offensichtlich Programm.

Schon die Instrumente sehen aus wie aus der Spielzeugkiste: Die Melodica, die etwas seltsam aussehende, Vogelgezwitscher produzierende giftgrüne Nasenflöte, das Glockenspiel ähnelt einem Minihackbrett, die Waschrumpel mit Tschinellen im Kleinformat, das Saxofon und die Klarinette, für Kinder ab drei Jahren bespielbar, die Kalimba und die Ukulele, das Banjo sowieso. So reduziert wie Miyaji außerdem die ganze Palette von gespielten Rockstandards arrangiert setzt sich dieses Understatement fort. Dieser Abend passt wie kaum ein anderer in den zurzeit stattfindenden "Perspektivwechsel" der Kreiskulturtage. Toni Drexler hat recht mit seiner Einschätzung, dass "Coconami" hier explizit der Hörbacher Tradition, "Gewohntes in neuer Version zu bieten", folgt.

Spätestens wenn die Sängerin das Japanische so sehr mit dem Bayerischen vermischt dass es kaum mehr auseinander zu halten ist , stellt sich die Frage: "Nami singt japanisch?". Eine hinreißende Blödelei und witzige Parodie auf das Lied "Liesl Karlstadt singt chinesisch?". Zwischen die fernöstlichen Silben stehlen sich bei Nami Wortkombinationen wie "schlucki, schlucki, wuschi, tussi, schrumm".

Mit dem Schuster Ferdl als Gastmusiker schlägt das Pendel wieder Richtung Bayern aus. Wobei der Begriff Sänger oder Musiker da stark gedehnt wird. Der gelernte Metzger und kernige Wirt einer japanisch-bayerischen Kneipe in Haidhausen schlurft hier eher als Nuschel Udo auf die Bühne. Seine philosophischen Betrachtungen über Heuschreck' und Heuhupfer' sind ebenso schräg wie die Ballade von der Kaiserbirn die das Apfelherz verschmäht und letztendlich als verdorrte Kletzen endet.

Dagegen entspricht Ken Harata, der zweite Gast des Abends, mit seiner großartigen Musikalität am Kinderspielzeug und der Hommage an die dicke Bäckersfrau ganz dem Konzept von "Coconami", Coverversionen auf eine recht individuelle Art zu interpretieren. Eine davon "Baby Elefant walk" von Henry Mancini ist ein großartiges melodiöses Zusammenspiel des japanischen Instrumentaltrios.

Die Arrangements und Kompositionen stammen von dem verhinderten Breznbäcker und spätberufenen Musiker Miyaji. Bei seinem Spiel an der Ukulele vergisst man, wie klein sein Instrument eigentlich ist. Er entlockt ihm eine Menge jazziges Flair sodass man meint Jimmy Hendrix oder andere Rockgrößen vor sich zu haben - was er gelegentlich mit entsprechend harten Riffs und akrobatischen Showeinlagen unterstreicht. Nami, die inzwischen fast akzentfrei Deutsch spricht, moderiert den Abend charmant mit herzerfrischender Zurückhaltung. Handfeste bayerische Melodien haucht die ausgebildete Sängerin einerseits in zarten Tönen, kann diese aber genauso überzeugend komödiantisch überdreht wiedergeben. Bekannte Klassiker wie "Blue moon" von Frank Sinatra oder "The sympathy for the devil" von den Stones klingt bei "Coconami" nicht wie ein Revival sondern eher wie eine melodische, reduzierte, sehr graziöse Wiedergeburt.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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