Hörbach:Antifaschistischer Liedermacher

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Kai Degenhardt spielt neben eigenen Liedern auch einige aus dem Fundus seines Vaters. (Foto: Veranstalter)

Kai Degenhardt zu Gast beim Montagsbrettl

Von Florian J. Haamann, Hörbach

Hoch politisch wird es bei der nächsten Veranstaltung des Hörbacher Montagsbrettls. Denn zu Gast ist der Liedermacher Kai Degenhardt, Sohn des berühmten Franz-Josef Degenhardt, aus dessen Feder etwa auch das Lied "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern" stammt. Sein Sohn Kai Degenhardt bleibt mit seiner eigenen Musik der Linie des Vaters treu, hat aber dennoch einen eigenen Stil entwickelt. Davon können sich die Besucher nun am Montag selbst überzeugen.

Degenhardt sieht sich selbst in der klaren antifaschistischen Liebermacher-Tradition. "Ich halte diesen Ansatz gerade heute wieder für besonders wichtig, da der europaweite Aufmarsch rechter Parteien und Bewegungen den Faschismus als äußerstes Mittel zur Rettung bürgerlicher Herrschaft in der Krise wieder als reale Option erscheinen lässt", erklärt er seine Haltung. Dass der Begriff Liedermacher in Deutschland inzwischen eher durch "Singer/Songwriter" ersetzt ist, erklärt Degenhardt damit, dass die Nationalsozialisten den Begriff "missbraucht, verschüttet und zerschreddert" haben, sodass die nachfolgenden Generationen sich nur mit Vorsicht auf ihn beziehen können - eben wenn sie eine klare antifaschistische Haltung beziehen. Deshalb singt Degenhardt in seinem aktuellen Programm nicht nur eigene Lieder, sondern auch die seines Vaters. Es seien Lieder, die auf fast unheimliche Weise heute wieder von geradezu erschütternder Aktualität seien. Und der Sohn kennt sich gut mit der Musiker des Vaters aus. Mehr als 20 Jahre lang hat er als Arrangeur und Gitarrist für ihn gearbeitet, seit 1987 bei allen Alben und Tourneen mitgewirkt. 1997 hat Kai Degenhardt dann sein erstes eigenes Album veröffentlicht. Durch die Verbindung des alten Materials mit seinen eigenen Liedern entstehe keine Nostalgie, sondern vielmehr ein Bezug zu den wieder herrschenden Zuständen.

Dabei beschäftigt sich Degenhardt in seinen Texten weniger mit tagespolitischen Dingen, als mit dem Blick auf das große Ganze, auf bestimmte Themenkomplexe, die er analysiert und kritisiert. Es geht um Solidarität und Nationalismus, aber auch um aktuelle Fragen, wie die Asylthematik. So beschreibt er in "Die Tötung" die Geschichte des Flüchtlings Jean-Marie und eines Beamten, der den anderen am Wochenende im Club sieht und aus einem Gefühl heraus eine Abneigung ihm gegenüber entwickelt. Und wie es so kommt, liegt am Montag im Büro Jean-Maries Akte auf dem Schreibtisch des Beamten und aus seinem Frust heraus, will er den jungen Mann abschieben lassen. Jean-Marie wird verhaftet, kommt in eine Zelle. "Und am nächsten Morgen, Jean-Marie liegt kalt und starr auf seinem Fesselbett. Herzversagen sagt der Arzt." Das ist freilich plakativ, aber mit Degenhardts kräftiger, unverwechselbarer Stimme und seinem gefühlvollen Gitarrenspiel, berührt es dennoch.

Bei seinen Auftritten bedient er sich ab und an eines "Loop-Recorders", mit dem er kurze Live-Passagen nacheinander aufnehmen und dann übereinander gelegt abspielen kann. Das sorgt immer wieder für musikalische Überraschungen. Sein Album "Näher als sie scheinen" wurde von der deutschen Schallplattenkritik mit der Aufnahme in dessen Bestenliste ausgezeichnet.

Toni Drexler, der Leiter des Hörbacher Montagsbrettls, freut sich bereits auf den Besuch. "Ich bin ja in einer Generation aufgewachsen, in der sehr viele junge Leute "Väterchen Franz", also Franz-Josef Degenhart, gehört haben." Umso erstaunter sei er gewesen, als er gesehen habe, dass auch dessen Sohn Musik macht und damit in die Fußstapfen des Vaters tritt. Auch wenn man nicht gezielt nach einem so politischen Künstler gesucht habe, sei es doch notwendig und gut, immer wieder auch so etwas im Programm zu haben. "Die Zeiten laden ja im Moment geradezu dazu sein. Ich hätte ja nie gedacht, dass ich einmal zum Verteidiger der westlichen Werte werden, weil ich früher ja auch ein Kritiker des Establishments war. Aber jetzt dürfen wir die Werte, die unsere Eltern geschaffen haben, nicht leichtfertig aufs Spiel setzen", sagt Toni Drexler.

Kai Degenhardt, "Näher als sie scheinen", Montag, 13. März, von 20 Uhr an im Wirtshaus zum Sandmeir in Hörbach. Karten unter 08202/8483.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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