Hilfe bei Berufswahl:Auf Lehrstellensuche im Jugendzentrum

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Fragen zum medizinischen Bereich: Silvana (ganz links) und Sharon im Gespräch mit Heidi Holzapfel von einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im "Stamps" knüpfen erstmals Neuntklässler aus den Mittelschulen in Puchheim und Eichenau Kontakte zu Ausbildungsbetrieben

Von Peter Bierl, Puchheim

Marian hat gute Chancen auf eine Lehrstelle bei der Firma TM Ausbau in Puchheim. Der 15-Jährige hat sich eben bei Knud Schwed vorgestellt, der die bautechnische Aus- und Weiterbildung in dem Unternehmen betreut. "Ich werde erst mal ein Praktikum dort machen", erzählte Marian hinterher. Er ist einer von etwa 50 Jugendlichen, die sich am Dienstag im Puchheimer Jugendzentrum "Stamps" bei Betrieben vorstellen oder über verschiedenen Ausbildungen informieren konnten.

Bei dieser Veranstaltung unter dem Motto: "Vor Ort - Finde Deine Ausbildung", waren insgesamt 18 Unternehmen vertreten, darunter Handwerker, ein Restaurant- und Hotelbetrieb, das Puchheimer Altenheim, eine Ärztin und eine Apotheke sowie die Personalabteilung der Bahn AG und der DB Cargo, die für den Güterverkehr zuständig sind. Bei den Jugendlichen handelte es sich um Schüler der neunten Klassen der Mittelschulen in Eichenau und Puchheim, die im Frühjahr ihren Abschluss machen und noch keine Lehrstelle haben.

Sie hatten im Unterricht Bewerbungsmappen vorbereitet und die halbstündigen Termine an den Ständen der Betriebe vorher abgesprochen. "Das Problem ist, dass die Schüler sich eigentlich schon ein Jahr vorher um die Lehrstellen kümmern müssten und jetzt viel zu spät dran sind", erklärte Patrycja Papierowska. Die meisten fingen oft erst im April an. Dann steht ihnen eine Doppelbelastung aus Prüfungsvorbereitung und Praktika bevor. In der achten Klasse seien viele aber noch zu jung, und die Hemmschwelle, sich in einem Unternehmen vorzustellen, ziemlich hoch. Genau deswegen haben die Jugendzentren und Mittelschulen von Puchheim und Eichenau, der Asylhelferkreis und das Stadtteilzentrum Planie diese Aktion gestartet. In den vertrauten Räumen des Jugendzentrums konnten Firmenvertreter, die dringend Auszubildende suchen, und Schüler der Abschlussklassen sowie junge Flüchtlinge ohne Ausbildungsplatz zusammenkommen.

Die Veranstalter zogen hinterher eine positive Bilanz, Schüler und Unternehmer zeigten sich ebenso zufrieden. "Das ist eine gute Idee und war gut organisiert", sagte Evelyn Susanne Mühlbauer, Inhaberin einer Druckerei. Ihrer Beobachtung nach haben viele der Jugendlichen große Angst sich vorzustellen und vor allem ihre Noten vorzuzeigen. Deswegen sei dieses Angebot sinnvoll. "Mir ist die Person wichtiger als die Zeugnisse", betonte sie. Mühlbauer hat an diesem Vormittag sechs Bewerbungsgespräche geführt. Sie hat zwei bis drei Ausbildungsplätze zu besetzen. Die Hälfte der Bewerber schien ihr geeignet.

Die Trockenbaufirma TM, bei der Marian vielleicht anfangen kann, hat mindestens fünf Ausbildungsplätze anzubieten, sagt Schwed, außerdem gibt es Praktika für Migranten. Er lobte die Aktion ebenfalls und hofft auf Wiederholungen. "Ich bin sehr zufrieden, die Resonanz war gut und das Eis schnell gebrochen."

Etliche Schüler haben sich noch nicht entschieden und nutzten die Gelegenheit, sich über verschiedene Ausbildungen zu informieren. "Ich wollte mich einfach mal erkundigen, dafür war das eine sehr gute Gelegenheit", sagte Altin. Der 15-Jährige möchte aber doch lieber Schuhfachmann werden wie sein Vater. Sharon aus der Eichenauer Schule schwankte zwischen Arztpraxis, Pflege und Apotheke. Nun favorisiert sie eine Ausbildung in der Apotheke. Ihre Klassenkameradin Silvana hat auch bei der Ärztin vorbeigeschaut, interessiert sich aber mehr für eine Lehre als Rechts- und Steuerfachkraft. Bloß war kein einschlägiger Betrieb im Jugendzentrum vertreten. Also hat sie bei dem großen Stand der Bahn vorbeigeschaut, die sowohl Ausbildungsplätze präsentierte als auch ein spezielles Berufsvorbereitungsjahr.

Dort ist Silvana allerdings nicht fündig geworden. Kilian Wimmer, der eben seine Lehre als Lokomotivführer abgeschlossen hat, konnte sie nicht für die Bahn gewinnen. Die Kanzel des Lokführers ist immer noch eine Männerdomäne, sagte er. Dabei hat die Bahn eine ziemlich breite Palette von technischen Berufen bis hin zum Koch anzubieten. Weil es auf dem Münchner Arbeitsmarkt schwierig sei, Auszubildende zu finden, freut man sich bei der Bahn über dieses Angebot im Umland.

Die Lehrer und Mitarbeiter der beiden Jugendzentren überlegten, diese Aktion nächstes Jahr zu wiederholen, wobei die Räume im Eichenauer Jugendzentrum wohl zu klein wären. Obendrein kommen die meisten Schüler sowieso aus Puchheim, auch wenn etliche in Eichenau zur Schule gehen.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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