Heißer Sommer:Warnung vor Ozon

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Der Leiter des Gesundheitsamts rät von größeren körperlichen Anstrengungen im Freien ab. Durch die Hitzewelle entsteht das Reizgas vor allem am Stadtrand und in ländlichen Gegenden

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Das Brucker Gesundheitsamt warnt wegen der erhöhten Ozonbelastung vor größeren körperlichen Anstrengungen im Freien. Insbesondere Menschen mit Herz, Kreislauf- und Lungenproblemen, wie Asthma, sowie kleine Kinder und Ältere sollten vorsichtig sein, rät Rudolf Summer, der Leiter des Amtes. Ozon entsteht unter dem Einfluss von UV-Strahlung aus Vorläuferverbindungen wie Stickstoffoxiden oder Kohlenwasserstoff und löst sich nachts wieder auf.

Im Landkreis Fürstenfeldbruck gibt es keine Messstation. Bei den nächstgelegenen Einrichtungen des bayerischen Landesamts für Umwelt wurden am Mittwoch gegen 13 Uhr in Andechs 112 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgestellt, was als befriedigende Luftgütequalität bewertet wird, und in München-Allach 139 Mikrogramm, was als ausreichend gilt. Am Dienstagabend wurden in Andechs mit 146 Mikrogramm und in Allach 153 Mikrogramm die bislang höchsten Werte des Jahres festgestellt. Der Grenzwert für die Alarmstufe liegt bei 240 Mikrogramm, für die Information der Bevölkerung bei 180 Mikrogramm. Das Landesamt für Umweltschutz hielt es aufgrund der extremen Temperaturen am Mittwoch für wahrscheinlich dass bis zu 190 Mikrogramm erreicht würden, so dass die Schwelle zur Information der Bevölkerung überschritten werde, erklärte eine Sprecherin der SZ.

Der Mediziner Summer rät in jedem Fall zur Vorsicht. Das bodennahe Ozon ist ein Reizgas, das Augen und Schleimhäute reizt, die Lungenfunktion kann sich verschlechtern und es können Kopfschmerzen auftreten. Experten gehen davon aus, dass bei empfindlichen Personen das Wohlbefinden schon ab einer Konzentration von 120 Mikrogramm beeinträchtigt werden kann.

Das Landesamt nennt in einer Veröffentlichung auch Arbeiter, die im Freien tätig sind, als Risikogruppe, allerdings geht der Leiter des Gesundheitsamtes davon aus, dass auf keiner Baustelle wegen Ozon die Arbeit eingestellt wird. 1998 hatte die Gewerkschaft ein Schlechtwettergeld für Bauarbeiter bei hohen Ozonwerten gefordert. Damals waren die Werte allerdings regelmäßig ziemlich hoch, weil die Stickoxidbelastung größer war.

Die Entstehung des bodennahen Ozons ist ein komplexer chemischer Prozess. Zu den Vorläuferverbindungen zählen Stickstoffoxide, wie sie Dieselmotoren, Kraftwerke und Feuerungsanlagen der Industrie produzieren, und Kohlenwasserstoffe, die aus dem Verkehr, von Kraftstoffen und Lösungsmitteln stammen. Der Anteil dieser Substanzen sei seit den Neunzigerjahren zurückgegangen, wie der Physiker Wolfgang Steinbrecht vom Meteorologischen Observatorium auf dem Hohenpeißenberg berichtet. Darum liegen die Messergebnisse dort seit 20 Jahren deutlich niedriger als früher.

Angetrieben wird die Ozonproduktion jedoch, weil der Klimawandel uns deutlich mehr Sonne beschert. Während des langen Sommers von 2003 lagen die Werte deshalb deutlich höher, auch auf dem Hohenpeißenberg. Im heißen und trockenen Sommer 2018 wurden die Höchstwerte in Andechs mit 198 Mikrogramm und in Allach mit 187 Mikrogramm am 1. August erreicht. Die zeitliche Entwicklung der Ozonkonzentrationen in den vergangenen Jahren zeige, dass Spitzenwerte zwar seltener auftreten; allerdings die mittleren Ozonkonzentrationen an allen Messstationen in Bayern über die Jahre leicht zunehmen, sagte die Sprecherin des Umweltamtes. Eine Langzeitauswertung über die vergangenen zehn Jahre zeige bei allen Messstationen einen zunehmenden Trend der Ozonbelastung, an 19 von 23 ausgewerteten Stationen sei die Zunahme sogar signifikant.

Ein Paradox ist, dass höhere Stickoxidkonzentrationen die Ozonproduktion verhindern. So lag der Messwert in München an der Landshuter Allee oder am Stachus am Mittwoch im Mittelwert von acht Stunden bei 0,4 Mikrogramm. Das bodennahe Ozon findet vorzugsweise am Stadtrand und in ländlichen Gebieten. Sobald die Sonne untergegangen ist, löst sich das Ozon wieder auf, ein Teil sinkt auch auf den Boden oder wird von Pflanzen absorbiert, die allerdings bei höheren Konzentrationen ebenfalls geschädigt werden.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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