Hattenhofen:Ein Liebesleben

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Humorvolle Lesung über Felix Schlagintweit

Von Manfred Amann, Hattenhofen

Felix Schlagintweit, 1868 in Bamberg geboren und 1950 auf der Halbinsel Urfahrn am Chiemsee gestorben, war Urologe und Schriftsteller. Er war seinerzeit als medizinische Kapazität bekannt und vor allem in München auch als Gesellschafter begehrt, ist aber mittlerweile weitgehend in Vergessenheit geraten. "Sehr schade sei das" meint Ex-Kreisheimatpfleger Toni Drexler, der bei den Recherchen für sein unlängst aufgelegtes Buch "Das Haspelmoor" auf den "äußerst interessanten Menschen" gestoßen ist.

Seiner Ansicht nach ist Schlagintweit ein "humorvoller Zeitzeuge für das gesellschaftliche Leben in München und Bayern" vor und nach der Jahrhundertwende. Regional bedeutsam ist, dass Schlagintweit zur Zeit des Ersten Weltkrieges sieben Jahre lang im Haspelmoor-Gebiet Jagdpächter war und so manche Anekdote aus dem teils amourösen Jägerleben im Moorgebiet in seinem autobiografischen Roman "Ein verliebtes Leben" genüsslich ausgebreitet hat. Das 1943 erschienene Werkgehörte zu den meistgelesenen Büchern der Nachkriegsjahre in München.

Bei einer Lesung aus dem Roman im Gasthaus Eberl in Hattenhofen verstanden die Zuhörer schnell, warum Drexler betrauert, dass sich kaum noch jemand an Schlagintweit erinnert, denn seinen Romanerzählungen zufolge, war er zwar ein bekannter Mediziner aber, zumindest, nachdem er sich nach eigenen Worten "eine gute Basis für ein freies Leben" geschaffen hatte, auch ein leidenschaftlicher Angler, Jäger, Wanderer und gelinde gesagt ein "Schwerenöter", was sein Verhältnis zur Weiblichkeit anbelangt. Und er ward in der Schwabinger Künstlerszene gern gesehen. Besonders der Münchner Karneval hatte es ihm angetan. Die spannende und äußert humorvolle Lesung, bei der sich Drexler und Hans Lugmair vom Verein "Lebensraum Haspelmoor" abwechselten und den heiteren Erzählstil des Schriftstellers bestens erkennen ließen, skizzierte Schlagintweit als verantwortungsvollen Mediziner aber auch als Schlitzohr und vor allem als Philanthropen in jeder Hinsicht.

Die von Birgit Regler passend zu den Anekdoten mit der "Quetschn" gespielten und teils selbst getexteten Liedern verstärkten die Stimmung. Schlagintweit erzählt er in seinem Buch charmant, beschwingt und ungeniert von amourösen Abenteuern mit Leila, Lillie oder Bettina und auch, wie es ihm gelang mit seiner Frau Emmy und seiner Geliebten als Assistentin zusammenzuleben. Er erinnert humorvoll an Freunde und Kollegen sowie an die oft ausschweifenden Studentenfeste in der Zeit um 1900. Das Haspelmoor war für den lebensfrohen Schlagintweit "das Paradies". Einmal habe er einen Laubfrosch unter seinem Jägerhut versteckt und Jägerkollegen gegen eine Flasche Champagner raten lassen, was er unter dem Hut trage "Einen Laubfrosch haben dann alle im sechs Chor gerufen", las Drexler vor. Da der Frosch durch ein Loch im Hut geschlüpft sei, hätten ihn alle gesehen und so gewonnen. "Sechs Flaschen Sekt für einen kleinen Frosch" räsoniert der Schriftsteller in seinen Roman, und bringt seine Freude zum Ausdruck, dass er "auf Anraten eines Jäger-Juristen" dann doch nur eine Flasche habe ausgeben müssen.

Lugmair las zudem vor, dass Schlagintweit im herrlichen Moor unter Birken seiner Geliebten das Schießen beibrachte und seine Leidenschaft für Frauen durchaus bekannt war. "Die Bauern waren da toleranter als die Münchner", schrieb er und auch, dass ihm das "eigentlich egal" war, was andere von ihm dachten. 1905 erwarb Felix Schlagintweit ein Anwesen auf der Halbinsel Urfahrn am Chiemsee. Der Roman "Ein verliebtes Leben" widmet sich auch diesem Lebensabschnitt und ist für Historiker eine aufschlussreiche Quelle für die Betrachtung des Künstlerlebens am Chiemsee, der Malerkolonie auf der Fraueninsel und der Aktivitäten der damals zuströmenden Sommerfrischler.

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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