Grundsteuer in Fürstenfeldbruck:Baulücken und Finanzlücken

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Die Freien Wähler haben die Einführung einer Steuer auf brach liegende Grundstücke verhindert. Das löst im Landkreis ein geteiltes Echo aus. Denn damit fehlt es an Anreizen für eine zügige Innenverdichtung. Und Kommunen können keine weitere Einkommensquelle erschließen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Aufnahme von 2017 zeigt, dass im Maisacher Zentrum viel gebaut wurde. (Foto: Günther Reger)

In den meisten Städten, aber auch in ländlichen Gemeinden des Landkreises gibt es Grundstücke, die bebaut werden dürften, aber jahrelang brachliegen. Deshalb nehmen viele Politiker die Entscheidung der Staatsregierung, auf die Erhebung der Grundsteuer C zu verzichten, mit Ernüchterung auf. Plan war es zunächst gewesen, im Zuge der anstehenden Grundsteuerreform eine höhere Abgabe auf baureife Flächen zu erheben, um damit eine Motivation zur Verdichtung innerörtlicher Grundstücke zu schaffen - als Alternative zum Wachstum an den Ortsrändern. Die Freien Wähler hatten sich in der Regierung erfolgreich gegen die Einführung der Grundsteuer C gewehrt. Im Landkreis löst das ein geteiltes Echo aus. So dämpft der Bürgermeistersprecher im Landkreis, Hans Seidl, zwar die Hoffnung, dass die Grundsteuer viel bewirken würde. Er bedauert aber, dass damit den klammen Kommunen eine zusätzliche Einkommensquelle genommen wird.

Als "verpasste Chance zur Mobilisierung von Flächen" geißelt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr, den jüngsten Beschluss. Er wirft den Freien Wählern eine "kommunalferne Blockadehaltung" vor. Ebenso wie viele Bürgermeister hofft Pannermayr, dass der Landtag die Steilvorlage des Bundes doch noch nutzen könnte. Der Bund hatte die Rechtsgrundlage für einen Hebesatz auf baureife Grundstücke geschaffen, um den Kommunen ein Steuerungsinstrument zur Mobilisierung dieser Flächen für den Wohnungsbau an die Hand zu geben.

Auf dieser Freifläche am Krebsenbach soll das Projekt mit Wohnungen für bis zu 600 Menschen entstehen. (Foto: Screenshot Googlemaps)

Das Konzept sieht die Schaffung einer dritten Säule vor - neben der Grundsteuer A (landwirtschaftliche Flächen) sowie B, in der bebaute wie unbebaute Grundstücke derzeit zusammengefasst sind. Grundeigentümer sollten so motiviert werden, zentral gelegene Flächen zu bebauen oder an Bauwillige zu verkaufen, um damit die Baulandausweisung an den Ortsrändern zu begrenzen. Flächen brach liegen zu lassen im Sinne von Bodenspekulation soll damit unattraktiver werden.

Für "familiäre Fälle" könnte sich der Bürgermeister-Obmann eine Ausnahmeregelung vorstellen

Gerade in der Münchner Region mit ihren stark steigenden Immobilienpreisen werde eine Grundsteuer C aber nicht die gewünschte Wirkung entfalten, glaubt Mammendorfs Bürgermeister Josef Heckl (Freie Wähler), der damit Hans Friedl den Rücken stärkt. Friedl ist FW-Kreisvorsitzender, Zweiter Bürgermeister von Alling, sitzt im Landtag und sagt: "Die Grundsteuer C bringt keine Vorteile für unsere Gemeinden." Um eine steuernde Wirkung entfalten zu können, müsste die Grundsteuer C "extrem hoch" ausfallen, pflichtet Heckl bei. Und Flächen blieben oft nur deshalb unbebaut, weil die Grundeigentümer sie für Kinder oder Enkel reservierten, was nicht zu kritisieren sei. In den zurückliegenden Jahren habe es dennoch in der Mammendorfer Ortsmitte eine Nachverdichtung gegeben - was Heckl im Sinne des sparsamen Umgangs mit Grund und Bodens auch begrüßt. Aus finanzieller Hinsicht hält er den Verzicht auf zusätzliche Einnahmen für verschmerzbar. Aktuell kalkuliert Mammendorf mit 420 000 Euro Grundsteuer B und 33 000 Euro Grundsteuer A.

Bürgermeister Hans Seidl (hier bei der Eröffnung der neuen Ortsmitte 2018) kennt noch das eine oder andere freie "Vorratsgrundstück" im Ortskern. (Foto: Günther Reger)

Hans Seidl, Bürgermeister von Maisach und Kreisvorsitzender des Gemeindetags, sieht das differenzierter. Er bedauert, dass die CSU ihrem Koalitionspartner bei der Grundsteuer C nachgegeben hat. Den Freien Wählern sei die Sache halt sehr wichtig gewesen. Dabei stimmt er seinem Mammendorfer Kollegen zu, dass man auch mit einer zusätzlichen Steuer auf baureife Grundstücke wohl nicht allzu viel bewirken könnte - vor allem in Fällen mit den angesprochenen familiären Hintergründen. Seidl fallen mehrere solche "Vorratsgrundstücke" in seiner Gemeinde ein. Im Vergleich zu den steigenden Immobilienpreisen im Münchner Umland sei der durch eine Grundsteuer C ausgelöste Handlungsdruck aber wohl zu vernachlässigen. Die Städte und Gemeinden im Landkreis könnten die Einnahmen Seidl zufolge aber gerade in den schwierigen Corona-Zeiten sehr gut gebrauchen. Und für ihn gilt immer noch: breite Schultern können mehr tragen. Anders ausgedrückt: Eigentum verpflichtet.

Für Eltern, die ihr Grundstück für folgende Generationen reservieren, hätte man ja eine Sonderregelung finden können - beispielsweise die Befreiung von der Steuer für ein Grundstück pro Nachkomme. Immerhin verfügt Maisach bereits über ein Instrument, um die Innenverdichtung voranzubringen und Bodenspekulation einzudämmen. Es gibt ein "Baugebot": Liegt ein Grundstück in Maisach trotz Baurecht fünf Jahre brach, drohen Strafzahlungen. In anderen Kommunen kann das Baurecht nach einigen Jahren auch wieder verfallen. Eine gewisse "Baupflicht" ist nach Auffassung Seidls auch deshalb sinnvoll, weil Städte und Gemeinden Planungssicherheit brauchen. Schließlich müssen sie sich um die Infrastruktur kümmern und beispielsweise rechtzeitig Kitas planen.

Noch kritischer äußert sich Michael Schrodi aus Olching. Der SPD-Politiker ist Vorsitzender des Unterbezirks und hat als Mitglied im Finanzausschuss des Bundestags an dem Entwurf für die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Grundsteuerreform mitgearbeitet. Der Verzicht auf eine Grundsteuer C widerspreche dem expliziten Wunsch der kommunalen Spitzenverbände in Bayern wie im Bund. "Wir stehen an der Seite der Kommunen und wollen die Einführung der Grundsteuer C", sagt Schrodi unter Berufung auf eine Erklärung des SPD-Kreisvorstands. Darin heißt es, CSU und FW dürften "nicht schon wieder der Bremsklotz für die Schaffung kostengünstiger Wohnungen sein". Mit der Grundsteuer C könne man Bauland mobilisieren, Baulücken schließen und Spekulation entgegenwirken.

© SZ vom 29.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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