Gröbenzell:Zwischenmenschliche Konstante

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Der neue Vorstand (von links): Gerd Maderlechner, Wolfram Rappl, Verena Künneth- Wühr, Winfried Bauer, Christa Jeier, Horst Dill, Beate Alstetter, Reinhold Bernhart, und Hannemarie Güntzer. (Foto: privat)

Winfried Bauer wird nach 20 Jahren als Vorsitzender des Oekumenischen Sozialdienstes in seinem Amt bestätigt

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Zuallererst verkündet Winfried Bauer eine frohe Botschaft, was die Finanzen des Oekumenischen Sozialdienstes Gröbenzell betrifft: "Der Haushalt ist ideal, wir verbuchen für 2015 ein Minus." Diese Mitteilung überraschte zunächst, doch Bauer, der Vorsitzende des Sozialdienstes, erklärte sich dann umgehend den 42 Besuchern der Mitgliederversammlung. Ideal sei der Jahresverlust in Höhe von 645 Euro deshalb, weil der Sozialdienst als Verein damit keine Schwierigkeiten mit dem Finanzamt hinsichtlich der Gemeinnützigkeit bekomme. Ansonsten dokumentierte der Rechenschaftsbericht im 44. Jahr des Sozialdienstes Kontinuität. Das Gros des Vorstandes mit Bauer an der Spitze wurde denn auch für weitere zwei Jahre wiedergewählt.

Dem Verein gehören 856 Mitglieder an, Tendenz steigend. Das Hauptstandbein des 1971 gegründeten Sozialdienstes ist nach wie vor die ambulante Krankenpflege. 2015 wurden 160 Patienten versorgt, die Einnahmen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 113 000 Euro. Zusammen mit der Tagesspflege und dem Betreuten Wohnen steuert die Krankenpflege 941 000 Euro zu den Gesamteinnahmen von 1,34 Millionen Euro bei. 15 190 Arbeitsstunden und 27 278 Hausbesuche führte Pflegedienstleiterin Natalie Mayer auf. Die Belastung der Mitarbeiterinnen sei enorm. "Die Tendenz zu kurzen und kurzfristigen Einsätzen wächst", so Mayer in ihrem Bericht. "Familien kommen sehr spät auf uns zu und die Krankenhäuser entlassen die Patienten sehr schnell." Der Anspruch an die Professionalität der Pflege steige ständig und erfordere ein Höchstmaß an Improvisation und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiterinnen. Bei der Qualitätsprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) habe man jedoch mit der Gesamtnote 1,0 hervorragend abgeschnitten.

Die Tagespflege, die nach dem Ausscheiden von Sieglinde Haberl jetzt von Karin Windisch geleitet wird, ist zu hundert Prozent ausgelastet. 35 Gäste werden monatlich betreut. Besonders dienstags und donnerstags gestaltete sich die Arbeit vor allem bei schwierigen Krankheitsbildern sehr aufwendig. Das Team besteht aus zehn Mitarbeiterinnen, darunter vier examinierten Pflegerinnen und zwei Schülerinnen der Sozial-FOS, die gerade ihr Praktikum absolvieren. Eine Köchin bereitet jeden Tag frisches Essen zu. Alle sechs Wochen gibt es einen Angehörigenabend und die beiden Kirchen am Ort wechseln sich mit Gottesdiensten ab. Besondere Freude hätten die Gäste beim Besuch der Kinder des Zacharias-Kindergartens.

Die Palette der Sozialdienstangebote reicht von Kinderpark, Sozial- und Seniorenberatung, Betreutem Wohnen, Haushalts- und Familienhilfen sowie Kleiderkammer bis zu Gesprächskreisen für Menschen mit seelischen Problemen oder mit den Eltern behinderter Kinder. Die "Begegnungsstätte" ist voll ausgelastet, zumal dort seit April 2015 das Sonntagsfrühstück für Alleinlebende stattfindet. Zusammen mit der Kolpingsfamilie, dem Arbeitskreis Senioren, dem Sozialverband VdK und den beiden Kirchen hat der Sozialdienst das Projekt "Betreuung zuhause" auf den Weg gebracht. Dabei soll älteren und behinderten Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags geholfen werden. Nach einer Umfrag haben sich 26 Helfer und 24 Hilfesuchende gemeldet. Bei einem Treffen am 2. Juni im Begegnungs- und Sozialzentrum sollen beide Gruppen zusammengeführt werden.

Nicht mehr wegzudenken ist auch der Service "Essen auf Rädern", den Juliane Gallasch seit zehn Jahren organisiert. Bis zu 40 Essen werden pro Tag ausgefahren. 2015 waren das insgesamt 8118 Portionen. Das Mittagessen kostet momentan 6,30 Euro pro Portion. Die letzte Preiserhöhung des Lieferanten hat der Sozialdienst nicht an Kundschaft weitergegeben. "Die Essenslieferung ist für viele Menschen das Highlight des Tages", so Gallasch. Ab und zu müssen die Ausfahrer auch mal ein Schwätzchen mit den Menschen halten. Doch auch die Ausfahrer hätten Spaß. Besonders am sprechenden Papagei "Bibo", den eine ältere Frau hält. "Der miaut auf Kommando wie eine Katze oder bellt wie ein Hund", erzählte Gallasch. Traurig waren die Anwesenden zuvor noch über die Nachricht, die ihnen Bauer übermittelte. Am Dienstag war Ilse Gräter, die langjährige Geschäftsführerin und zuletzt Beisitzerin im Vorstand, nach langer schwerer Krankheit verstorben.

Neben Bauer, der seit 20 Jahre Vorsitzender ist, wurden seine Stellvertreterin Beate Alstetter, Schriftführer Horst Dill, Kassenwart Wolfram Rappl sowie die Beisitzer Hannemarie Güntzer, Reinhold Bernhart und Gerd Maderlechner in den Ämtern bestätigt. Neu gewählte Beisitzer sind Christa Jeier und Verena Künneth-Wühr. Im Oktober 2015 hatte Anneliese Hohenwarter die Geschäftsführung von Martina Seeger übernommen.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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