Gröbenzell:Zonen für Zamperl

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Aufruf zum Widerspruch: Am Böhmerweiher werben Münchner Hundebesitzer für ihr Anliegen. (Foto: Günther Reger)

Hunderte Bürger unterstützen eine Aubinger Initiative, das Freilauf-Verbot für Hunde am Böhmerweiher wieder aufzuheben. Sie dringen zudem auf gesonderte Areale in München, in denen Gassigehen ohne Leine möglich ist

Von Ellen Draxel, Gröbenzell/München

Der seit Anfang August geltende Leinenzwang für Hunde auf dem Münchner Gebiet des Böhmerweihers hat unter den Hundehaltern eine Grundsatzdebatte über den Umgang der Stadt mit den Vierbeinern ausgelöst. Einige plädieren jetzt für explizit gekennzeichnete Freilaufflächen in München, wie es sie etwa in den Städten Köln, Zwickau oder Paderborn bereits gibt. Solche Flächen, argumentieren die Hundebesitzer, würden nicht nur dem Bedürfnis der Hunde nach artgerechtem Austoben und Erkunden der Umgebung gerecht. Sie könnten auch bewusst von Menschen aufgesucht werden, die sich keinen eigenen Hund halten können, aber gerne mit Hunden in Kontakt kommen oder ihnen beim Spielen zusehen möchten. "Viele Kinder, alte, kranke und hundeliebende Menschen genießen das sehr", sagt Désirée Waterstradt, die öfter am Böhmerweiher Gassi geht. Umgekehrt hätten Menschen, die Hunden aus dem Weg gehen wollen, die Chance, diese Bereiche gezielt zu meiden.

Hunde, betonen Waterstradt und ihre Mitstreiter, seien schon seit Langem kompetente "Sozialpartner des Menschen". Sie seien offen, beziehungskompetent und instinktiv empathisch. Anders als Menschen kritisierten sie nicht, machten keine Vorwürfe und hätten keinerlei Erwartungen. Gerade Familien, alte Menschen, Blinde oder Menschen mit psychosozialen Problemen entschieden sich deshalb häufig bewusst für einen Hund. Allein in München sind mittlerweile mehr als 37 000 Hunde gemeldet, Tendenz steigend.

Therapeutisch werden die Tiere heute als Diabetikerhunde, Blindenhunde und Besuchshunde in Kindergärten, Heimen, Krankenhäusern und Hospizeinrichtungen eingesetzt. Auch sogenannte Lesehunde gibt es - als Hilfe für leseschwache Kinder. Oder auch als Freund traumatisierter Menschen, wie die Hovawart-Hündin Emma. "Dank Emma konnte sich ein 16-jähriger Junge, der völlig von seiner alkoholkranken Mutter traumatisiert war, in meinen Armen ausweinen", sagt Emmas Besitzerin Ingrid Steger, eine Aubingerin.

Um solche Leistungen zu erbringen, das wissen die Halter, brauchen die Hunde aber ihren Auslauf. "Für Fußgänger, Autos, Radler, Kinder und Naturschutz gibt es eigens gewidmete Flächen", heißt es in einem Schreiben, das ein Hundebesitzer jetzt an die Bezirksausschüsse Pasing-Obermenzing, Aubing-Lochhausen-Langwied und Allach-Untermenzing gesandt hat. Menschen mit Hund dagegen fielen durch all diese Raster, für sie gebe es "nur wenige geeignete Flächen".

Zumindest der Böhmerweiher war bis vor Kurzem so ein Refugium - und soll es nach dem Wunsch der Zamperl-Freunde auch wieder werden. Die an den Erholungsflächenverein gerichtete Petition "Gegen Leinenzwang und Umwandlung des Böhmerweihers in einen Badesee", die Steger nach dem Aufstellen der Freilauf-Verbotsschilder durch das Kommunalreferat Anfang August gestartet hat, zählt online inzwischen mehr als 1500 Befürworter. Dazu kommen rund 600 per Handzettel eingesammelte Unterschriften.

"Wir brauchen den Böhmerweiher nicht auch noch als Badesee mit großer Infrastruktur", erklärte der Lochhausener Peter Fink Aubings Lokalpolitikern in deren jüngster Sitzung. Gut ausgebaute Badeseen gebe es mit dem Luß-See, dem Langwieder See, dem Birkensee, dem Germeringer See und dem Olchinger See im Umkreis weniger Kilometer schon zur Genüge. "Außerdem", ergänzte der Hundebesitzer, "liegt ja auch noch ein Stadtratsantrag für einen Badesee in Freiham vor."

Die Stadtteilvertreter wollen nun das Kommunalreferat bitten, sich die Beschilderung am Böhmerweiher zumindest noch einmal anzuschauen. "Vielleicht", so Gremiums-Chef Sebastian Kriesel (CSU), "ist die beschränkte Nutzung des Geländes für Hunde ja auch nur für Teile des Weihers möglich."

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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