Gröbenzell:Wohnungsbaufirma kauft historische Bahnhofsgaststätte

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Mit dem Besitzerwechsel ist die Zukunft eines der noch wenigen alten Gebäude in der Gemeinde unsicher

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Das Gebäude der historischen Bahnhofsgaststätte an der Gröbenzeller Kirchenstraße mit dem Kultlokal "Die Hexe" bekommt noch in diesem Jahr einen neuen Eigentümer. Diese SZ-Information hat Michael Schäfer, der Bruder des Gröbenzeller Bürgermeisters Martin Schäfer (UWG), am Montag auf eine Anfrage hin bestätigt. "So wie es gerade aussieht, wird es wohl heuer noch einen Eigentümer-Wechsel geben", teile Michael Schäfer mit. Das um die Jahrhundertwende errichtete Haus gehört nicht der Familie Schäfer, sondern zu den Firmen der Gebrüder Schäfer. Auch der neue Eigentümer, eine Bauträger-Gesellschaft aus Germering, bestätigte die anstehende Übertragung der Immobilie. Die Wohnbau GmbH hatte bereits das Anwesen neben der Hexe erworben, in dem sich eine Apotheke befand. Für die beiden Grundstücke in zentraler Lage in der Ortsmitte gibt es einen Bebauungsplan.

Zur Frage eines möglichen Abrisses des Anwesens, in dem die Gröbenzeller 1953 mit dem damaligen Innenminister Wilhelm Högner die Erhebung zur Gemeinde feierten, äußert sich Michael Schäfer ebenfalls. "Sollte der Verkauf stattfinden, ist ein Abriss vom Gebäude für die nächsten Jahre nicht geplant", stellte der Bruder des Bürgermeisters fest. Bürgermeister Martin Schäfer hat sich seit seinem Amtsantritt aus allen Geschäften seiner Familie zurückgezogen. Deshalb war von ihm keine Stellungnahme zu erhalten. Für Albert Donhauser, den ehrenamtlichen Leiter des Gröbenzeller Torfmuseums und stellvertretenden Vorsitzenden des Heimatpflegevereins die Gröbenhüter, wäre es ein großer Verlust für die Gartenstadt, sollte die frühere Bahnhofswirtschaft dem Erdboden gleichgemacht werden. Die junge Kommune verfügt laut Donhauser nämlich kaum noch über alte Gebäude.

Nach SZ-Informationen ist der Verkauf im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend angesprochen worden. Dabei soll es um eine formelle Notaranfrage zum Vorkaufsrecht der Gemeinde gegangen sein. Dem Vernehmen nach nahmen die Gemeinderäte diese Nachricht überrascht zu Kenntnis. Hatte doch erst im Mai ein neuer Pächter das Musiklokal übernommen und damit dessen endgültige Schließung noch einmal abgewendet. Mit diesem Schritt verbanden viele Gröbenzeller die Hoffnung, dass damit auch der möglichen Abriss des stattlichen Gebäudes verhindert worden sei. Eine von Zweitem Bürgermeister Martin Runge (Grüne) vor der Sitzung veranlasste Prüfung ergab zu dessen Bedauern, dass die Gemeinde Gröbenzell kein Vorkaufsrecht für das ortsgeschichtlich bedeutende Gebäude hat.

Schon im Februar dieses Jahres hatte es für die Brüder Schäfer neben der Suche nach einem neue Pächter, der die Hexe so weiterführen sollte, wie sie deren Stammgäste kannten und liebten, eine weitere Option gegeben: Das war die Veräußerung an einen Investor. Laut SPD-Fraktionschef Peter Falk räche sich nun die "verfehlte CSU-Politik der Neunzigerjahre. Schon vor 30 Jahren hätte die Bahnhofsgaststätte unter Denkmalschutz gestellt werden müssen", erklärte der SPD-Gemeinderat auf Anfrage. Zudem hätte die Gemeinde damals das Lokal samt dem noch nicht abgerissenen großen Saal erwerben sollen.

Wäre dieses Vorhaben nicht im Gemeinderat gescheitert, wäre für Gröbenzell die Frage eines Vereins- oder Kulturhauses gelöst gewesen, ist sich Falk sicher. Als die Hexe 1993 vor dem Aus stand, hatte die Bürgerinitiative "Die Hexe muss bleiben" den Verkauf und Abriss verhindert. Aus der aktuellen Nachricht vom Verkauf schlussfolgerte Falk, nun sollte die Frage des Denkmalschutzes angepackt werden. Runge rechnet jetzt mit diversen Aktivitäten zur Rettung des Gebäudes, um nachzuholen, was vor 30 Jahren gegen den erklärten Willen der Grünen versäumt worden sei.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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