Gröbenzell:Weltbürger und Pfarrer

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Thomas Payappan (links) wird neuer Pfarrer der Gemeinde von Sankt Johann Baptist in Gröbenzell. Diakon Roland Wittal wird ihn dort als Pfarrbeauftragter bei seinen Aufgaben unterstützen. (Foto: Johannes Simon)

Pater Thomas Payappan orientiert sich an den Leitlinien von Papst Franziskus: Großzügigkeit, Barmherzigkeit und Liebe. Am 1. Oktober tritt der gebürtige Inder die Nachfolge von Gregor König an

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Für Pater Thomas Payappan und Vertreter seiner künftigen Pfarrei Sankt Johann Baptist in Gröbenzell ist es der Tag des Kennenlernens. Im Pfarrbüro geht es an dem Vormittag zu wie in einem Taubenschlag. Viele wollen den Pfarrer, der in der Gemeinde am 1. Oktober als Seelsorger seinen Dienst antreten wird, begrüßen und kurz mit ihm sprechen - und bei einer Tasse Kaffee natürlich einen ersten Eindruck davon bekommen, wie der Neue so ist. Die Bescheidenheit und die Zurückhaltung des Geistlichen erinnern an den demütigen ersten Auftritt von Papst Franziskus nach seiner Wahl auf dem Balkon der Mittelloggia des Petersdoms in Rom. Die innere Ruhe und das gewinnende Lächeln des Priesters, bilden einen gewissen Kontrast zu den Erwartungen der ihn umgebenden Menschen.

So ist es ist kein Zufall, dass der 60 Jahre alte Ordensmann auf die Frage nach seinem Selbstverständnis als Seelsorger sofort auf den Papst zu sprechen kommt. Bei Franziskus seien Großzügigkeit, Barmherzigkeit und Liebe groß geschrieben und er, Pater Thomas, wolle den gleichen Weg gehen. Übertragen auf die Seelsorgearbeit in Sankt Johann Baptist bedeutet das für den künftigen Pfarrer, dass jeder das Gefühl haben müsse, "das ist meine Kirche, das ist meine Heimat". Wirklich jeder, also auch Geschiedene und Alleinerziehende, sollten hier ein Stück Heimat finden und vor allem sollte niemand ausgegrenzt werden, betont der vom Ordinariat vorerst für die Dauer eines Jahres zum Nachfolger von Pfarrer Gregor König bestimmte Seelsorger. Jedes Jahr in der Kirche solle zudem ein Jahr der Barmherzigkeit sein, nicht nur das von Franziskus für 2016 ausgerufene Jahr der Barmherzigkeit, meint der künftige Gröbenzeller.

"Jeder einzelne zählt", unter dieses Leitmotiv will der Priester, wie er bekennt, seine Arbeit in Gröbenzell stellen. Auch wenn man keinen Unterschied zwischen Jung und Alt machen solle, will er die Jugendarbeit zu einem Schwerpunkt machen. Schließlich gehe es gehe darum, die Jugend in die Kirche zurückzubringen, sonst habe sie keine Zukunft.

Thomas Payappan stammt aus Kerala in Südindien. Im Alter von 15 Jahren trat er in seiner Heimat dem Orden der Karmeliter von der unbefleckten Jungefrau Maria (CMI) bei, 14 Jahre später wurde er nach dem Studium der Philosophie und Theologie zum Priester geweiht. Länger als 20 Jahre wirkte Payappan als Seelsorger in verschiedenen Pfarreien in der Diözese Augsburg, seit 2010 leitete er zuletzt die Pfarrgemeinschaft Dietkirch/Kutzenhausen mit acht Pfarreien und etwa 6000 Katholiken. Gröbenzell ist die einzige Einzelpfarrei im Dekanat Fürstenfeldbruck, ihr gehören aber mit 8000 Katholiken mehr Gläubige an, als so manchem Pfarrverband. In Dietkrich hatte der Geistliche seinen demokratischen, dialogischen Führungsstil folgendermaßen umschrieben: Führung heiße für ihn, nicht selbst den Ton anzugeben, sondern die schönen Töne bei allen in der Pfarrgemeinde Aktiven herauszuholen und aus diesem Miteinander eine "himmlische Melodie" werden zu lassen.

Da der Inder den überwiegenden Teil seines Wirkens als Pfarrer in Deutschland verbracht hat, bezeichnet er sich als Weltbürger, der hier Wurzeln geschlagen habe. "Wir werden wirken, wohin wir gesandt worden sind", sagt er und spielt damit darauf an, dass indische Priester seines Ordens inzwischen weltweit missionarisch tätig sind und einer seiner Ordensbrüder, Pater Antoo, sogar als Kaplan in der Pfarrei Egenhofen tätig ist. Dass Thomas Payappan nach Deutschland entsandt wurde, haben seine Ordensoberen entschieden, nicht er. Das Klima in Süddeutschland, die Mentalität und auch die Sprache sind für ihn aber schon lange keine Herausforderung mehr. Ja, er ist sogar ein wenig stolz darauf, nun in der Diözese München, die eine katholische Hochburg sei, arbeiten zu dürfen. Im südwestindische Bundesstaat Kerala leben mit einem Anteil von 18 bis 19 Prozent die meisten Christen, im Landesdurchschnitt sind es 2,3 Prozent.

Seinen Urlaub zwischen dem Wechsel von Dietkrich nach Gröbenzell verbringt der Pater in seiner Ordensgemeinschaft in Kerala. Da er dem dortigem Wahlgremium angehört, wird er an Entscheidungen zur künftigen Politik der Ordensprovinz mitwirken. Trotzdem will er sich Zeit für eine Woche Exerzitien und ayurvedische Behandlungen nehmen.

Als Pfarrbeauftragter wird Pater Thomas in Gröbenzell vom 1. Oktober an Diakon Roland Wittal zur Seite gestellt. Die beiden teilen sich die Leitung der Pfarrei, wobei Payappan der priesterliche Leiter mit dem Schwerpunkt Seelsorge wird. Wittal werden ebenfalls für ein Jahr auf der Verwaltungsebene als Pfarrbeauftragter gemeindeleitende Funktionen übertragen, beispielsweise die des Kirchenverwaltungsvorstands. Der Diakon ist seit zwei Jahren in Gröbenzell tätig, er steht also für Kontinuität. Der Pater und der Diakon müssen noch klären, wie sie sich die Arbeit in der Pfarrei teilen wollen.

Wittal versteht sich in erster Linie auch als Seelsorger. Der zuvor der für die Automobilindustrie tätige, verheiratete Maschinenbautechniker war vor elf Jahren zum Diakon geweiht worden. Zuerst arbeitete er noch als Diakon und in seinem alten Zivilberuf weiter, bis er, wie er selbst sagt, gemerkt habe, dass für ihn der bessere Weg darin bestehe, die Berufung als Seelsorger zum Hauptberuf zu machen. Wittal bezeichnet sich als Verfechter der Volkskirche. Also einer Kirche, die für alle da ist, und nicht einer Kirche, die aus einer kleinen Schar Auserwählter besteht. "Wir sind für die Menschen da, nicht umgekehrt", beteuert der Pfarrbeauftragte.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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