Gröbenzell:Vorhersehbares Verkehrschaos

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Gemeinderat und Aubings Bezirksausschuss sind sich einig, dass sie das Bevölkerungswachstum kaum steuern können. Die Verdoppelung der Einwohnerzahl Lochhausens würde schier unlösbare Probleme bescheren

Von Peter Bierl, Gröbenzell

Die Nachbarn in Lochhausen expandieren gewaltig. Die Folgen werden auch die Gröbenzeller spüren, das Verkehrschaos wird zunehmen. Die Gestaltungsspielräume der Kommunalpolitiker sind gering, das ist das ernüchternde Ergebnis eines Meinungsaustausches, zu dem sich am Mittwoch Gröbenzeller Gemeinderäte und Mitglieder des Bezirksausschusses von Aubing, Lochhausen und Langwied getroffen haben. Das Fazit der CSU-Fraktionsvorsitzenden Brigitte Böttger: "Wir werden der Verantwortung für die Bürger in Bezug auf die Lebensqualität nicht mehr gerecht."

Ihre Fahrt zum neuen Gröbenzeller Rathaus, das mitten im dicht bebauten Gewerbegebiet liegt, konnten die Nachbarn als Zeitreise auffassen. Die vermeintliche Gartenstadt Gröbenzell mit kleiner Fläche hat bereits erreicht, was den anderen bevorsteht: Alle Außenflächen sind zugebaut. Lochhausen und Langwied haben derzeit etwa 5000 Einwohner, in drei neuen Baugebieten sollen 1000 Wohnungen entstehen, in die gut 3500 Menschen einziehen werden. Der erste Spatenstich steht zum Jahresende bevor. Direkt an der Grenze zu Gröbenzell entsteht ein Wohngebiet angeblich mit Dorfcharakter für etwa 300 Menschen auf einem fünf Hektar großen Gelände. Dazu kommt im Bezirk Aubing die Bebauung von Lochhausen, wo 25 000 Menschen unterkommen sollen. Der Bezirksausschussvorsitzende Sebastian Kriesel (CSU) warnte, dass der Münchner OB Dieter Reiter (SPD) habe bereits angedeutet, dass auch noch "ein bisserl mehr" gehe.

"Wir haben ein Problem mit der Infrastruktur", sagte Kriesel. Es fehle an Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, und der Verkehr sei nicht mehr zu bewältigen. Der Gröbenzeller Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) warnte vor einem "totalen Verkehrschaos", wenn in zwei Jahren viele Wohnungen in Lochhausen fertig werden. "Alle sehen das so, aber nichts wird gemacht", rügte er. Jürgen Umseher (CSU) vom Bezirksausschuss geht davon aus, dass bis zu 28 000 Autos täglich auf der Lochhauser Straße fahren werden. Der Bezirksausschuss könne nichts gegen diese Entwicklung ausrichten, betonte Kriesel. Das Gremium fungiere als Lobby für die Lochhausener, die Entscheidungen aber fällt der Stadtrat. Was den Verkehr betrifft, meinte Kriesel, notwendig seien Carsharing-Modelle und Angebote für Radfahrer. Böttger fragte nach Busverbindungen in den Lochhauser Neubaugebieten, worauf Kriesel auf Quartierbusse mit 20 bis 25 Plätzen verwies, die man einsetzen könnte. Peter Falk (SPD) schlug eine Radl-Schnellbahntrasse vor und rügte die Ablehnung eines so "zukunftsweisenden" Projekts durch den Kreistag von Fürstenfeldbruck. Schäfer kritisierte, dass die Staatsstraße zwischen Gröbenzell und Lochhausen ausgebaut wird, aber ohne einen zweiten Radweg.

"Wir lassen alles halbherzig versacken", merkte Umseher selbstkritisch an. Er forderte einen Umbau der Lochhauser Straße mit beidseitigen Geh- und Radwegen, die ihrerseits strikt getrennt sein müssen. Notwendig sei auch eine Fußgängerunterführung, vor allem für Schulkinder. Kriesel mahnte außerdem eine Reform des MVV-Tarifsystems an, das mit seinen Zonen völlig undurchsichtig sei. "Bei dem starren System des MVV habe ich aber keine großen Hoffnungen", räumte er ein. Falk berichtete von Gerüchten, wonach eine Reform gar nicht gewollt sei, aus Angst, man würde mehr Fahrgäste anlocken, die der MVV gar nicht bewältigen könnte.

Klaus Coy (FDP) fragte nach weiterführenden Schulen. Kriesel gab Entwarnung. In Freiham werde bis Herbst 2019 ein Schulzentrum für 2000 Schüler sowie ein Sportzentrum entstehen, so dass die Versorgung gesichert sei. Zum Projekt Böhmerweiher gab es keine erfreulichen Nachrichten. Falk mahnte eine Erschließung für Radler und nicht für dicke Autos an. Der Bezirksausschuss Aubing werde erst einbezogen, wenn das Planungsreferat fertig sei, berichtete Kriesel. Michael Leonbacher (FW) erinnerte daran, dass für Frühjahr neue Pläne angekündigt seien. Die Pläne würden erst im Spätherbst vorgestellt, sagte Bürgermeister Schäfer. Johann Böhmer (FW) kritisierte die eigene Gemeinde. Dass nichts voran gehe, sei die Schuld von Gröbenzell, es fehle eine Grundvereinbarung. Schäfer wies den Vorwurf zurück.

Am Ende war sich die Runde einig, dass der Austausch sinnvoll sei. Kriesel lud die Gröbenzeller zu einem Gegenbesuch ein. Der Nutzen solcher Treffen bleibt indes abzuwarten. Fragen wie die Breite von Radwegen verwies Böttger in die Kategorie "marginale Paradiesprobleme".

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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