Gröbenzell:Von den Freuden eines Bürgermeisters

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Eicke Götz feiert seinen 80. Geburtstag. Von den Jahren im Rathaus seiner Heimatgemeinde schwärmt er immer noch - ganz anders als von seiner Zeit als CSU-Bundestagsabgeordneter

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Menschen, die ihre Erfolge auf Glück und nicht nur auf eigene Leistungen zurückführen, sind die Ausnahme. So jemand ist der Gröbenzeller Eicke Götz. Der ehemalige CSU-Politiker saß ein Jahrzehnt im Bundestag. Zuvor war er zwölf Jahre Bürgermeister in seinem Wohnort. Von diesem Amt schwärmt er noch immer, das Abgeordnetendasein erlebte er dagegen als frustrierend. An diesem Freitag wird er 80 Jahre alt. Die Gebrechlichkeit des Älterwerdens erträgt er mit Gelassenheit. Eigentlich müsste er sich mit einem Rollator bewegen, aber dafür sei er zu eitel, merkt er selbstironisch an. Mit Dankbarkeit spricht er vom Glück, seine Großfamilie mit inzwischen zwei Urenkelinnen um sich zu haben. Dazu komme das Glück, auf die richtigen Menschen getroffen sowie geistig fit geblieben zu sein. Letzteres befähigt den ehemaligen Juristen, Politiker und Medienunternehmer mit Beteiligungen an mehreren landesweit zu empfangenden und 34 lokalen Radiosendern dazu, sich nun mit philosophischen Fragen oder Teilchenphysik zu beschäftigen.

Obwohl er das politische Geschehen kritisch verfolgt, mischt er sich nicht mehr ein. Vor fünf Jahren war er noch am Sturz des damaligen Gröbenzeller CSU-Bürgermeisters Dieter Rubenbauer beteiligt, was für seine Partei zum Machtverlust führte. Eine solche Niederlage ist ihm lieber als Heuchelei. Schließlich hielt er Rubenbauer für ungeeignet. Nun interessieren ihn die Grundfragen und Rätsel des Lebens, das Werden und Vergehen in der Natur in seinem Garten, mehr als die Tagespolitik.

Die Bereitschaft, sich immer wieder auf neue Lebenssituationen einstellen, zieht sich wie ein roter Faden durchs Leben des Jubilars. Bürgermeister oder Abgeordneter zu werden, gehörte nicht zur Lebensplanung des Schwaben. Im Alter von 29 Jahren wurde der in der Wehrbereichsverwaltung arbeitende Regierungsrat gebeten, sich um das Bürgermeisteramt zu bewerben. Obwohl er nicht der Wunschkandidat vieler CSU-Mitglieder und der eingesessenen Gröbenzeller war, trat er drei Jahre später seinen Traumjob im Rathaus an. In der Amtszeit des Machers verdoppelte sich die Einwohnerzahl auf 15 000. Öffentliche Einrichtungen entstanden wie am Fließband. Als sein wichtigstes Projekt führt er das Schul-, Sport- und Freizeitzentrum an.

Sein Erfolg oder Glück, mit 71 Prozent der Stimmen wiedergewählt zu werden, prädestinierte den Bürgermeister in den Augen von Landrat Gottfried Grimm für eine Bundestagskandidatur. Der Angesprochene sagte zu, was er später bereute. Das weit von den Bürgern entfernte "Raumschiff" Bundestag mit dem Zwang der Fraktionsdisziplin behagte dem Aufmüpfigen nicht. Wie er gegängelt und unter Druck gesetzt wurde, erläutert er am Streit um die Stationierung von US-Mittelstrecken-Atomträgerraketen Pershing II, wogegen in den Achtzigerjahren Hunderttausende demonstrierten. Götz schlug nach einem Gespräch mit Friedensbewegten, die vor seinem Haus demonstriert hatten, vor, Deutschland über einen zweiten Schlüssel ein Mitspracherecht über den Einsatz der US-Atomwaffen zuzubilligen. Wie Götz berichtet, sollte damals eine Atomrakete in Fliegerhorst Fürstenfeldbruck stationiert werden, was die Bundeswehr immer bestritten hatte. Sein Vorschlag machte den Gröbenzeller deutschlandweit bekannt, zeigte ihm aber auch die Grenzen eines Abgeordneten auf. Von einer Wehrübung an der Donau, an der Götz als Oberleutnant teilnahm, wurde der Politiker von einer Stunde auf die andere in Uniform mit einem Bundeswehrflugzeug nach Bonn zu einem Treffen mit Franz Josef Strauß, dem Verteidigungsminister, dem Generalinspekteur der Luftwaffe und anderen Spitzenpolitikern der Union geflogen, um sich zu rechtfertigen und dazu nötigen zu lassen, solche Alleingänge künftig zu unterlassen. Danach war dem Gemaßregelten, der es sich erlaubte, auch mal bei einem guten Beitrag einem Redner der Opposition zu applaudieren, eines klar: "Wo es so zugeht, bleibst du nicht ewig." Statt 1990 ein weiteres Mal für den Bundestag zu kandidieren, ließ er sich als Rechtsanwalt nieder und bewarb sich um Rundfunklizenzen.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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