Gröbenzell:Viel Österreich

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Bekannte Melodien, erfrischende Texte: Martin Schmid und Stefan Leonhardsberger beim Konzert in Gröbenzell. (Foto: Günther Reger)

Gelungener Auftritt von Stefan Leonhardsberger und Martin Schmid

Von Sonja Pawlowa, Gröbenzell

Pünktlich um 20 Uhr ging im Bürgerhaus das Bühnenlicht an. Pünktlich, weil sich über hundert neugierige Zuseher überpünktlich eingefunden hatten und bereits vor 20 Uhr den Saal füllten. Eine Überraschung, denn an der Anziehungskraft des Werbeplakats für das Programm "Billi Jean is ned mei Bua" kann es nicht gelegen haben. Das wirkte mit seiner krakeligen Kinderzeichnung und der ungelenken Schreibschrift eher wie ein Schülerstreich. Überraschend auch, dass sich dieselbe Zeichnung, aufgedruckt auf einen Jutebeutel, als Merchandising-Produkt nach dem Konzert recht gut verkaufte, obwohl die Altersgruppe der Käufer jenseits der 40 angesiedelt war.

Grund für das zahlreiche Erscheinen war Stefan Leonhardsberger. Nach Auftritten im Deutschen Theater und dem Vereinsheim in München hat der Publikumspreisträger des Paulaner-Solo-Nachwuchswettbewerbs einen soliden Bekanntheitsgrad erreicht. Und das zu Recht. Souverän ködert Leonhardsberger sein Publikum, indem er beispielsweise das österreichisch "Rährd" für das hochdeutsche "Weint" verwendet. Er betont dabei den Charme dieses formidablen Dialekts. Das Mühlviertel als "das österreichische Auenland, Heimat kleiner Männer mit behaarten Füßen" zu klassifizieren, ist ein gekonnter Kniff, der gleich zu Beginn des Abends das bayerische Publikum erobert.

Den Rahmen für die lockere Zusammenstellung der Popsongs, denen Paul Klambauer neue, geniale Texte verpasst hat, bildet die Geschichte um "Billi Jean". Es geht um einen unehelichen Sohn, das Produkt einer Zufallsbekanntschaft und eine folgenreiche Vaterschaftsklage. Der Dreiklang aus Stefan Leonhardbergers Schauspielkunst, Martin Schmids virtuoser musikalischer Begleitung und der Texte, die immer liebevoll menschliche Schwächen beschreiben, machen aus einer spröden Bühne ein facettenreiches Theater. Die englischen Originaltexte von Liedern wie beispielsweise "Candy Shop" von Rapper 50 Cent hat Klambauer nicht eins zu eins übersetzt, sondern mit seiner Adaption "Würschtelstand" einen völlig neuen Inhalt erschaffen. Leonhardsberger setzt mit seiner Erklärung, was die Einrichtung Würschelstand für Österreich bedeute, sogar noch einen drauf: "Vor der Wurscht san ma olle gleich." Um das musikalische Hip-Hop-Genre anschaulich zu unterstreichen, zieht er seine Jeans zum Baggy-Pants-Style herunter und karikiert die typischen Moves mit lässiger Selbstverständlichkeit. Schmid lässt mit der Gitarre und seinen Beats mit dem Mund einen satten Sound entstehen - so wird der sinnenübergreifende Eindruck perfekt.

Überhaupt ist das Konzept Leonhardsberger-Schmid-Klambauer genial. Der Zuschauer fühlt sich optimal unterhalten und auf mehreren Ebenen angesprochen. Die allseits bekannten Melodien lösen ein Wohlbefinden aus, die Texte sind neu und erfrischend und die Parodie verschiedener Typen von Zeitgenossen regen zusätzlich die Lachmuskeln an. Es war ein langer Abend: zwei Männer, drei Gitarren, mehr als 20 Songs, dazu eine innovative Bühnenbeleuchtung, die an LED-Grablichter mit Prisma-Streuung erinnerte. Nach einem gelungenen Auftritt von annähernd drei intensiven Stunden und zwei Zugaben verließen Leonhardsberger und Schmid die Bühne wieder.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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