Gröbenzell:Traditionsbewegung im Wandel

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Seit 70 Jahren gibt es die Pfadfinder in Gröbenzell. Mit einer Ausstellung blicken die Mitglieder auf ihre Geschichte zurück. Von der Uniform bis zur Mitgliedschaft von Mädchen hat sich seitdem einiges geändert

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Philipp Tugemann ist nur noch vier Wochen Vorstand der Gröbenzeller Pfadfinder, der Deutschen Pfadfinder Sankt Georg (DPSG), wie der Stamm heißt. Dieser Gedanke an das Ende seiner Amtszeit stimmt ihn nicht gerade fröhlich. "Als ich heute Morgen die Kluft angezogen habe", erzählt er, "habe ich gedacht, mir wird bald etwas fehlen." Drei Jahre ist der Bankkaufmann dann Co-Chef der Pfadfinder gewesen, heute ist Tugemann 25 Jahre alt. Mit elf Jahren war er in den Stamm eingetreten. Das war relativ spät. Häufig kommen die Kinder schon mit acht, wenn die Pfadfinder beim den Kommunionskindern um Nachwuchs werben. Anlässlich des 70-jährigen Bestehens des Gröbenzeller DPSG-Stammes haben sich bei einer Ausstellung zu diesem Thema im Heimat- und Torfmuseum nicht nur Tugemann, sondern auch ehemalige Stammesvorstände eingefunden.

Albert Schäffler konnte dem Jubiläum nicht mehr beiwohnen. Er ist vor acht Jahren verstorben. Schäffler hatte 1946 im Auftrag des Gröbenzeller Pfarrers Auer die katholischen Pfadfinder vor Ort gegründet. Seine Ehefrau Helga und ihr Enkel Christian ("Ich bin immer noch sehr stolz auf meinen Opa") wurden von Museumsleiter Albert Donhauser bei der Ausstellungseröffnung persönlich begrüßt. Schäffler war der erste "Stammesfeldmeister", wie sich der Vorstand damals nannte. Sechs Jahre war er das, bis er heiratete und bei den Pfadfindern ausschied. Die Ausstellung zeichnet die 70 Pfadfinderjahre chronologisch nach und setzt markante Punkte, wie den Georgstag mit der jährlichen Großversammlung auf der Georgswiese bei Grünwald.

Die Farbe des Tuchs und des Aufnähers zeigen an, in welchem Rang sich ein Mitglied befindet. Blau etwa tragen die "Jungpfadfinder". (Foto: Johannes Simon)

Ab 1971 wurden bei den DPSG auch Mädchen als Mitglieder zugelassen. Es hat jedoch bis 1981 gedauert, bis Mädchen zum Stamm gehörten. Zuvor durften Frauen als Leiter bereits männliche Wölflinge betreuen, wie die Pfadfinderkinder von acht bis elf Jahren genannt werden. 1988 gehörte Kerstin Raab als erste Frau zum zweiköpfigen Vorstand. Mit den Mädchen und Frauen kam auch ein Aufschwung bei den Mitgliedern. Auch bei den Veranstaltungen veränderte sich einiges. So gab es von 2002 bis 2006 die jährliche Cocktailparty der Pfadfinder, bei der Abendgarderobe vorgeschrieben war. "Das war eine für mich prägende Zeit", sagt dann auch Annika Schalk, die 2012 dem Vorstand angehörte. "Ich habe dort Freunde gefunden und schöne Gemeinschaftserlebnisse gehabt." So war es auch bei Florian Kuscha, ihrem zeitweiligen Co-Vorstand. Seit vier Jahren ist der heute 36-Jährige nicht mehr aktiv, aber zum Jubiläum kam er noch einmal in seiner Kluft.

Auch die Kluft, die Uniform der Pfadfinder, hat sich verändert und wird nicht mehr zu jedem Gruppentreffen am Gröbenzeller Fischerweg getragen, wo der DPSG-Stamm seinen ständigen Treffpunkt mit Hütte und Lagerfeuerplatz hat. "Ich halte nichts von Zwang", sagt Philipp Tugemann. "Bei besonderen Anlässen, wie bei der Versprechensfeier, erwarten wir aber, dass das Pfadfinderhemd angezogen wird." Das Versprechen der Pfadfinder, dass zu bestimmten Altersstufen abgelegt wird und die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft bekräftigen soll, ist immer noch ein zentrales Element des Pfadfinder-Daseins. Erstmals geben die Kinder ab elf Jahren, wenn sie nach der Wölfling-Zeit Jungpfadfinder geworden sind, ihr Versprechen ab. Mit 14 Jahren werden sie dann Pfadfinder, ab 16 heißen sie Rover, ehe sie Gruppenleiter werden können. Jedes Alter hat unterschiedliche farbliche Aufnäher - die Pfadfinderlilie - auf dem Hemd.

Viele aktive und ehemaliger Mitglieder des Gröbenzeller Stamms feiern gemeinsam das Jubiläum des Vereins. (Foto: Johannes Simon)

Die goldene Pfadfinderlinie trägt der Stammesvorstand auf dem Hemdsärmel. So auch Tugemann noch für die nächsten vier Wochen. Er steht selbst für gravierende Veränderungen im katholischen Pfadfinderstamm. Die Konfession spielt schon lange keine Rolle mehr. Er selbst ist evangelisch. Etwa hundert Mitglieder hat der Gröbenzeller DPSG-Stamm heute. Der muss sich schon anstrengen, um Nachwuchs zu bekommen. Da sind dann auch Kompromisse notwendig. So ist die Handynutzung der Kinder und Jugendlichen ein Problem. Früher sollte das immer daheim bleiben, wenn die Pfadfinder weggefahren sind. "So streng sind wird nicht mehr", bestätigt Tugemann. "Mal ein kurzes Gespräch und eine SMS an die Eltern Zuhause ist schon möglich, aber am Lagerfeuer sollte es nicht dabei sein." Seien die Kinder erst einmal draußen in der Natur, spiele das Handy keine große Rolle mehr.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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