Gröbenzell:Riskante Planspiele um die Hexe

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Die Gemeinde Gröbenzell kämpft für den Erhalt des charakteristischen Gebäudes am Bahnhof. Zwingt sie den Eigentümer, das Haus zu erhalten, könnten jedoch hohe Schadenersatzforderungen gestellt werden

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Ist das für die Geschichte von Gröbenzell wichtige Gebäude der ehemaligen Bahnhofsgaststätte in der Kirchenstraße mit dem beliebten Musik- und Jugendlokal "Hexe" noch zu retten? Nach dem Verkauf des Anwesens im Herbst 2016 an einen Bauträger, hat dieser im März einen Antrag auf Abriss des Gebäudes eingereicht und im April einen Antrag auf einen Vorbescheid zum Bau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem 1267 Quadratmeter großen Areal gestellt. Mit einer Erhaltungssatzung möchte der Gemeinderat den Abriss verhindern. Ob das gelingt, ist offen.

Wieder einmal hat der Gemeinderat in der Sitzung am Donnerstagabend die öffentliche Debatte und die Entscheidung über den Erlass der Erhaltungssatzung vertagt. Nichtöffentlich diskutierte das Gremium sehr wohl über den Punkt. Angestrebt wird eine einvernehmliche Lösung mit dem Investor. Wie es heißt, setzen die Politiker darauf, dass mit dem im Februar gefassten Grundsatzbeschluss, eine solche Erhaltungssatzung zu erlassen, vorerst der Abriss zu verhindern ist und man Zeit gewinnt. Wegen vieler Unklarheiten verweigerte der Bauausschuss Anfang Mai das Einvernehmen zu einer Bauvoranfrage, weil diese von den Vorgaben des Bebauungsplans abweicht.

Beim Erhalt geht es nicht nur um ein historisches Gebäude und die damit verbundenen Emotionen, sondern auch um viel Geld und Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe, die auf die Gemeinde zukommen könnten. Der Gemeinderat hatte nämlich vor vier Jahren einen Bebauungsplan mit hohem Baurecht für das Grundstück mit dem Gebäude der Gaststätte und dem daneben liegenden erlassen, auf dem eine ebenfalls zum Abriss bestimmte ehemalige Apotheke steht. Der Investor will auf seinen beiden Grundstücken tausend Quadratmeter Gewerbefläche und 21 Wohnungen schaffen.

Wie der Stellungnahme eines Juristen zu entnehmen ist, die Teil der im Internet einzusehenden Sitzungsunterlagen für den Donnerstag war, birgt eine Erhaltungssatzung Risiken. Eines der Probleme schuf der Gemeinderat selbst. Hätte er 2013 in dem Bebauungsplan den Erhalt des Gebäudes festgesetzt, wäre er nun in einer starken Position und das Filetgrundstück weniger wert. Das unterlassen zu haben, gilt nun als leichtfertig, heißt es vertraulich, weil man darauf vertraute, dass die damaligen Eigentümer, der jetzige Bürgermeister Martin Schäfer und dessen Bruder, das Gebäude weder abreißen noch verkaufen würden. Dieses Versäumnis könnte nun Schadenersatzansprüche in Höhe des Wertverlustes nach sich ziehen, sollte sich der Gemeinderat durchsetzen. Zudem schließen Insider nicht aus, dass die Gemeinde in diesem Fall dazu verpflichtet werden könnte, dem Investor die ehemalige Bahnhofsgaststätte abzukaufen. Dann wären Millionenbeträge fällig.

Noch ist nicht einmal sicher, ob sich überhaupt eine Mehrheit für den Erlass der Erhaltungssatzung aussprechen würde. Für den Antrag der SPD, die Gemeinde solle das Areal erwerben, gab es schon in den Neunzigerjahren keine Mehrheit. Seit dem ebenfalls vor Jahrzehnten erfolgten Abriss des Saales der ehemaligen Bahnhofsgaststätte ist für den verbliebenen Gebäudetorso vom Denkmalamt kein Denkmalschutz mehr zu bekommen, was die Grünen vergeblich beantragt hatten.

Chancen, die ehemalige Bahnhofsgaststätte zu retten, gab es viele. Nur fehlten dazu die Mehrheiten. Bürgermeister Schäfer äußert sich nicht zu Verkauf. Geht es um die Erhaltungssatzung, verlässt er demonstrativ den Sitzungssaal. Und es ist davon auszugehen, dass er auch nicht die Gespräche der Gemeinde mit dem Investor führt. Unklar ist, warum der Privatmann Schäfer und sein Bruder ihr Anwesen vor dem Verkauf nicht der Gemeinde angeboten hatten.

Sollte sich der Gemeinderat dazu durchringen, sich auf einen Rechtsstreit mit dem Investor einzulassen, wäre zu klären, was im Falle eines Erwerbs geschehen soll. Allein für den Erhalt einer Gaststätte ließen sich Ausgaben in Millionenhöhe nur schwer rechtfertigen. Auch bei einer gütlichen Einigung müsste die Gemeinde über ein Konzept verfügen. Soll es ein Vereinsheim, eine Musik- oder Volkshochschule oder ein Gründer- oder Innovationszentrum für Start-ups werden? Zu bedenken ist zudem, dass die CSU wohl nach wie vor einen Verkauf ablehnt, und mit dem Geld für einen Erwerb auch andere Projekt finanziert werden könnten.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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