Gröbenzell:Rettungsversuch für Hexe

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Gröbenzell will früheres Lokal vor dem Abriss bewahren

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Seit dem Verkauf der ehemaligen Bahnhofsgaststätte in der Bahnhofstraße in Gröbenzell an einen Bauträger ist das Gebäude mit dem Kultlokal "Die Hexe" vom Abbruch bedroht. Unter Zugzwang geraten, das für die Ortsgeschichte wichtige Ensemble zu erhalten, hat der Gemeinderat am Donnerstag über Möglichkeiten diskutiert, den Erhalt zu gewährleisten. Da es als aussichtslos gilt, das 90 Jahre alte Anwesen unter Denkmalschutz zu stellen, setzte sich die SPD mit einem Kompromissvorschlag durch. Mit 14 gegen zehn Stimmen wurde beschlossen, für den Bereich eine sogenannte Erhaltungssatzung zu erlassen. Dieses Instrument der Bauleitplanung gilt als Mittel des kommunalen Denkmalschutzes. Es wird angewandt, wenn historisch und baukulturell bedeutende Quartiere, Ortskerne oder Ensembles erhalten werden sollen, aber die Vorgaben des Denkmalschutzes nicht greifen. Zu diesem Schritt hatte die Kreisbaudirektorin aus dem Landratsamt geraten. Um die Gemeinde vor einem Rechtsstreit mit dem Investor und eventuellen Schadenersatzansprüchen zu schützen, lehnten CSU, UWG und Bürgermeister Martin Schäfer es ab, sich ohne Prüfung der Rechtslage auf eine Erhaltungssatzung einzulassen. Im Gegensatz zu SPD und Grünen, die einen Dringlichkeitsantrag gestellt hatten, sahen sie zudem keine Eile.

Wiederholt wurde offenbar, wie verzwickt der Fall ist. Immerhin hatte die Gemeinde 25 Jahre Zeit zu klären, wie der Erhalt des Gebäudes gesichert werden könnte. 1992 hatte eine Bürgerinitiative den Abriss verhindert. Im gleichen Jahr hatte die SPD vergeblich beantragt, das Anwesen unter Denkmalschutz zu stellen und von der Gemeinde erwerben zu lassen. Da seither außer Absichtserklärungen nichts geschehen ist, befindet sich der Investor in einer relativ starken Position. Zudem kann er sich auf einen gültigen Bebauungsplan berufen, der ihm im Ortszentrum mehr Baurecht zugesteht, und der, worauf Zweiter Bürgermeister Martin Runge (Grüne) hinwies, ein Musiklokal wie "Die Hexe" sogar explizit ausschließt.

Da das Gebäude vor dem Verkauf Bürgermeister Schäfer und seinem Bruder gehört hatte, regte Peter Falk (SPD) an, für diesen Tagesordnungspunkt die Sitzungsleitung an Runge zu übertragen. Das lehnte Schäfer mit dem Hinweis ab, er habe dies vorher prüfen lassen. Dritter Bürgermeister Axel von Walter (SPD) bezeichnete es als "bedenklich", dass die Sitzungsleitung beim früheren Eigentümer liege. Er bat darum, dies ins Protokoll aufzunehmen.

Als sich abzeichnete, dass Rechtsanwalt Walter für den von ihm vorgelegten Entwurf für eine Erhaltungssatzung keine Mehrheit fand, warb er erfolgreich für den Kompromiss, zumindest den Erlass einer solchen Satzung zu beschließen. Das sei niederschwellig und berge keine Risiken, sagte Walter: "Wir entscheiden nichts, wir sichern nur." Da der Eigentümer die Gemeinde fragen müsse, ob er etwas ändern oder abreißen dürfe, verbessere eine solche Willenserklärung die Position der Gemeinde bei Verhandlungen mit dem Bauträger. Dem Einwurf, der rechtsgültige und einstimmig beschlossene Bebauungsplan widerspreche einer solchen Erhaltungssatzung, konterte Walter mit dem Hinweis, eine Erhaltungssatzung sei ein Genehmigungsvorbehalt und habe Vorrang.

Wiederholt wurde die Grundsatzfrage gestellt, wie die junge, schnell gewachsene Gemeinde mit ihrer Ortsgeschichte und den wenigen noch erhaltenen historisch bedeutsamen Bauten umgeht. Es bestand Einigkeit darin, dass sich die Bemühungen nicht auf ein einzelnes Gebäude wie die ehemalige Bahnhofswirtschaft beschränken dürften, sondern es überfällig sei, endlich eine Liste mit allen erhaltenswerten Häusern zu erstellen. Michael Leonbacher (FW) erinnerte an den Beschluss, das gesamte alte Rathaus samt den historischen Gebäudeteilen abzureißen, und sagte, er hätte sich einen ähnlichen Einsatz für das alte Rathaus gewünscht wie für die ehemalige Bahnhofgaststätte. Hans Böhmer (FW) erinnerte daran, welche "enorme Aufwertung" der Erhalt der alten Schule gebracht habe. Er sprach von einem "Erweckungserlebnis", da viele das "Gelump" am liebsten abgerissen hätten. Böhmer forderte, die Arbeit der Bauverwaltung stärker nach Aspekten der Baukultur und des Denkmalschutzes auszurichten. Er riet dazu, den Erhalt der Bahnhofgaststätte mit Gespür anzugehen.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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