Gröbenzell:Neue Hörweisen

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Seltene Klaviertrio-Besetzung: Die Bento-Musiker (von links) Sabine Kittel, Paul Rivinius und Anke Heyn spielen Flöte, Klavier und Cello. (Foto: Günther Reger)

Das Ensemble Bento begeistert mit Flöte, Cello und Klavier das Publikum

Von KLAUS MOHR, Gröbenzell

Jeder Musikfreund weiß, dass ein Klaviertrio nicht aus drei Klavieren, sondern in der Regel aus Violine, Violoncello und Klavier besteht. Beim jüngsten Abend der Gröbenzeller Konzertreihe am Samstag in der Rudolf-Steiner-Schule trat auch ein Klaviertrio auf, allerdings spielte hier statt der Violine eine Flöte. Die zwei Werke in der ersten Konzerthälfte von Philippe Gaubert und Jean Françaix waren dabei Originalkompositionen für diese Besetzung, im dritten Trio nach der Pause, das von Felix Mendelssohn Bartholdy stammte, wurde der ursprüngliche Geigenpart von der Flöte übernommen. Auf der Bühne saß das Ensemble Bento mit Sabine Kittel (Flöte), Anke Heyn (Violoncello) und Paul Rivinius (Klavier).

Philippe Gauberts 1921 entstandene "Trois Aquarelles" für Flöte, Violoncello und Klavier deuteten nicht nur durch ihre Titel eine Verbindung zum Impressionismus an, sie lösten diese Assoziation auch musikalisch ein. Das galt zuvorderst in allen drei Stücken für den Charakter, der sich als licht, hell oder unbeschwert beschreiben lässt. Es galt nicht im Sinne eines metrisch oder rhythmisch schwankenden Bodens. So waren im ersten Aquarell ("An einem klaren Morgen") stetig wiederholte, dabei perlende und leicht dahinfließende Spielfiguren im Klavier konstitutiv. Auf diesem Fundament artikulierte sich in stimmiger Balance ein ganz ruhig geführter Flötenton, der stets zielgerichtet und mit organischem Vibrato angereichert war. Zu diesem auch von der Klangfarbe her wichtigen Element in der Höhe gesellte sich das Cello, dessen Ton ganz weich und samtig die tieferen Klangbereiche abdeckte. Beide Melodieinstrumente wechselten sich dabei ganz selbstverständlich in der Melodieführung ab, so dass das Klavier nur sparsam in das motivische Geschehen eingebunden war.

Auf den ersten Blick wirkten die Linien aller drei Instrumente im folgenden, mit "Herbstabend" überschriebenen Stück wie improvisiert, doch wurde musikalisch schnell deutlich, wie genau diese Bögen im Detail aufeinander abgestimmt waren. Dem hier verwendeten Klangraum in der Mitte entsprach auch die Beobachtung, dass in der horizontalen Führung hauptsächlich Schritte und kaum Sprünge vorkamen, was den ausgeglichenen Legato-Ausdruck wirkungsvoll unterstrich. Das letzte Stück, eine Sérénade, spielte in den harmonischen Wechseln quasi mit musikalischen Lichtbrechungen. Glitzernde Umspielungen im Klavier umhüllten die klar artikulierten Melodiebögen von Flöte und Violoncello, womit der Legatocharakter der beiden Vorgängerstücke effektvoll abgelöst wurde.

1995 und damit nur zwei Jahre vor seinem Tod schrieb Jean Françaix sein Trio für Flöte, Violoncello und Klavier. Es handelt sich hier jedoch nicht um ein abgeklärtes Alterswerk, sondern um eines, das den augenzwinkernden Zugriff geradezu fokussiert und so stilistisch zwischen verschiedenen Stühlen sitzt. Übergreifendes Motto aller vier Sätze war in der Interpretation hier eine durch und durch französische Eleganz im Ausdruck, was sich dem Hörer durch die Tongestaltung, aber insbesondere auch durch die fein differenzierte Artikulation offenbarte. In jeder Hinsicht typisch waren die komponierten Brüche im Eingangssatz Allegro: Jahrmarktsmusik war hier mit eingeschobenen Walzertakten kombiniert, zartes Ping-Pong-Spiel mit Charme und Witz angereichert.

Nach der Pause erklang Felix Mendelssohn Bartholdys berühmtes Trio in d-Moll op. 49. Da sich Violine und Flöte nur teilweise von ihrem Tonumfang her decken, mussten zahlreiche Passagen des Geigenparts für die Flöte um eine Oktave transponiert werden. Was aber insgesamt stärker ins Gewicht fiel, war die Tatsache, dass mit der Flöte eine ganz andere Klangfarbe ins Spiel kam. Während die Flöte im Kopfsatz (Molto allegro) oft eher wie ein Störfaktor wirkte, der die wunderbare Einheitlichkeit aufbrach, eröffnete sie im Andante, eine Art "Lied ohne Worte", neue Hörweisen. Der strömende Atem und der damit verbundene unendliche Ton kamen einer Gesangsstimme noch näher, als es eine Geige sonst vermag. Auch verzichtete die Flötistin gerade in der Höhe auf jede Schärfe und verließ sich völlig zu Recht auf die Tragfähigkeit ihres Tons im sanften Piano. Am Ende gab es großen Beifall und Getrampel, so dass noch der Andante-Satz aus einem Trio von Francis Poulenc als Zugabe gespielt wurde.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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