"Asoziale Großfamilien und kinderlose Egoisten? Familienpolitik auf dem Prüfstand!", unter diesem Titel veranstaltete die Junge Union eine Podiumsdiskussion mit der geplanten Wunschbesetzung: Kerstin Schreyer-Stäblein, Vorsitzende der CSU-Familienkommission, Franziska Ferber, Kinderwunsch-Coach und Buchautorin und Alexandra Gaßmann, Stadträtin der Stadt München und Vorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien. Drei Frauen, die ganz verschiedene Lebensentwürfe vertreten und sich dafür politisch sowie gesellschaftlich aus unterschiedlichen Gründen ausgrenzt fühlen.
Kerstin Schreyer-Stäblein findet es schon als Vollzeit-Politikerin mit einer Tochter schwierig. Im Wettbewerb mit männlichen Kollegen spielt ihr Mutter-Dasein oft eine Rolle, anders als bei den Männern der CSU. Mit Schubladendenken weiß Alexandra Gaßmann gut umzugehen, sie hat mit ihrem Mann bereits neun Kinder groß gezogen, wenn sie das erzähle, entglitten ihrem Gegenüber immer wieder die Gesichtszüge, entweder "aus Bewunderung oder Entsetzten", so die Stadträtin. Bei den Münchner Preisen verliert sie aber auch mal die Fassung, "86,50 Euro muss ich mit meinen Kindern zahlen, wenn wir in ein städtisches Freibad in München gehen möchten", empört sie sich.
Da kann Franziska Ferber nicht mitreden. Sie und ihr Mann können keine Kinder bekommen, der unerfüllten Kinderwunsch veränderte ihr Leben. Fünf Jahre lang leitete sie die Öffentlichkeitsarbeit für die CSU-Landesleitung in München. Danach stieg sie bei einer Unternehmensberatung ein, "doch irgendwann konnte ich im Büro nicht mehr erzählen, was ich um sieben Uhr morgens schon alles hinter mir hatte: Ultraschalle, Vermessungen meiner Eizellen und so weiter", erzählt sie. Daraufhin wurde sie freiberuflicher Kinderwunsch-Coach und schrieb das Buch "Unsere Glückszahl ist zwei". Jede der drei Frauen bot mit zahlreichen Anekdoten einen tiefen Einblick in ihr Familienleben.
Schnell stand fest, dass es nicht richtig sei, Familien pauschal zu beurteilen. "Doch für die Familienpolitik sind gewisse Normen wichtig", sagte Franziska Ferber und unterstützte damit indirekt die Vorsitzende der Familienkommission, Kerstin Schreyer-Stäblein, die auf wiederholte Frage des Moderators, ob die CSU auf Kinderlose und Großfamilien eingestellt sei, antwortete: "Bei der Familienpolitik gibt es durchaus noch Nachholbedarf, zum Beispiel brauchen wir dringend eine Beratungsstelle, in der sich Familien mit Kinder über alle Leistungen des Staats informieren können." Auch der unbezahlbare Wohnraum in München für Familien mit Kindern wurde thematisiert. "Die Politik wird den Mietmarkt nicht festlegen", so Kerstin Schreyer-Stäblein, "doch worum ich mir Sorgen mache, ist das Modell von Großfamilien wie bei Frau Gaßmann." Allerdings trage der teure Wohnraum in München zur Verminderung von Lebensqualität bei Großfamilien erheblich bei.
Alexandra Gaßmann erzählte das Beispiel von einem Familienvater, der im Raum München arbeitet und dessen restliche elf Familienmitglieder aus Baden-Württemberg nicht nachziehen können. Die Familie habe sogar bezahlbare Unterkünfte gefunden, doch die Vermieter wollten nicht, dass zehn Kinder in dem Haus wohnen. Großfamilien begegneten Frechheiten dieser Art regelmäßig, deswegen könnten sie Unterstützung gebrauchen.
Das findet auch Franziska Ferber, die inzwischen in den Verband kinderreicher Familien eingetreten ist. Obwohl sie keine Kinder hat, sieht sie es als ihre Pflicht an, Großfamilien zu helfen. Sie selbst sieht sich vor allem dadurch benachteiligt, dass sie von ihrem Umfeld immer wieder an die eigene Kinderlosigkeit erinnert wird. Denn ob kinderreich oder kinderlos, in erster Linie sei es das Schubladendenken, das am meisten weh tue und bekämpft werden müsse.