Gröbenzell:Mit der Hochwassergefahr leben

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Die Frage, welche Folgen die vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiete für sie und ihre Gemeinde haben, interessiert im überfüllten Bürgerhaus bei einem Informationsabend mehr als 160 Gröbenzeller

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Im Juni 2013 fielen im Landkreis innerhalb von drei Tagen 130 Millimeter Regen pro Quadratmeter. Mit der Folge, dass Bäche wie der Gröbenbach über die Ufer traten und in Gröbenzell innerhalb von wenigen Stunden Hunderte Keller unter Waser standen. Die Ortsfeuerwehr musste mindestens 150 Mal ausrücken, um Bürgern technische Hilfe zu leisten. Solche Ereignisse haben zu einem Umdenken geführt. So ist mindestens ein Viertel der bebauten Flächen in der Gemeinde seit Januar 2016 als vorläufiges Überschwemmungsgebiet gesichert worden, was dem Hochwasserschutz dient, aber das Bauen erheblich erschwert. Bei einem Informationsabend der Gemeinde im Bürgerhaus am Donnerstagabend ging es darum die Bürger dafür zu sensibilisieren, dass sie in einem Gebiet leben, das immer noch ein nasses Moor mit hohen Grundwasserständen ist. Also um Bewusstseinsbildung sowie um die Frage, wie Gemeinde und Bürger künftig mit der Hochwassergefahr umgehen sollen.

Dass die Gefahr ernst genommen wird, zeigte das große Interesse. Das Bürgerhaus war mit mehr als 160 Besuchern überfüllt, viele mussten sich mit einem Stehplatz begnügen. Den Andrang kommentierte ein Kommunalpolitiker mit den Worten: "Wenn es ihm nass wird, kommt er, der Gröbenzeller." Folgende Botschaften vermittelten die Referenten von Gemeinde, Feuerwehr, Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt: Hochwasserereignisse mit Extremlagen werden zunehmen. Man kann sie nicht verhindern, aber sich sehr gut auf sie vorbereiten. Das Gemeindegebiet ist zu klein und zu dicht bebaut, um mit technischen Bauten und der Schaffung von Retentionsflächen die Gefahr im eigenen Hoheitsbereich in den Griff zu bekommen. Es gibt also nur langfristig umzusetzende Lösungen in Kooperation mit den Nachbarkommunen, von denen auch die Wassermassen kommen. Daran wird gearbeitet. Die Gröbenzeller sollten rechtzeitig Vorsorge treffen, um geschützt zu sein, sollte der Gröbenbach wieder einmal von einem harmlosen Rinnsal zu einem reißenden Gewässer mit einem Durchfluss von 15 bis 20 Kubikmeter Wasser pro Sekunde anschwellen.

Wo im Überschwemmungsgebiet liegt unser Haus, und wo steht das Wasser beim hundertjährlichen Hochwasser? Gröbenzeller orientieren sich anhand von Karten. (Foto: Günther Reger)

Das Wasserwirtschaftsamt habe das Überschwemmungsgebiet nicht geplant, das sei schon da gewesen, erklärte Florian Klein, der bei der Behörde für den Landkreis zuständige Abteilungsleiter. Um dies zu bekräftigen, zeigte Klein ein "Urpositionsblatt" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Gemeindegebiet und meinte, dieser Bereich sei "vom Wasser geprägt". Als Ziel gab Klein vor, in dem Überschwemmungsgebiet unbebaute Flächen freizuhalten. Das würde letztlich bedeuten, dass hier überhaupt nicht mehr gebaut werden könnte, was die Bauverwaltungen von Gemeinde und Landratsamts bisher erfolgreich verhinderten. Laut Gemeindeverwaltung wird inzwischen so kreativ geplant, dass bisher trotz der Auflagen und der Pflicht, neben einer Baugenehmigung auch eine wasserrechtliche Genehmigung einzuholen, für das Überschwemmungsgebiet noch kein einziger Bauantrag abgelehnt werden musste.

Die Lösung besteht darin, dass auf dem eigenen Grundstück des Bauherren ein Ausgleich für das durch bauliche Veränderungen verdrängte Wasser geschaffen wird. Begünstigt werden solche Lösungen, die darin bestehen, den Garten tiefer zu legen und fürs Hochwasser Mulden zu schaffen, durch die Topografie. Da es in Gröbenzell nur minimale Erhebungen gibt, verteilt sich das Hochwasser auf großen Flächen. Aufgrund dieser Topografie sehen die Karten der Überschwemmungsgebiete aus wie Fleckerlteppiche. Es können sich auf einem Grundstück blaue Gebiete, also Überschwemmungsbereiche, mit weißen abwechseln, die selbst beim hundertjährlichen Hochwasser trocken bleiben. Es gibt noch rote Bereiche, auf denen Gebäude überschwemmt würden.

Bürgermeister Martin Schäfer begrüßt die Besucher. (Foto: Günther Reger)

Aber das Wasser steht meist nicht einmal kniehoch, die Regel sind fünf bis 20 Zentimeter, was wieder ein Vorteil ist. Problematisch wird es, wenn das Wasser wesentlich höher stehen sollte, dann könnte es durchaus schon mal Bauverbote geben, was die Bauverwaltung und Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) auch offen einräumten. Bei der Suche nach Ausgleichsflächen hilft die Gemeinde Bauwilligen nicht, weil es an Flächen fehlt, kann sie auch keine zur Verfügung stellen. Was da ist, benötigt sie für eigene Projekte. Wer Beratungsbedarf hat, wie er im Überschwemmungsgebiet sein Haus bauen kann, der muss sich an Baufachleute wenden. Zur Situation auf einzelnen Grundstücken, äußerten sich die Experten nicht.

Feuerwehrkommandant Christian Weirauch gab Tipps, wie Gröbenzeller ihre Häuser schützen können. Er berichtete auch, wie sich die Wehr vorbereitet.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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