Gröbenzell:Lesestoff

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In der Gröbenzeller Gemeindebücherei herrscht nach der Wiedereröffnung beste Laune - bei Besuchern und Mitarbeitern gleichermaßen. Quarantäne gilt hier nur noch für zurückgebrachte Medien

Von Florian J. Haamann, Gröbenzell

Ein Hinweisschild vor dem Eingang, das den Besucher bittet, zu warten, bis er herein gebeten wird, drinnen dann erst einmal die Hände desinfizieren. Die Gemeindebücherei in Gröbenzell hat unter strengen Hygieneauflagen wieder geöffnet - wie die anderen Bibliotheken im Landkreis auch. Maximal zehn Personen gleichzeitig werden eingelassen, die Mitarbeiter sind in Zweier-Teams aufgeteilt, die sich die Schichten teilen. Verlängerte Öffnungszeiten sollen eine Überlastung vermeiden.

Am Zeitschriftenregal steht Lisa Röhrl und blättert durch die aktuellen Ausgaben des Kunstmagazins "Art". "Es ist wunderbar, wieder hier sein dürfen und ich genieße es, wieder stöbern zu können", sagt sie, und trotz des vorgeschriebenen Mundschutzes erkennt man auf ihrem Gesicht ein Lächeln aufblitzen. Das Magazin lese sie gerne als Inspiration. Denn die 56-Jährige ist Textilkünstlerin. Seit 15 Jahren ist sie in der Gröbenzeller Quilt-Gruppe, wo sie mit den anderen an den kunstvoll gearbeiteten Zierdecken und Wandteppichen arbeitet. Im ersten Stock der Bücherei hängt sogar eine Arbeit der Gruppe als Dekoration an der Wand. Sie zeigt - passend zum Ort - ein braunes Bücherregal auf weißem Grund, prall gefüllt mit aufgenähten Stoff-Büchern.

Bibliotheksleiterin Angelina Hanke empfängt am Eröffnungstag viele zufriedene Kunden an der Ausleihe. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In den letzten Wochen allerdings ist Röhrl nicht dazu gekommen, ihre Kunst auszuüben. Vielmehr hat sie ihre handwerklichen Fähigkeiten genutzt, um zu helfen. "Ich habe 300 Masken genäht für das Projekt von Hubert Aiwanger, professionell mit FFP-2-Qualität. Auch andere aus unserer Gruppe haben da mitgemacht. Jetzt habe ich aber schon ein bisschen einen Maskenkoller und würde gerne auch wieder Kunst machen", erzählt die gebürtige US-Amerikanerin, die vor drei Jahrzehnten nach Gröbenzell gezogen ist - wegen eines Mannes. "Es ist einfach die große Liebe, wir haben drei Kinder". Bevor sie nun mit ihren Kunstmagazinen zur Theke geht, will sie noch ein bisschen bei den DVDs stöbern.

An der Ausleihe sitzt an diesem Wiedereröffnungsdienstag Bibliotheksleiterin Angelina Hanke. Wie sie sich an diesem Tag fühlt? Hanke streckt die Arme nach oben. "Toll! Wir haben so lange gekämpft, es gab eine Petition, der Berufsverband hat Schreiben verschickt. Deswegen bin ich jetzt total happy, auch wenn die Wohlfühlatmosphäre bei uns unter den Beschränkungen etwas leidet", sagt sie von der anderen Seite des großen Plastikschutzes, der Mitarbeiter und Besucher trennt. Überall in der Bibliothek sind rot-weiße Absperrbänder gespannt, über die Arbeitsplätze und das rote Schiff im Kinderbereich. "Manchmal kommen Familien zu uns, einfach nur, um auf dem Schiff zu spielen", sagt Hanke. Das ist momentan freilich nicht möglich. Trotzdem ist es an diesem Vormittag nie leer in der Bücherei. Aus der Kinderecke dringt aufgewühltes Getuschel, andere Kunden spazieren ruhig mit ihren vollen Körben zwischen den Regalen entlang. Etwa zwanzig Besucher waren es in den ersten Stunden. An normalen Tagen besuchen 300 bis 700 Menschen die Bücherei, sagt Hanke.

Fast jeder sucht ein kurzes Gespräch, um seine Freude auszudrücken. Im Kinderbereich warten viele Neuerscheinungen auf neugierige Leser. Rot-weiße Absperrbänder im Hintergrund erinnern an die strengen Vorschriften, die seit der Wiedereröffnung gelten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Neben den Sicherheitsvorkehrungen, die man mittlerweile aus allen Läden kennt, gibt es in der Bibliothek eine Besonderheit. Zurückgebrachte Medien kommen für mehrere Tage in "Quarantäne". Sie werden gesondert in einem Raum gelagert, damit Viren und Bakterien absterben können. Danach werden sie gereinigt und kommen zurück in die Regale.

Auch wenn die Bücherei in den letzten acht Wochen gesperrt war, ist es den Mitarbeiterinnen nicht langweilig geworden. Vielmehr wurden die Dinge erledigt, für die sonst wenig Zeit bleibt. Zuerst einmal wurde die komplette Bibliothek grundgereinigt. "Dann haben wir an der Systematik gearbeitet, Konzepte entwickelt und Statistiken erstellt", sagt Hanke. Und auch neue Bücher wurden angeschafft: 500 Exemplare, die auf Lesehungrige warten.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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