Gröbenzell:Kein Platz für die "Siedler" im neuen Rathaus

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Gemeinderat entscheidet sich dagegen, das Holzrelief von Arno Visino auszustellen. Nun soll es fachmännisch eingelagert werden

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Das Relief "Die Siedler" des 2016 gestorbenen Holzbildhauermeisters Arno Visino wird nicht im neuen Rathaus ausgestellt. Das beschloss der Gemeinderat jüngst gegen die Stimme Anton Kammerls (CSU). Einige Politiker gaben dem Gremium die Schuld daran, dass das 1965 erschaffene Werk weiter eingelagert bleibt. Denn die Vorgabe, das 3,50 auf 5,30 Meter große Bildnis in dem Neubau unterzubringen, hätte vor dem Architektenwettbewerb 2016 gemacht werden müssen. Anstelle des Reliefs sollen andere Kunstwerke das im Bau befindliche Gebäude bereichern. Ob die von Gröbenzeller Künstlern stammen sollen oder eine thematische Vorgabe gemacht wird, ist noch unklar, ebenso das Budget.

Mitte der Sechzigerjahre, als die Sparkasse im Zentrum der noch jungen Gemeinde Gröbenzell, nur ein paar Meter entfernt vom S-Bahnhof, eine Filiale baute, entstanden "Die Siedler".

Im Auftrag des Kreditinstitutes schuf Holzbildhauer Visino zwölf Einzelszenen; die Motive von Natur, Architektur und technischer Entwicklung nehmen direkt Bezug auf Gröbenzell, etwa in der Darstellung eines Torfstechers. Susanne Poller, Architektin und Kreisheimatpflegerin, nennt die "Siedler" deshalb ein "wichtiges identitätsbildendes Kunstwerk", zumal für eine junge Gemeinde wie Gröbenzell. Visinos Witwe Lise-Lotte, die vor zwei Jahren die Gemeinde darum bat, das Relief freizugeben, sofern sie einen Standort außerhalb Gröbenzells findet, spricht vom "Lebenswerk meines Mannes".

Bis 1998, mehr als 30 Jahre, schmückte Visinos Werk das Foyer. Als die Sparkasse dann aber ein neues Gebäude errichtete, schenkte sie es kurzerhand der Gemeinde. Aus Platzmangel wurde das monumentale Kunstwerk in drei Teile zerlegt und im Bauhof eingelagert. Erst 2017, da war der Architektenwettbewerb für das neue Rathaus längst passé, wurde die Standortfrage des Reliefs im Sonderbauausschuss diskutiert. Bereits damals entschied sich die Mehrheit dagegen, Visinos Werk im gemeindeeigenen Neubau auszustellen.

Knapp zwei Jahre später gab sich Brigitte Böttger im Gemeinderat selbstkritisch: "Wir haben einen Fehler gemacht, einen Fehler bei der Ausschreibung." Schon zum Architektenwettbewerb 2016 hätte die Vorgabe erteilt werden müssen, dass das großformatige Werk irgendwo in dem neuen Rathaus einen angemessenen Platz finden muss. Das sei nicht geschehen. Nun sei es zu spät, das Werk irgendwo in dem fertig geplanten und bereits bis zum Boden des Erdgeschosses fertiggestellten Gebäude unterzubringen, sagte die Chefin der CSU-Fraktion.

Peter Falk (SPD) widersprach ihr: Es sei "eine bewusste Entscheidung" gewesen, das Relief damals nicht zu erwähnen. Konsequenterweise hatte der SPD-Fraktionschef bereits vor zwei Jahren den Antrag gestellt, die Thematik "Kunst am Bau des neuen Rathauses" auszuloben. Sein Fraktionskollege, Dritter Bürgermeister Axel von Walther, seinerzeit Jurymitglied, äußerte sich ähnlich. Er habe sich "bewusst für einen unbelasteten Entwurf entschieden", womit er "ohne Vorgaben" gemeint habe. Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) gab Böttger recht, konnte sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen. "Es gab ja auch Leute, die intensiv damit beschäftigt waren." Rudi Ulrich, damals Amtsleiter im Rathaus und heute noch Vorsitzender der Gröbenhüter, habe das Werk in Empfang genommen.

Kammerl betonte indes, dass der Verein bereits 2015 auf das Kunstwerk hingewiesen habe. Er votierte als Einziger gegen den Vorschlag, das Relief nicht im Rathaus unterzubringen. Einstimmig folgten die Gemeinderäte hingegen der Anregung von Kulturreferent Klaus Coy (FDP), das Werk wenigstens fachmännisch einzulagern; in den vergangenen zwei Jahrzehnten erlitt das in drei Teile zerlegte Relief bereits einige Schäden. Ebenfalls einstimmig beauftragte das Gremium zudem die Verwaltung, einen Vorschlag zum zukünftigen Umgang damit auszuarbeiten.

Wie mit dem Thema Kunst im neuen Rathaus verfahren werden soll, beraten zunächst die Fraktionen. Zu klären sind Fragen wie die Höhe des Budgets, die Art des Werkes, Themenvorgabe oder nicht. Noch vor den Sommerferien soll der Gemeinderat beschließen, in welcher Form der Rathaus-Neubau künstlerisch aufgewertet werden soll.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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