Umzug:In der Rolle des Prügelknaben

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Hat die Gemeinde Gröbenzell zu verantworten, dass die Polizei wegzieht? Bürgermeister Martin Schäfer wehrt sich jetzt gegen diesen Vorwurf. Die Kommune will die Inspektion auch in Zukunft behalten

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Mit Nachdruck haben sich Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und die Gemeinderatsmehrheit von Gröbenzell am Donnerstagabend dagegen verwahrt, der Gemeinde die Schuld an der vom Polizeipräsidium angekündigten Schließung der Inspektion in der Augsburger Straße zu geben. Die Gemeinde vermietet die Räume an die Polizei. Diese gelten als marode und nicht mehr zeitgemäß. Die Gemeindeverwaltung hält seit Jahren Haushaltsmittel für die Sanierung des von der Polizei genutzten Gebäudetrakts vor. Mit den Arbeiten konnte jedoch nicht begonnen werden, weil es nicht gelang, die Maßnahmen mit dem Mieter abzustimmen. Nun soll die Wache mit der in Olching zusammengelegt und ein Neubau errichtet werden, über dessen Standort noch eine Entscheidung aussteht.

Während die Gemeinde die Inspektion an ihrem Ort unbedingt behalten will, hofft man auch in Olching und Puchheim auf den Zuschlag. Dem "Aktionismus" der Nachbarkommunen Olching und Puchheim, die dem Präsidium bereits Grundstücke für die neue Inspektion angeboten haben, um das Wettrennen für die begehrte Einrichtung zu gewinnen, will Gröbenzell nicht folgen. Bürgermeister Schäfer hält es für sinnvoll, ein solches Angebot erst dann zu unterbreiten, wenn der Flächenbedarf geklärt ist. "Die werden auf uns zukommen und ihre Anforderungen mitteilen", sagte er. Deshalb wurde auch nicht über den CSU-Vorschlag abgestimmt, dem Präsidium Oberbayern-Nord schon jetzt ein an der Ecke Olchinger-/Zweigstraße gelegenes, 1794 Quadratmeter großes Grundstück der Gemeinde anzubieten, das schräg gegenüber von der jetzigen Inspektion liegt. Es soll noch andere Optionen geben.

Auf Antrag von Michael Leonbacher (FW) wurde folgender Grundsatzbeschluss einstimmig gefasst: Der Gemeinderat spricht sich für den Erhalt des Standorts in Gröbenzell mit der bisherigen Zuständigkeit für Gröbenzell und Puchheim aus und unterstützt den Bürgermeister in den Bestrebungen, dies zu erreichen. Das wäre die Maximallösung. Brigitte Böttger (CSU) definierte das Ziel folgendermaßen: Es gilt, eine moderne, zeitgemäß gut ausgestattete Polizeiinspektion in Gröbenzell oder in Ortsnähe zu erhalten. Als ideal gilt die Zuständigkeit einer Inspektion für die Gartenstadtgemeinde und Puchheim.

Allerdings gibt man sich nicht der Illusion hin, dass die Entscheidung des Präsidiums über das künftige Sicherheitskonzept für die von ihm betreuten zehn Landkreise und damit auch der Standort der neuen Inspektion von den Interessen der Gemeinde abhängt. In diesem Zusammenhang wies Martin Runge (Grüne) auf zwei Punkte hin: So sei eine Inspektion in Gröbenzell nur dann sinnvoll, wenn sie "arbeitsfähig" ist, also über das erforderliche Personal verfügt. Das ist laut Runge schon dann oft nicht mehr gegeben, wenn Beamte einen Delinquenten nachts dem Haftrichter in München vorführen müssen. Dann könne das verbliebene Personal oft für Stunden gerade noch die Inspektion bewachen. Sei zudem die Entscheidung über veränderte Zuständigkeitsbereiche schon gefallen, könne das gegen Gröbenzell sprechen.

Dem Vorwurf von CSU-Seite, Bürgermeister Schäfer habe sich nicht wie andere Kommunalpolitiker öffentlich zum Plan, die Inspektion zu schließen, geäußert, begegnete der Angegriffene mit dem Hinweis, am 29. September in der Wache vom Polizeipräsidenten ausführlich informiert worden zu sein. Für diesen Termin habe er seinen Urlaub verschoben. An das vereinbarte Stillschweigen hielt sich Schäfer. Auch dann noch, als am gleichen Tag eine Pressemitteilung des Gröbenzeller Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet (CSU) mit dem Titel "Marodes Mietobjekt vertreibt Polizeiinspektion" die Neuigkeit öffentlich gemacht habe - mit dem Unterton, die Gemeinde sei für die Schließung mitverantwortlich.

Schäfer verwies darauf, dass die Polizei wohl schon seit längerem die Schließung vorbereitet habe. Der Gemeinde nun "an den Karren zu fahren, ist eine richtige Frechheit", beteuerte der Rathauschef verärgert. Um zu ergänzen, er sei gespannt, wie sich Bocklet nun für seinen Heimatort einsetzen werde. Schäfer sprach von einem fertigen Konzept, das nun "durchgezogen" werden soll.

Runge bezeichnete die von Peter Falk (SPD) und Schäfer kritisierte "Begleitmusik" der CSU zur Entscheidung, die 1977 eröffnete Wache nun zu schließen, als "Eigentor". Um zu ergänzen, seit die Gemeinde einen Nicht-CSU-Bürgermeister hätte, seien die Mittel für die Sanierung der Polizeiinspektion im Haushalt bereitgestellt. Der Gemeinderat kämpft nicht zum ersten Mal für den Erhalt der Polizei. Christa Spangenberg (Grüne) erinnerte daran, dass die Inspektion schon in den Achtzigerjahren mit der in Olching zusammengelegt werden sollte. Damals sei es mit Aktionen gelungen, unter anderem von der Frauen-Union, dies zu verhindern. In der kommenden Woche will das Polizeipräsidium Ingolstadt in Fürstenfeldbruck Landräte und Bürgermeister der Landkreise Fürstenfeldbruck und Starnberg über die Neustrukturierung der Dienststellen informieren.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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